Es ist einer der spektakulärsten Strafprozesse in der Nachkriegsgeschichte. Auf der Anklagebank: Beate Zschäpe. Es geht um rechten Terror, zehn Morde, Sprengstoffanschläge und Raubüberfälle. Am Mittwoch soll nun nach über fünf Jahren das Urteil fallen. Die Geschichte der Hauptangeklagten.
In unserem Live-Blog begleiten wir die Urteilsverkündung im NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe.
Geboren wird die heute 43-Jährige am 2. Januar 1975 in Jena unter dem Namen Apel. Ihre Mutter Annerose ist zu diesem Zeitpunkt 22 Jahre alt und studiert Zahnmedizin in Bukarest.
Ihren leiblichen Vater, ein aus Rumänien stammender Kommilitone ihrer Mutter, lernt Zschäpe nie kennen. Auch die Vaterschaft erkennt er bis zu seinem Tod im Jahr 2000 nicht an.
Um ihr Studium fortzusetzen, gibt Annerose ihre Tochter bereits zwei Wochen nach der Geburt in die Obhut der Grosseltern und kehrt nach Rumänien zurück.
Parallel zu Beates Vater führt die Mutter eine Beziehung mit einem alten Jugendfreund. Die beiden heiraten im Dezember 1975 und Mutter und Tochter nehmen den Namen "Trepte" an. Doch die Beziehung zerbricht kurz nach Anneroses Rückkehr nach Deutschland. Das Paar lässt sich scheiden.
Nur wenig später heiratet Annerose erneut. Ab diesem Zeitpunkt tragen Mutter und Tochter den Nachnamen Zschäpe. Auch diese Ehe hält nicht lange
Zschäpe bezeichnet sich als "Oma-Kind"
Tochter Beate verbringt in ihrer Kindheit viel Zeit bei ihren Grosseltern. Besonders zu ihrer 2016 verstorbenen Grossmutter Anneliese baut sie ein inniges Verhältnis auf. Mehrfach bezeichnete sich Zschäpe nach ihrer Verhaftung 2011 als "Oma-Kind".
Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter ist hingegen schwierig, Beide ziehen oft um und müssen teilweise auf engstem Raum zusammenleben. Zudem kämpft Annerose mit Arbeitslosigkeit, finanziellen Sorgen - und einem Alkoholproblem.
Als sie um die Wende herum arbeitslos wird, werden die bereits bestehenden Geldprobleme immer grösser. Zu dieser Zeit haben sie den "Respekt vor ihrer Mutter verloren", sagt Zschäpe später in der Aussage, die sie von ihrem Anwalt 2015 verlesen lässt.
So lief die Radikalisierung von Beate Zschäpe
Zschäpe ist zur Zeit der Wende noch Schülerin. 1991 und nach ihrem Hauptschulabschluss arbeitet sie erst als Malergehilfin, ein Jahr später beginnt sie eine Lehre als Gärtnerin, die sie 1995 abschliesst.
In diesen Jahren lernt Zschäpe Uwe Mundlos kennen und beginnt eine Beziehung mit ihm. Es beginnt ihre Radikalisierung - zunächst als Mitglied der rechtsextremen Jugendgruppe "Winzer-Clan".
An ihrem 19. Geburtstag, also noch während ihrer Ausbildung, lernt sie Uwe Böhnhardt kennen. Sie verliebt sich in ihn.
Zschäpe und Mundlos sind damals noch ein Paar, trennen sich aber kurz nach dessen Wehrdienstantritt 1994.
Obwohl Zschäpe eine Beziehung mit Böhnhardt eingeht, reisst der Kontakt mit Mundlos nicht ab. Ganz im Gegenteil: Das Trio gilt als unzertrennlich und die beiden Männer werden für Zschäpe zu einer Art Ersatzfamilie.
Und auch die Radikalisierung schreitet voran: Die drei nehmen regelmässig an Treffen der rechten Vereinigung "Kameradschaft Jena" teil.
Über diese kommen sie in Kontakt mit dem "Thüringer Heimatschutz" unter Leitung des später als V-Mann enttarnten Tino Brandt. Fortan beteiligt sich Zschäpe auch aktiv an "politischen Aktionen" aus dem rechten Spektrum.
So nimmt sie mit Mundlos und Böhnhardt beispielsweise an rechten Demonstrationen teil, marschiert bei einer Gedenkveranstaltung für Rudolf Hess mit, verbrennt Kreuze im Stile des Ku-Klux-Klans, legt eine Bombenattrappe am Denkmal für die Opfer des Todesmarsches von Buchenwald ab und bewirft in Thüringen ein Mahnmal für Faschismus-Opfer mit Eiern.
Trio gerät unter Verdacht
Zwischen 1996 und 1998 versetzen mehrere Bombenattrappen die Stadt Jena in Aufruhr. Bei den Ermittlungen geraten Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe unter Verdacht.
Es kommt zu Durchsuchungen von drei Garagen. Bei einer der Kontrolle ist Böhnhardt anwesend. Aber während die Beamten noch bei der Arbeit sind, kann er mit einem Auto wegfahren.
In der zweiten Garage, die von Beate Zschäpe angemietet wurde, entdeckt die Polizei schliesslich eine Bombenwerkstatt - inklusive Rohrbomben und Sprengstoff.
Aber erst zwei Tage später wird ein Haftbefehl gegen das Trio erlassen. Da sind Zschäpe und ihre Komplizen bereits untergetaucht.
Es folgen 13 Jahre im Untergrund. Der NSU begeht in dieser Zeit zehn Morde, verübt Sprengstoffanschläge und Rausbüberfälle.
Zschäpe selbst stellt sich im November 2011 bei der Polizei. Mundlos und Böhnhardt sind da bereits mehrere Tage tot.
Staatsanwaltschaft fordert harte Strafe
Welche Rolle Beate Zschäpe bei den Verbrechen gespielt hat, ob sie keine Ahnung vom NSU hatte, Mitwisserin oder Mittäterin war, darum dreht sich der NSU-Prozess in München, in dem am Mittwochvormittag ein Urteil fallen soll.
Auch wenn mit ihr noch vier Männer auf der Anklagebank sitzen, das Gesicht des Prozesses, der seit Mai 2013 im Saal A101 im Oberlandesgericht München in der Nympehnburgerstrasse stattfindet, ist zweifellos Zschäpe.
Der Hauptangeklagten werden unter anderem die Mittäterschaft an zehn Morden, schwere Brandstiftung, Beihilfe zu mehreren Raubüberfällen und die Gründung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zur Last gelegt.
Zschäpe weist den Grossteil der Anklagepunkte von sich, die Staatsanwaltschaft fordert hingegen eine harte Strafe.
Heisst: Lebenslange Freiheitsstrafe, Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und anschliessende Sicherungsverwahrung.
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