Die belarussische Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa soll noch heute von Ermittlungsbehörden vernommen werden. Ihr soll wegen der Weigerung, das Land zu verlassen, zuvor auch Gewalt angetan worden sein. Der Europarat will unterdessen Untersuchungen wegen Menschenrechtsverstössen in Belarus einleiten.

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Nach ihrer Entführung und Verhaftung soll die Oppositionelle Maria Kolesnikowa in Belarus (Weissrussland) an diesem Donnerstag von Ermittlern vernommen werden. Sie ist die einzige politische Gefangene bisher, die sich wegen des Versuchs der illegalen Machtergreifung verantworten soll.

Ihre Anwältin Ljudmila Kosak bezeichnete die Vorwürfe als "absurden" Versuch, Andersdenkende mundtot zu machen. Die 38-jährige Kolesnikowa, die viele Jahre in Stuttgart in der Kulturszene aktiv war, sitzt nach ihrer Verschleppung am Montag nun in Untersuchungshaft. Ihr drohen Medien zufolge im Fall einer Verurteilung bis zu fünf Jahre Haft.

Kolesnikowa sei nach ihrer Entführung durch Maskierte in Minsk auch physische Gewalt angedroht worden, sagte Kasak. Sicherheitskräfte hätten sie gegen ihren Willen zur ukrainischen Grenze gebracht, um sie in das Nachbarland abzuschieben.

Kolesnikowa zerriss Pass, um Abschiebung zu verhindern

Kolesnikowa hatte ihren Pass vor dem Grenzübergang zerrissen und so ihre Abschiebung vereitelt. Sie habe auch Quetschungen von der gewaltsamen Aktion davongetragen.

"Maria fühlt sich gut und wacker trotz des erlebten Stresses in den vergangenen zwei Tagen", sagte Kasak am Mittwochabend. Im Moment werde sie ohne ein Dokument festgehalten, in dem stehe, wer sie wann, wo und warum verhaftet habe.

Sie werde Klage wegen der Entführung einreichen und wegen des Gesundheitszustands der Politikerin eine gerichtsmedizinische Untersuchung beantragen, sagte Kasak. In Minsk kam es am Mittwoch zu Solidaritätskundgebungen, bei denen Menschen die Freilassung Kolesnikowas forderten. Es gab mehrere Festnahmen.

Der Menschenrechtsausschuss der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) verurteilte die politische Gewalt in Belarus. Als Reaktion auf die schweren Menschenrechtsverstösse werde der Europarat gemeinsam mit anderen internationalen Organen eine internationale Untersuchung einleiten, um die Verbrechen zu dokumentieren und zu verfolgen.

Die Behörden und die Vertreter der Zivilgesellschaft in Belarus seien eingeladen, sich an den Ermittlungen zu beteiligen. Die Ergebnisse würden der Justiz übergeben, damit Anklage wegen der Menschenrechtsverstösse erhoben werden könne.

Lukaschenko verteidigt Vorgehen der Sicherheitskräfte

Der umstrittene Staatschef Alexander Lukaschenko hatte im Interview mit russischen Staatsmedien das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten verteidigt. Er hatte Hunderte Uniformierte ausgezeichnet.

Die in sozialen Netzwerken von den Opfern der Gewalt verbreiteten schwersten Verletzungen, die auch viele Ärzte bestätigten, bezeichnete er als harmlos. Zudem hätten viele Demonstranten sich die Blutergüsse und blutigen Striemen selbst mit Farbe auf die Haut gemalt, behauptete er. Es gab mehrere Tote.

In der Ex-Sowjetrepublik kommt es seit der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August täglich zu Protesten gegen Staatschef Alexander Lukaschenko. Lukaschenko liess sich nach 26 Jahren an der Macht zum sechsten Mal in Folge zum Wahlsieger erklären - mit mehr als 80 Prozent der Stimmen.

Die Demokratiebewegung in dem Land zwischen EU-Mitglied Polen und Russland sieht hingegen die 37 Jahre alte Swetlana Tichanowskaja als die neue Präsidentin. Die EU hat die Wahl - wie die meisten anderen Ländern - nicht anerkannt. Russland und China hatten dem 66-Jährigen hingegen zum Sieg gratuliert. (dpa/dh)

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