Bei den Kommunalwahlen in Israel zeichnen sich Medienberichten zufolge Gewinne für streng religiöse und rechtsextreme Parteien ab. Im Stadtrat von Jerusalem deuteten vorläufigen Ergebnisse etwa auf eine "beispiellose Mehrheit" ultraorthodoxer Kräfte hin, meldete die "Times of Israel" am Mittwoch. Grund dafür sei, dass ultraorthodoxe Menschen in grosser Zahl wählen gegangen seien, während andere Gruppen den Urnen fernblieben. Die Strengreligiösen stellen rund 13 Prozent der insgesamt knapp zehn Millionen Einwohner Israels.
Landesweit gaben am Dienstag laut dem Blatt nur knapp 50 Prozent der insgesamt mehr als sieben Millionen zur Wahl aufgerufenen Bürger ihre Stimme ab - weniger als sonst bei Kommunalwahlen in Israel üblich. Wegen des seit fast fünf Monaten dauernden Gaza-Krieges war bereits vorab mit einer geringen Wahlbeteiligung gerechnet worden.
In Jerusalem zeichnete sich Medien zufolge auch ab, dass der rechtskonservative Bürgermeister Mosche Lion wie erwartet im Amt bleibt. Die Küstenstädte Tel Aviv und Haifa bleiben der Zeitung "Haaretz" zufolge dagegen weiterhin "liberale Hochburgen" im Land. In Tel Aviv gratulierte die frühere Wirtschaftsministerin Orna Barbivai ihrem Rivalen Ron Chuldai zum Sieg. Chuldai ist bereits seit vielen Jahren Bürgermeister der Küstenmetropole.
Bei der Abstimmung in 241 Orten waren die Menschen dazu aufgerufen, Bürgermeister sowie Stadt- und Gemeinderäte zu wählen. Mit den amtlichen Endergebnissen wird erst in der kommenden Woche gerechnet. Die Wahl war wegen des Gaza-Krieges bereits zweimal verschoben worden.
Die rechtskonservative Likud-Partei des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sprach von einem "grossen Sieg" für sie bei der Abstimmung. Mehrere Orte im Land seien dank der Partei nach rechts gerückt, hiess es in einer Mitteilung. "Der rechte Block im ganzen Land ist erstarkt." Der "Haaretz" zufolge gewann auch ein Likud-Kandidat mit rechtsextremen Ansichten die Bürgermeisterwahl in einem Ort in der Negev-Wüste.
Ob die Ergebnisse auch Aufschluss über das Wahlverhalten bei einer möglichen Parlamentswahl geben können, ist Medien zufolge fraglich. Laut Umfragen müsste Netanjahus rechtsreligiöse Koalition bei einer Neuwahl mit massiven Verlusten rechnen. Mit Abstand stärkste Fraktion wäre demnach gegenwärtig die Partei von Benny Gantz, Minister im Kriegskabinett. Auf kommunaler Ebene ist dessen gemässigtes Mitte-Rechts-Bündnis israelischen Medienberichten zufolge aber nicht so gut aufgestellt und weniger erfahren als Netanjahus Partei. © dpa
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