Ein Medienbericht, demzufolge die Bundesregierung sich von der Armenien-Resolution des Bundestags distanzieren wollte, sorgt für gewaltige Aufregung. Regierungssprecher Steffen Seibert dementiert das, betont aber gleichzeitig, dass die Resolution nicht "rechtlich verbindlich" sei. Was hat es mit dem Chaos auf sich?

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Im Juni verabschiedete der Bundestag eine Resolution, in der die Tötung von Millionen Armeniern durch das Osmanische Reich während des Ersten Weltkrieges als Völkermord bezeichnete. Darin heisst es ausserdem: "Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf (...) die türkische Seite zu ermutigen, sich mit den damaligen Vertreibungen und Massakern offen auseinanderzusetzen, um damit den notwendigen Grundstein zu einer Versöhnung mit dem armenischen Volk zu legen".

Das Massaker an den Armeniern mit bis zu 1,5 Millionen Toten liegt mehr als 100 Jahre zurück, sorgt aber bis heute für Streit. Die Türkei - Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs - wehrt sich vehement dagegen, die Ereignisse von damals "Völkermord" zu nennen. Deshalb sorgte auch die Armenien-Resolution des Bundestags von Anfang Juni für Verwerfungen zwischen Deutschland und der Türkei.

Seit der Verabschiedung der Resolution verweigert die Türkei deutschen Abgeordneten den Besuch bei den in Incirlik stationierten Bundeswehrsoldaten.

Ein Medienbericht sorgt für Aufregung

Ein Bericht von "Spiegel Online", demzufolge die Bundesregierung nun auf Ankara zugehen und sich von der Resolution distanzieren wollte, hat heftige Reaktionen ausgelöst.

"Spiegel Online" hatte berichtet, dass Auswärtiges Amt und Kanzleramt sich darauf geeinigt hätten, dass Regierungssprecher Steffen Seibert vor die Presse treten und sich im Namen der Regierung von der Resolution distanzieren solle.

In dem Bericht heisst es wörtlich: "Regierungssprecher Seibert wird demnach verkünden, dass die Resolution des Bundestags keinerlei bindende Wirkung für die deutsche Regierung habe. Es handele sich, so der Tenor, um eine politische Erklärung des Bundestags ohne jede juristische Bedeutung."

Dem Bericht zufolge hätten Aussenstaatssekretär Martin Ederer und der Leiter der Politischen Abteilung im Auswärtigen Amt, Andreas Michaelis, sich um eine Annäherung an die türkische Regierung bemüht. Ankara habe eine solche öffentliche Distanzierung der deutschen Regierung von der Resolution des Bundestags verlangt.

Auch Aussenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte am Freitag nach einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Berlin gesagt: "Der Deutsche Bundestag hat jedes Recht und die Freiheit, sich zu politischen Fragen zu äussern." Der Bundestag sage aber auch selbst, dass "nicht jede Resolution eine rechtliche Bindung" habe.

Eine Distanzierung, die nicht so heissen darf

Ein Aussenamtssprecher sagte später: "Herr Steinmeier stand, er steht und er wird zu der Armenien-Resolution des Deutschen Bundestages stehen." Der Aussenminister sei selbst Abgeordneter, das gelte "auch persönlich". Dann sagte er: "Von Distanzierung kann überhaupt keine Rede sein."

Regierungssprecher Steffen Seibert trat am Freitag tatsächlich vor die Presse und betonte: "Da wird fälschlich behauptet, die Bundesregierung wolle sich von der Armenien-Resolution des Deutschen Bundestages distanzieren. Davon kann überhaupt keine Rede sein."

Doch dann folgte trotzdem noch die von "Spiegel Online" angekündigte Erklärung. Seibert sagte weiter, die Bundestagsresolution ziele darauf ab, "Auffassungen zu politischen Fragen zum Ausdruck zu bringen, ohne dass diese rechtsverbindlich sind."

(ada/cai mit Material der dpa)
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