Die Eskalation des Asylstreits ist in vollem Gange, die SPD schaut kopfschüttelnd und ungläubig zu, mit welcher Härte sich CDU und CSU gegenseitig das Leben schwer machen. Die Genossen reagieren mit flammenden Appellen, wollen einen sofortigen Koalitionsgipfel und bereiten sich zugleich auf das Worst-Case-Szenario vor.

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Der Koalitionspartner SPD hat sich fassungslos über die Eskalation des Streits zwischen CDU und CSU gezeigt.

SPD-Chefin Andrea Nahles sagte nach einer Sitzung des SPD-Vorstandes: "Die Union führt ein rücksichtsloses Drama auf." Gerade die CSU sei auf einem beispiellosen Ego-Trip. "So geht es nicht weiter."

Sie forderte: "Das Schwarzer-Peter-Spiel zwischen CDU und CSU muss aufhören. Mein Geduldsfaden ist jetzt langsam dünn geworden."

SPD fordert Koalitionsgipfel - Stegner: Auf Neuwahlen vorbereitet

Zudem verlangte sie einen Koalitionsgipfel noch am Montagabend. "Die Zukunft der Regierung wird da besprochen", so Nahles.

Sie habe bereits mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer über das Treffen gesprochen. "Einen Termin, eine Uhrzeit gibt es nicht. Aber auch Frau Merkel hat das ihren Gremien mitgeteilt, dass es das geben soll."

Gleichzeitig bereiten sich die Sozialdemokraten offenbar schon auf mögliche Neuwahlen vor. "Man muss sich immer auf alles vorbereiten", bestätigte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner der Deutschen Presse-Agentur.

Auf die Frage, ob die Koalition halte und ob damit wie geplant am Donnerstag der Haushalt mit neuen Programmen wie dem Baukindergeld beschlossen werden könne, sagte Stegner: "Ich bin kein Orakel."

SPD sorgt sich um Handlungsfähigkeit

Gleichzeitig richtete er einen Appell an CDU und CSU: "Die Unions-Parteien müssen sehen, dass sie zur Regierungsfähigkeit finden", mahnte Stegner vor einer Sitzung des Präsidiums.

Arbeitsminister Hubertus Heil klang ähnlich: "Deutschland und Europa stehen von grossen Aufgaben und Herausforderungen." Man brauche daher Handlungsfähigkeit. Das, was in der CSU stattfinde, löse nur noch Kopfschütteln aus, sagte Heil.

Mit dieser Meinung steht Heil nicht alleine da. Bei mehreren SPD-Politikern gebe es Fragezeichen, wie es nun weitergehen könnte. Das sei nur noch Absurdistan, hiess es.

Es wurde innerhalb der SPD mehrfach betont, dass die CSU-Spitze Seehofers harte Linie teile - wenn er zurücktrete, sei also auch ein Nachfolger daran gebunden und der Streit mit Merkels CDU daher kein Stück weit gelöst.

Sigmar Gabriel fordert: "Aufhören!"

Ex-SPD-Chef und -Aussenminister Sigmar Gabriel fürchtet, dass unter dem Machtkampf die Politik als Ganzes leiden wird.

"Seehofer macht die deutsche Bundesregierung handlungsunfähig. Er nimmt damit ganz Deutschland und Europa in Geiselhaft", schreibt er auf Twitter.

"Das alles schadet der Demokratie in unserem Land in bislang nie dagewesener Weise. Die CSU führt Politik als reines Ränkespiel und Machtspiel vor. Wer so handelt, verspielt jedwedes Vertrauen der Bürger in unser politisches System. Man kann vor Zorn über diese Verantwortungslosigkeit nur rufen: Aufhören!"

Heiko Maas: Asylstreit schadet "Ansehen Deutschlands"

Auch der aktuelle Aussenminister Heiko Maas hat CDU und CSU aufgerufen, wieder Sachlichkeit einkehren zu lassen.

Eine offene, ehrliche und auch kritische Debatte über ein so wichtiges Thema sei zwar grundsätzlich nötig, sagte er nach einem Treffen mit seiner bulgarischen Amtskollegin Ekaterina Zaharieva in Berlin.

"Ich glaube allerdings, dass die Art und Weise, wie diese Debatte mittlerweile geführt wird, dem Ansehen Deutschlands schadet und vor allen Dingen auch der deutschen Bundesregierung schadet."

Maas stützte zudem demonstrativ die von Merkel beim EU-Gipfel ausgehandelten Asylbeschlüsse.

"Es sind alle aufeinander zugegangen. Wir wissen, dass es nur europäische Lösungen geben kann, nationale Lösungen sind keine Lösungen", sagte er. "Wir sind überzeugt davon, dass das der richtige Weg ist, um auch bei den Migrationsthemen endlich Schritt für Schritt voranzukommen."

Die SPD stützt demnach Merkels Linie demonstrativ, wonach es keine nationalen Alleingänge an den Grenzen geben dürfe.

Zurückweisungen sollen nur im Einklang mit den betroffenen Ländern vereinbart werden, damit die Menschen ein geordnetes Verfahren bekommen und sie nicht zurückgewiesen werden, ohne dass klar ist, wo sie dann hinkönnen. (cai/dpa)

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