Tausende Bauern wollen am Dienstag in vielen Städten gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung demonstrieren. Allein in Bonn werden bis zu 10 000 erwartet. Die Umweltministerin pocht unverdrossen auf ein Thema, das den Landwirten ein Dorn im Auge ist.
Parallel zu den am Dienstag geplanten Protesten Tausender Bauern gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung mahnt Umweltministerin
Zur Begründung weist sie auf den zahlenmässigen Rückgang bei Feldvögeln hin: "Leider konnte der dramatische Abwärtstrend bei den Feldvögeln bislang nicht gestoppt werden", sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Es seien "deutlich mehr Anstrengungen" nötig.
Sie äusserte sich angesichts von Zahlen, die eine Fachgruppe der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft an diesem Dienstag veröffentlichen wollte. Aus den Analysen geht laut Umweltministerium hervor, dass die Zahl der abnehmenden und stark abnehmenden Agrarvogelarten von 55 auf 68 Prozent gestiegen ist, und dass bei weniger Arten der Bestand zunimmt.
Besonders betroffene Arten seien unter anderem das Rebhuhn mit einem Rückgang von 89 Prozent seit 1992 und der Kiebitz mit minus 88 Prozent.
Bauern sehen sich durch aktuelle Politik gefährdet
Tausende Bauern wollen sich am Dienstag an den Protesten in zahlreichen Städten beteiligen. Zur grössten Demonstration in Bonn (11.00 Uhr) werden 8.000 bis 10.000 Landwirte mit rund 800 Traktoren erwartet.
"Wir möchten, dass die Politik und Verbände mit uns als Basis sprechen", sagte Meike Schulz-Broers vom Organisationsteam des Netzwerks "Land schafft Verbindung". In diesem haben sich Zehntausende deutsche Landwirte über Facebook und WhatsApp zusammengeschlossen.
Die Landwirte fordern Landwirtschaftsministerin
Ausserdem führe "Bauernbashing", also etwa herablassende Äusserungen über Landwirte, in vielen Bereichen zu Ärger in der Berufsgruppe. Parallel zu der zentralen Kundgebung in Bonn soll es in vielen Städten Veranstaltungen geben.
In Berlin wollen 1.000 Bauern mit ihren über 100 Traktoren zur Siegessäule fahren. Auch in München, Würzburg, Bayreuth, Erfurt, Rendsburg, Hannover, Oldenburg, Stuttgart, Freiburg, Leipzig und Görlitz haben Landwirte Proteste angekündigt.
Die Demonstrationen richten sich gegen die Pläne der Bundesregierung unter anderem für mehr Natur- und Tierschutz in der Landwirtschaft und zum Schutz des Grundwassers vor Nitrat, das etwa durch Überdüngung in den Boden gelangt. Diesen Plänen hat auch die Landwirtschaftsministerin und stellvertretende CDU-Chefin Klöckner zugestimmt.
Landwirte werden in die Ecke gedrängt
Der Deutsche Bauernverband stellte hinter die protestwilligen Landwirte. "Wir haben volles Verständnis für die Demonstranten und sind solidarisch, solange die Aktionen gewaltfrei bleiben", sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag).
Das Fass zum Überlaufen gebracht habe der Aktionsplan Insektenschutz von Schulze und Klöckner. "Ich kann mir vorstellen, dass wir nicht nur am Dienstag Proteste erleben werden, sondern auch in den darauffolgenden Wochen", sagte Rukwied.
Auch die CDU zeigte Verständnis. Die Bauern hätten "guten Grund" zu demonstrieren, sagte Vorstandsmitglied Henrik Wärner der dpa. "Immer höhere Auflagen, Bürokratie und die Gängelung durch Teile von Gesellschaft und Politik sorgen für verständlichen Frust."
Die Landwirte fühlten sich "als Tierquäler, Wasserverschmutzer und Klimakiller diskreditiert", Kinder aus Bauernfamilien müssten sich für den "ehrlichen Beruf" ihrer Eltern rechtfertigen.
Die Kandidatin für den stellvertretenden CDU-Vorsitz, Silvia Breher, äusserte sich ähnlich: "Die Landwirte fühlen sich in die Ecke gedrängt, verunsichert und in ihrer Existenz bedroht", sagte die Agrarpolitikerin und Bundestagsabgeordnete der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
"Wer immer höhere Standards fordert, muss auch bereit sein, dies zu bezahlen", sagte Breher. Andernfalls müssten Deutschlands Höfe den Betrieb einstellen, und ausländische Landwirte würden in die Bresche springen. © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.