Der Koalitionskrimi hat ein unerwartetes Ende genommen. Verfassungschef Hans-Georg Maassen muss zwar seinen Posten räumen, wie es die SPD gefordert hat. Jedoch wird er gleichzeitig befördert. Damit haben die Genossen nicht gerechnet.
Um 17.49 Uhr ist die Koalition vorerst mal wieder gerettet. Per E-Mail teilen Kanzlerin
Doch die zwölf Zeilen haben es in sich: "Herr
Beförderung zum Wohle Seehofers
Im Klartext: Der Spitzenjurist wird befördert. Und zwar mit Segen von
Andererseits muss Nahles die Kröte schlucken, dass Maassen mit der Versetzung auf den Staatssekretärs-Posten auf Wunsch seines Vorgesetzten und Unterstützers
SPD: Mass um Maassen ist mehr als voll
Mit der Lösung verbunden ist für Maassen auch ein kräftiger Anstieg in der Besoldungsstufe - von bisher B9 (11 577,13 Euro) auf B11 (14 157,33 Euro). In der SPD sind viele fassungslos - besonders Vertreter des linken Flügels. Von Satire ist dort die Rede. Ein Genosse flüchtet sich in Galgenhumor: "So sind wir. Wir setzen uns immer für Arbeitnehmer ein." Nahles könnte der Scheinsieg noch ziemlich auf die Füsse fallen.
Gerade die SPD-Linke fand zuletzt, das Mass um Maassen sei mehr als voll. Man könne keinen Rechtsruck in der Regierung mittragen und nach dem von der CSU erzwungenen härteren Asylkurs im Juni auch noch einen Verfassungsschutzchef im Amt halten, der in Zeiten eines erstarkenden Rechtsextremismus nicht über jeden Zweifel erhaben sei, hiess es.
Maassen kann mehr als zufrieden sein
Nahles muss zudem ertragen, dass Seehofer Maassen in der auch von ihr mitgetragenen Erklärung zur Koalitionseinigung ausdrücklich lobt.
"Seehofer schätzt seine Kompetenz in Fragen der öffentlichen Sicherheit", steht dort nun schwarz auf weiss, auch wenn betont wird, Maassen werde nicht für die Aufsicht über das von ihm bisher geführte Bundesamt für Verfassungsschutz zuständig sein. Das wäre dann wohl auch aus Sicht der Union zuviel der Zumutung für Nahles gewesen.
Seehofer hatte Maassen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vor dem Treffen mit Merkel und Nahles über seine Pläne informiert. Der selbstbewusste Rheinländer dürfte am Ende sogar nicht ganz unzufrieden mit der Entscheidung seines Dienstvorgesetzten sein: Aus Sicherheitskreisen heisst es, Maassen sei nach der Bundestagswahl unglücklich darüber gewesen, dass er bei der Verteilung der Staatssekretärsposten leer ausgegangen war.
"Eine unfassbare Mauschelei"
Fassungslos reagiert die Opposition. Das Innenministerium dürfe keine Resterampe sein "für politisch unhaltbare Beamte", sagt Linksfraktionschef Dietmar Bartsch. Seinen Grünen-Kollegin Katrin Göring-Eckardt meint: "Das ist eine unfassbare Mauschelei. Wer illoyales Verhalten und Kuschelei mit der AfD belohnt statt ahndet, hat jedes Gespür für Anstand verloren. Und die SPD macht alles mit."
Und die AfD meint, mit dem Wechsel Maassens solle ein unbequemer Geist kaltgestellt werden. "Merkel hat einen weiteren Kritiker aus dem Weg geräumt", kommentiert Fraktionschefin Alice Weidel.
Wenig Verständnis für GroKo-Streit
Knapp zwei Stunden hatten Merkel, Seehofer und Nahles gebraucht, um den zweiten Koalitionsstreit nach nur einem halben Jahr Regierungszeit vorerst abzuräumen. Hintergrund: Kaum jemand in der Bevölkerung hätte wohl verstanden, wenn die schwarz-rote Koalition an relativierenden Äusserungen eines Verfassungsschutz-Präsidenten zu fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz zerbrochen wäre.
Schon gar nicht vor dem Hintergrund einer drohenden Neuwahl mit einem absehbaren weiteren Erstarken der AfD. Viele Bürger fragen sich sowieso, ob ein Herr Maassen wichtiger ist als die Miete, die kaum noch zu zahlen ist.
Gefühlte Niederlager für die SPD
Doch selbst wenn die Koalitionsspitze nun eine Lösung gefunden hat: Die Konflikte schwelen weiter - und wer weiss, was in der CSU nach der Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober geschieht. Aber erst einmal hat jetzt die SPD-Spitze um Nahles und Vizekanzler Olaf Scholz ein Problem: An Stelle des erhofften Triumphs steht nun für viele Sozialdemokraten eine gefühlte Niederlage.
Der Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs steht nach der Entscheidung jedenfalls ziemlich exklusiv mit seiner Bewertung da: "Die SPD setzt sich durch." (sg/dpa)
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