Die Stichwahl um das Präsidentenamt in Rumänien kann planmässig am 8. Dezember stattfinden. Das Verfassungsgericht hat einen Anfechtungsantrag gegen die erste Runde der Wahl abgewiesen.
Rumäniens Verfassungsgericht hat die Ergebnisse der ersten Runde der Präsidentenwahl anerkannt und damit den Weg für die geplante Stichwahl am 8. Dezember frei gemacht. Damit treten nun der rechtsradikale und russlandfreundliche Kandidat Calin Georgescu und die zweitplatzierte Mitte-Rechts-Politikerin Elena Lasconi in einer Stichwahl gegeneinander an.
Das Gericht habe beschlossen, "die Ergebnisse der Wahlen vom 24. November zu bestätigen", erklärte die Gerichtsvorsitzende Marian Enache. Die zweite Runde der Präsidentschaftswahl werde am kommenden Sonntag abgehalten.
Der parteilose Georgescu hatte die erste Runde der Präsidentschaftswahl völlig überraschend gewonnen und war mit 22,94 Prozent auf dem ersten Platz gelandet. Der pro-westliche Regierungschef Marcel Ciolacu, der die Nachfolge des deutschstämmigen Präsidenten Klaus Iohannis anstrebte und als Favorit ins Rennen gegangen war, kam mit 19,15 Prozent der Stimmen nur auf den dritten Platz.
Nach der Klage eines weiteren Kandidaten hatte das Oberste Gericht einstimmig die Überprüfung des Ergebnisses und eine Neuauszählung aller Stimmen angeordnet: Der Europaabgeordnete Cristian Terhes hatte der Mitte-Rechts-Partei der Kleinstadt-Bürgermeisterin Lasconi vorgeworfen, den Wahlkampf nach Ablauf einer gesetzlichen Frist im Internet fortgesetzt zu haben.
Wer ist Calin Georgescu?
Der schillernde Rechtsextremist, Putin-Anhänger und Esoterik-Freund Calin Georgescu hat durch seinen überraschenden Erfolg bei der ersten Runde der Präsidentenwahl Rumäniens Politik heftig aufgemischt. Der vor der Wahl kaum bekannte 62-Jährige könnte nun auch das Parlament in dem EU- und Nato-Land nach rechtsaussen rücken, das an diesem Sonntag neu gewählt wird. Die wichtigsten Fragen zu Georgescu und seinem möglichen Einfluss auf die Parlamentswahl:
Der geborene Bukarester stellt sich selbst als Antisystem-Person dar, die von ausserhalb des politischen Establishments kommt. Dabei ist der studierte Landwirtschafts-Ingenieur tief in Rumäniens Staatsapparat verwurzelt. Als Experte für Umweltpolitik und nachhaltige Entwicklung hat er in den 1990er Jahren für das Aussenministerium und für das Umweltministerium in Bukarest gearbeitet. 2010 bis 2012 war er Mitarbeiter des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, später für die gemeinnützige Organisation Klub von Rom (Club of Rome), die sich für Nachhaltigkeit einsetzt.
Seit 2021 ist er Dozent an einem Ableger der Polytechnischen Universität Bukarest in Pitesti, 100 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt. 1993 bis 1994 war er Stipendiat der britischen Regierung für ein Trainingsprogramm zum Management von Naturparks. 2007 absolvierte er einen Postgraduierten-Kurs am Nationalen Verteidigungskolleg in Bukarest, der klassischen Kaderschmiede für Politiker in Rumänien.
Womit hat Georgescu Aufmerksamkeit und Sympathie bekommen?
Er hat in den vergangenen Monaten vor allem auf der App Tiktok mit Videos für sich geworben. In den Jahren davor war er in verschiedenen Nischen-TV-Sendern aufgetreten, die gerne Boulevard-Inhalte und Verschwörungstheorien verbreiten. Er wurde dort als Experte für Weltpolitik interviewt. Immer wieder war er Redner bei Veranstaltungen rechtsextremer Vereine und in Kirchen. Vor allem mit zwei Hauptthemen hat er sein Publikum gefunden: zum einen mit christlich-orthodoxem Glauben, kombiniert mit Esoterik, dargebracht im Stil von Predigern, zum anderen mit der Ideologie der rumänischen Faschisten.
Was ist an Georgescu noch auffällig?
Er äussert Kalendersprüche wie: "Wasser ist der Schlüssel des Lebens, aber es wird missverstanden. Es ist die subtile Energie, die den Geist mit der Materie verbindet" oder "Christus ist auferstanden, damit das rumänische Volk ein Leuchtturm der Welt wird". Oder auch: "Der Geist muss sterben, damit es Freiheit gibt" und "Ein Kaiserschnitt ist eine Tragödie, weil dadurch der göttliche Faden zerrissen wird". Es gibt Hunderte solcher Sprüche von ihm.
Verliert er dadurch nicht die politische Glaubwürdigkeit?
Die Verbindung von Politik und Esoterik ist Rumänien nicht fremd. Fanatischer christlicher Glaube war bereits vor dem Zweiten Weltkrieg ein zentrales Element der faschistischen Ideologie, die damals in Rumänien von den "Legionären" vertreten wurde. Mehrfach hat Georgescu markante Figuren der rumänischen Faschisten verherrlicht, darunter auch Kriegsverbrecher. Weil dies in Rumänien verboten ist, gibt es dazu eine Anzeige gegen ihn - was daraus wurde, ist nicht bekannt.
Warum begeistert Georgescu damit Menschen in Rumänien?
Seine Ideen haben in Teilen parteiübergreifend Resonanz, weil die faschistische Vergangenheit nicht breit und ausführlich aufgearbeitet wurde. Manche "Legionäre" geniessen Anerkennung als antikommunistische Widerstandskämpfer. Zudem ist diffuser Anti-Globalismus verbreitet. Diesen bedient Georgescu mit der Verschwörungstheorie von "neu-satanistischen Neomarxisten" in der westlichen Welt, die das Ruder übernehmen wollten.
Hätte Georgescu Chancen, seine Ideen im Parlament durchzusetzen?
Der Präsident bestimmt in Rumänien die Aussen- und Sicherheitspolitik und ist an der Kontrolle der Geheimdienste beteiligt. Gesetzesinitiativen kann er nicht einbringen, aber er kann beschlossene Gesetze verzögern. Prinzipiell dürfte die AUR bei der Wahl in der Volksvertretung stärker werden. Die 2019 gegründete Partei war durch Propaganda gegen Corona-Schutzmassnahmen erstarkt, flankiert von markanten Würdenträgern der Orthodoxen Kirche. In der Russland-Frage dürfte es einen Dissens mit AUR geben. Denn AUR ist im EU-Parlament Teil der EKR-Fraktion, die russlandkritisch ist. Allerdings könnten jetzt zwei weitere Parteien ins Parlament kommen, die noch weiter rechts stehen als AUR.
Wie zeigt Georgescu seine Nähe zu Russland?
Bekannt sind dazu Aussagen wie: "Die Chance Rumäniens liegt in der Weisheit Russlands". Kremlchef
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