Jan Böhmermann hat im Prozess gegen das Bundeskanzleramt offenbar ein Zugeständnis erhalten: Die Bundesregierung soll sich dazu verpflichtet haben, die Kritik an seinem Gedicht nicht zu wiederholen. Das geht aus einem Bericht hervor.

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Im Prozess des Satirikers Jan Böhmermann gegen das Bundeskanzleramt hat sich das Bundeskanzleramt einem Bericht zufolge verpflichtet, die Kritik an seinem sogenannten Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nicht zu wiederholen.

Der Berliner "Tagesspiegel" berichtete am Donnerstag, die Bundesregierung wolle "die streitgegenständliche Aussage nicht mehr wiederholen". Eine offizielle Bestätigung des Kanzleramts gab es demnach aber noch nicht.

Fall Böhmermann: Unterlassungsklage gegen das Kanzleramt

Böhmermann hatte das Gedicht in seiner ZDF-Sendung "Neo Magazin Royale" vom 31. März 2016 vorgetragen. Sowohl in der Türkei als auch in Deutschland sorgte es für heftige Reaktionen. Der Satiriker löste damit nicht nur einen diplomatischen Eklat aus, sondern auch diverse Gerichtsverfahren.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete seine Satire als "bewusst verletzend", das teilte ihr Sprecher offiziell mit. Knapp drei Wochen nach ihrer ersten Kritik gab sie dann einen Missgriff zu. Sie ärgere sich selber über ihre Worte, sagte sie. Weil der Eindruck entstanden sei, dass ihre "persönliche Bewertung zu irgendetwas" eine Rolle spiele. "Das war im Rückblick betrachtet ein Fehler."

Böhmermann reichte das nicht aus. Seine Unterlassungsklage richtete sich explizit gegen das Kanzleramt und Merkels damalige erste Kritik. Er will der Kanzlerin per Gericht untersagen lassen, die Worte öffentlich zu wiederholen. Am Dienstag wird vor dem Berliner Verwaltungsgericht mündlich verhandelt. Am selben Tag wird bereits ein Urteil erwartet.

Wird dieser Hauptantrag abgewiesen, will Böhmermann in einem zweiten Antrag feststellen lassen, dass die Einschätzung Merkels rechtswidrig gewesen sei. So erklärt es ein Gerichtssprecher.

Ermittlungen wegen Beleidigung wurden eingestellt

Die Affäre um das "Schmähgedicht" hatten das deutsch-türkische Verhältnis lange belastet. Erdogan ging gegen den Satiriker juristisch vor, was grosses Aufsehen erregte.

Strafrechtlich blieb die Sache für Böhmermann folgenlos, Ermittlungen wegen Beleidigung wurden im Herbst 2016 eingestellt. 2017 beschloss der Bundestag sogar, den sogenannten Majestätsbeleidigungs-Paragrafen 103 aus dem Strafgesetzbuch ganz abzuschaffen.

Allerdings verbot das Hamburger Landgericht Böhmermann 2017, bestimmte "ehrverletzende" Verse des Gedichts zu wiederholen. Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) bestätigte das später.

Böhmermanns Anwalt kündigte umgehend an, Beschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) einlegen zu wollen. Notfalls gehe man bis vor das Bundesverfassungsgericht. (ff/afp/dpa)

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