Mit 56 Prozent der Stimmen wird Doris von Sayn-Wittgenstein erneut zur Chefin der schleswig-holsteinischen AfD gewählt. Dem Bundesvorstand der Partei kann das nicht gefallen.

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Die schleswig-holsteinische AfD hat die vom Parteiausschluss bedrohte Doris von Sayn-Wittgenstein erneut zur Landesvorsitzenden gewählt. Die 64-jährige Landtagsabgeordnete setzte sich am Samstag in einer Kampfabstimmung beim Parteitag in Henstedt-Ulzburg gegen zwei Mitbewerber durch. Sie war erst im Dezember von dem Amt zurückgetreten, nachdem der AfD-Bundesvorstand gegen sie ein Parteiausschlussverfahren wegen der Fördermitgliedschaft in einem rechtsextremen Verein eingeleitet hatte.

Sie erhielt 137 von 244 abgegebenen Stimmen und damit 56 Prozent. Ihr schärfster Konkurrent Christian Waldheim, AfD-Fraktionschef in Norderstedt und AfD-Bundesrechnungsprüfer, unterlag mit 100 Stimmen. Er gilt als Verfechter der Linie des AfD-Bundesvorstandes. Das einfache Parteimitglied Jürgen Orlok aus dem Kreisverband Dithmarschen, der sich als Mittler zwischen den Flügeln zur Wahl gestellt hatte, erhielt 4 Stimmen. 2 Stimmen waren ungültig, es gab eine Enthaltung. Heftige Wortgefechte machten auf dem Parteitag den Riss deutlich, der durch den Landesverband geht. Sayn-Wittgenstein sprach selbst von einer Richtungswahl.

Sie hatte ihre Kandidatur lange offen gelassen und erst am Samstag definitiv erklärt. In ihrer Bewerbungsrede warf sie dem Bundesvorstand vor, dieser habe sie im vergangenen Dezember "zum Abschuss" freigegeben. Dabei sei sie nicht rechtsextrem, sondern halte nur - anders als andere - am alten AfD-Kurs fest: "Wir holen uns unser Land zurück", sagte sie unter grossem Beifall. "Sogar in unserer Partei sind schon jene Kräfte am Werk, die am Tod unserer Nation mitwirken - dies gilt es zu erkennen."

Problematisches Bekenntnis

Zugleich bekannte sie sich zu einer umstrittenen Bundestagsrede des AfD-Abgeordneten Marc Jongen vom 5. April und zitierte daraus: Die Jugend werde systematisch zu Schuld und Scham über ihr Deutschsein erzogen; damit solle "der Daseinswille von uns Deutschen als Volk und Nation gebrochen werden".

Der AfD-Bundesvorstand hält Sayn-Wittgenstein vor, 2014 den vom thüringischen Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Verein Gedächtnisstätte unterstützt zu haben. Deshalb wurde sie am 4. Dezember aus der Kieler AfD-Landtagsfraktion ausgeschlossen. Der AfD-Bundesvorstand initiierte ein Parteiausschlussverfahren, das zurzeit vor dem Bundesschiedsgericht anhängig ist. In erster Instanz hatte das AfD-Landesschiedsgericht im Norden die Vorwürfe des Bundesvorstands gegen Sayn-Wittgenstein verworfen.

Die Parteispitze entschied im Dezember ausserdem, sie "vor dem Hintergrund mutmasslich strafrechtlich relevanter Vorgänge" bis zur Entscheidung von der Ausübung aller Parteiämter auszuschliessen. Daraufhin trat Sayn-Wittgenstein als Landesvorsitzende zurück.

Nach ihrer Wiederwahl sagte Sayn-Wittgenstein nun, dass sie einem Parteiausschluss durch das Bundesschiedsgericht nicht hinnehmen und gegebenenfalls staatliche Gerichte anrufen werde.

"Schlechtes Signal" nach innen und aussen

Allerdings würde Sayn-Wittgenstein, wie AfD-Landtagsfraktionschef Jörg Nobis betonte, im Falle eines Rauswurfs durch das Bundesschiedsgericht bis zur Klärung durch staatliche Gerichte ihr Amt erst einmal verlieren. Nobis wertete ihre Wahl als "schlechtes Signal in die Partei und nach aussen". Der Landesverband habe die Chance, einen personellen Neuanfang zu machen, vertan. Nach seiner Einschätzung wird es zwischen der Fraktion und Sayn-Wittgenstein wie schon seit längerem auch in Zukunft keine Zusammenarbeit geben.

Auf die Frage, was sie zu dem Vorwurf im Fall des ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke sage, die AfD dünge den rechtsextremen Sumpf für solche Attentate, antwortete Sayn-Wittgenstein mit einer Gegenfrage: Ob die etablierten Parteien nicht mitschuldig seien für Morde und Vergewaltigungen durch Flüchtlinge in Deutschland seit 2015? Sie sehe jedenfalls eine politische Verantwortung hierfür. Der Fall Lübcke sei ein Einzelfall und müsse so auch bewertet werden - genauso wie es andere mit Verbrechen von Flüchtlingen hielten. (best/dpa)


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