Es klingt nicht ganz logisch, aber gefährliche Straftaten, wie der mutmassliche Brandanschlag auf die Asylbewerberunterkunft im sächsischen Bautzen, werden nicht per se als rechtsextremistischer Terror verfolgt. Warum das so ist, erklärt ein Rechtsexperte im Gespräch mit unserer Redaktion.

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Das Beispiel Bautzen zeigt im wahrsten und traurigsten Sinne "brandaktuell": In Deutschland brennen wieder Flüchtlingsheime. Es sind Taten ohne Rücksicht auf Leib und Leben.

Die Politik kündigt harte Konsequenzen an, doch den Behörden sind bei der Strafverfolgung Grenzen gesetzt. So handelt es sich juristisch gesehen nicht per se um eine terroristische Tat, wenn Rechtsextreme Flüchtlingsheime anzünden.

Warum ist das so? Und ab wann wird juristisch denn dann von einem Terrorakt gesprochen? Unsere Redaktion fragte beim renommierten Rechtsanwalt Prof. Dr Ernst Fricke nach.

Warum ist es nicht per se eine terroristische Tat, wenn Rechtsextreme Flüchtlingsheime anzünden?

Es muss nachweisbar sein, dass es sich bei den Tätern um eine terroristische Vereinigung handelt, erklärt Fricke.

Laut Paragraph 129a StGB (Strafgesetzbuch) ist die "Bildung terroristischer Vereinigungen" unter Strafe gestellt. Von einer solchen spricht man unter anderem, wenn sie als Ziel Mord, Totschlag oder Völkermord verfolgt.

Erst diese Frage muss geklärt werden, um mutmassliche Täter auch als Terroristen zu benennen. So wie im Fall des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU), dessen Mordserie aktuell vor dem Münchner Landgericht Thema ist.

"Nach Paragraph 129a Abs. 2 StGB sind in Ziffer 2 auch Straftaten wie Zerstörung von Bauwerken in Paragraph 305 StGB oder nach Paragraph 306 StGB Brandstiftung strafbar", erklärt Fricke.

Warum wird ein solcher Brandanschlag nicht als Terrorakt gewertet?

Bei Bautzen und ähnlichen Fällen müsse zuerst der Straftatbestand untersucht werden, erklärt Fricke. "Es kommt darauf an, wie die Ermittlungsbehörden vor Ort den Straftatbestand einschätzen und auf die Entscheidung des Generalbundesanwalts, ob er wegen der 'Bedeutung der Sache' die Ermittlungen an sich zieht", schildert er.

Das Beispiel Bautzen ist entsprechend prominent. Fricke meint: "Es ist nicht ausgeschlossen, dass der engagierte, neue Generalbundesanwalt die Ermittlungen an sich ziehen wird."

Was würde sich in Bezug auf die Strafverfolgung ändern, würde man solche Brandanschläge als Terrorakt werten?

Zuallererst: "Die Höhe der Strafen hängen vom Straftatbestand ab." Soweit, so logisch. Und im Details? "Nach Paragraph 129a Abs. 5 StGB kann eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren drohen, wer eine entsprechende Terrorvereinigung unterstützt. Es wird also zu klären sein, ob es sich um einen 'Einzeltäter' oder mehrere Täter gehandelt hat", erklärt Fricke.

Eine "Vereinigung" nach Paragraph 129a StGB setze mehrere Straftäter voraus, "die eine Absprache hinsichtlich ihrer kriminellen Taten vorweg getroffen haben."

Ab wann spricht man in der Justiz von einem Terrorakt oder Terroranschlag?

Terrorakt oder Terroranschlag seien untechnische Begriffe, schildert Fricke. "Im Strafgesetzbuch ist die 'Bildung terroristischer Vereinigungen' unter Strafe gestellt", erklärt er - und zwar ausschliesslich die "Bildung terroristischer Vereinigungen".

Das ist damit auch die Antwort auf die Frage, warum ein Brandanschlag wie in Bautzen, sehr wahrscheinlich rechtsextrem motiviert, nicht per se als Terror behandelt wird. Zumindest aus juristischer Perspektive.

Was droht mutmasslichen Tätern wie im Fall Bautzen? Und was Gaffern, die zum Beispiel Löscharbeiten behindern?

"Die Höchststrafe nach Paragraph 129a für die Bildung terroristischer Vereinigungen, ist zehn Jahre", erklärt Fricke. Das könnte in diesem Fall den Tätern drohen, werde ihnen einen solche nachgewiesen.

"Die Gaffer, die bei den Löscharbeiten gestört haben, haben sich nicht im obigen Sinne strafbar gemacht", schildert er. Dennoch müssten auch sie mit Konsequenzen rechnen.

"Wenn sie den Aufforderungen der Polizei nicht Folge geleistet haben, den Platz zu verlassen, kann die Polizei mit sogenannten 'Platzverweisen' als polizeirechtliche Massnahme tätig werden."

Prof. Dr. Ernst Fricke ist seit 1989 Lehrbeauftragter für Medienrecht und Gerichtsberichterstattung an der Katholischen Universität Eichstätt und Autor des Standardwerks "Recht für Journalisten“, Konstanzer Universitätsverlag ,2. Auflage. Rechtsanwalt Fricke hat eine Kanzlei mit Stammsitz in Landshut und befasst sich als Experte verschiedener Online-Medien ausführlich mit dem Prozess gegen die mutmasslich rechtsterroristische Vereinigung NSU.
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