Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Massen sieht sich nach seinen umstrittenen Äusserungen zu möglichen Hetzjagden in Chemnitz weiter heftiger Kritik ausgesetzt. Auch Innenminister Horst Seehofer gerät in Bedrängnis. Maassen muss nun bei Seehofer Bericht erstatten.
Nach den umstrittenen Äusserungen von Hans-Georg Maassen zur Dimension der fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz erhofft sich die Bundesregierung zu Beginn der neuen Woche Aufklärung vom Verfassungsschutz-Präsidenten. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erwartet vom Chef des Inlandsgeheimdienstes in dieser Sache nach eigenen Worten bis zu diesem Montag einen Bericht - und zugleich eine Begründung, auf welche Indizien Maassen seine am Freitag via "Bild"-Zeitung publik gemachten Thesen stütze.
Wackelt Maassens Stuhl?
Forderungen nach einer Entlassung Maassens werden lauter. Grünen-Chef Robert Habeck sagte der "Rheinischen Post" (Montag): "Maassen ist nicht mehr haltbar und muss gehen, um weiteren Schaden von den Institutionen abzuwenden, die eigentlich unsere Verfassung schützen sollen." Grünen-Fraktionschef
FDP nimmt SPD in die Pflicht
FDP-Vize
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider forderte eine umfassende Erklärung von Maassen. "Herr Maassen muss jetzt schnell Klarheit schaffen. Wenn sich seine Äusserungen als falsch herausstellen, muss das Konsequenzen haben. Für ihn und den Bundesinnenminister", sagte Schneider der "Passauer Neuen Presse". "Maassens Äusserungen sind schon eine äusserst steile These. Er behauptet ja nichts anderes, als dass es ein manipuliertes Video gegeben habe, um von dem Mord abzulenken."
Seehofer schiebt Maassen Verantwortung zu
In Chemnitz war vor zwei Wochen ein Deutscher erstochen worden, tatverdächtig sind drei Asylbewerber, von denen einer noch gesucht wird. Nach der Tat kam es in der Stadt zu Trauermärschen und Protesten und auch zu fremdenfeindlichen Übergriffen.
Seehofer sagte am Sonntagabend, der Geheimdienstchef habe ihn selbst und das Ministerium über seine Zweifel an dem Video vorab informiert. "Und wenn solche Zweifel vorhanden sind, darf man diese Meinung als Minister nicht unterdrücken." Der Innenminister betonte aber auch, die Verantwortung für "Formulierungen und seine Thesen" trage Maassen.
Der Chef der Geheimdienst-Kontrolleure im Bundestag, Armin Schuster (CDU), übte ebenfalls Kritik an Maassen, wies Rücktrittsforderungen aber als absurd zurück. "Die ursprüngliche Absicht von Maassen war genau richtig. Die nur auf das Thema Hetzjagd zugespitzte Art und Weise ging allerdings gründlich daneben", sagte Schuster der dpa. SPD-Rücktrittsforderungen und Grünen-Rufe nach einer Auflösung des Verfassungsschutzes seien aber "nur noch kleinkariertes politisches Drama und absurd angesichts der Ernsthaftigkeit des eigentlichen Themas".
Attacke auf jüdisches Restaurant
Am Rande der teils fremdenfeindlichen Proteste nach dem tödlichen Messerangriff von Chemnitz soll sich auch eine schwere antisemitische Attacke auf ein koscheres Restaurant ereignet haben. Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC), Ronald S. Lauder, sagte, es sei "unvorstellbar und unverschämt", dass "neonazistische Elemente oder Nazi-inspirierte Menschen" sich in Deutschland weiterhin ermächtigt fühlten, Gewalttaten gegen Juden und andere Minderheiten auszuüben.
Auch im sachsen-anhaltinischen Köthen folgten am Sonntagabend Hunderte Menschen Aufrufen zu Kundgebungen, nachdem in der Stadt ein Deutscher nach einem Streit ums Leben gekommen war. Zwei Afghanen wurden als Tatverdächtige festgenommen. (dpa/ska)
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