Der aktuelle Flüchtlingsstrom stellt die Hilfsbereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher auf eine Bewährungsprobe. Immer mehr Bürger zeigen eindrucksvolles Bürgerengagement. So auch eine Initiative rund um die Wienerin Sophie Pollak.

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Wenn Sophie Pollak von ihrem Engagement für Flüchtlinge erzählt, sprechen sowohl Begeisterung, als auch Verzweiflung aus ihr. Begeisterung, weil sie unmittelbar die positiven Auswirkungen ihres Handelns sehen kann. Verzweiflung, weil sie weiss, dass ihre Hilfe trotzdem viel zu wenig ist.

Die 34-Jährige betreibt den Modeladen "We Bandits" in Wien, der gleichzeitig als "Zentrale" der von ihr gegründeten Initiative "Adopt a Wish" dient. Jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit erfüllen Pollak und ihre Kunden täglich einem Obdachlosen einen Wunsch. Egal ob es sich um einen Museumsbesuch handelt oder um ein gutes Mittagessen – die Idee ist, Freude zu schenken. Seit kurzem hat Pollak ihr soziales Engagement ausgebaut. Medienberichte über die katastrophalen Zustände in den österreichischen Flüchtlingslagern haben der Wienerin schlaflose Nächte bereitet. In einer dieser Nächte setzte sie sich schliesslich an den Schreibtisch und arbeitete Ideen aus, wie man den Flüchtlingen einfach und schnell helfen kann. Pollak mietete sich ein Lager in der Nähe ihres Ladens und fing an - zusammen mit ihren Kunden, Angestellten und ihrer Mutter - Carepakete zu schnüren.

Ein normales Leben bieten - zumindest für ein paar Stunden

Die Inhalte wie Hygieneartikel, T-Shirts oder Handtücher werden zum Grossteil als Spenden im Laden abgegeben. An den Wochenenden bringt die Wienerin die Pakete nach Traiskirchen, wo sie sich vor drei Wochen zum ersten Mal selbst ein Bild von der Situation machen konnte. Die erschreckenden Zustände im Lager und die Berichte der Flüchtlinge veranlassten die Aktivistin dazu, sich noch mehr zu engagieren. Für jene Flüchtlinge, die eine Berechtigungskarte besitzen und nach Wien fahren dürfen, organisiert sie seitdem Ausflüge in die Hauptstadt. "Wir möchten den Asylbewerbern wenigstens für ein paar Stunden ein normales Leben abseits ihres Flüchtlingsalltags ermöglichen", erklärt Pollak.

Dazu gehören ganz selbstverständliche Dinge, wie in Ruhe und alleine zu duschen. Die in den Flüchtlingslagern üblichen Gemeinschaftsduschen sind vor allem für viele Frauen eine Belastung. Pollak und ihre Helfer stellen deshalb ihre privaten Wohnungen zur Verfügung, wo die Flüchtlinge für kurze Zeit neue Kraft tanken können. Zusätzlich werden Arztbesuche organisiert und private Unterkünfte für die Asylbewerber gesucht. Vor allem die Wohnungssuche gestaltet sich schwierig, da eine Familie nur einen Mietzuschuss von maximal 240 € erhält. Zusätzlich müssen auch die Vermieter oft erst noch von den Helfern überzeugt werden.

Alles im Überfluss vorhanden?

Mit der Zeit hat sich die Anzahl der helfenden Hände um ein Vielfaches vergrössert und Pollak erhält zahlreiche positive Rückmeldungen. Die behördlichen Hürden bereiten ihr hingegen regelmässig Kopfschmerzen. Vor allem ärgert sie sich über die verlorene Zeit, die sie investieren muss, um herauszufinden, wie den Flüchtlingen geholfen werden kann - ohne dabei gegen diverse Auflagen zu verstossen. Da viele Flüchtlinge in Traiskirchen auf dem Boden schlafen müssen, wollte Pollak etwa 100 wetterbeständige Outdoor-Matratzen bei einem asiatischen Hersteller bestellen und dem Lager spenden. Doch die Behörden nahmen die Spende nicht an. Die Begründung: Die Matratzen seien nicht entsprechend zertifiziert. Auch Zelte wurden mit der Begründung einer Brandgefahr nicht als Spende zugelassen. Vom Bundesministerium für Inneres erhielt Pollak offenbar die Rückmeldung, dass alles im Überfluss vorhanden sei und nichts gebraucht werde. Diese Aussage steht im direkten Gegensatz zu den Erfahrungen und Beobachtungen der Aktivistin in Traiskirchen.

Trotz dieser Hindernisse wird Pollak nicht müde, sich weiter zu engagieren. Seit drei Wochen ist sie fast rund um die Uhr für die Flüchtlinge im Einsatz. Dass das nicht ewig so weitergehen kann und sie sich auch wieder um ihr Geschäft kümmern muss, ist ihr sehr wohl bewusst. Auch deshalb hofft sie auf noch mehr Unterstützung und erinnert daran, dass wirklich jeder helfen kann. Egal ob durch Carepakete, durch Unterstützung bei der Wohnungssuche oder selbst nur durch Gespräche mit den Flüchtlingen. "Wirklich jeder kann helfen, in dem er zu einem der vielen Flüchtlingslager fährt und dort den Dialog mit den Flüchtlingen sucht. Schliesslich geht es auch darum, ein positives Zeichen zu setzen und den Menschen zu zeigen, dass wir sie nicht im Stich lassen", appelliert Pollak an die Hilfsbereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher.

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