Der EU-Gipfel in Brüssel wurde vor allem vom Thema Asylpolitik dominiert. Am frühen Freitagmorgen konnten sich die Staats- und Regierungschefs schliesslich auf einen Kompromiss einigen. Daneben hat sich der Europäische Rat noch mit anderen Themen befasst, darunter der weitere Umgang mit Russland.

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Die Europäische Union hat sich in einer langen Verhandlungsnacht auf eine Verschärfung ihrer Asylpolitik geeinigt.

Mehr als zwölf Stunden hatten sich die Staats- und Regierungschefs in Brüssel beraten. Neben dem zentralen Thema der Flüchtlingspolitik gab es auch noch andere Themenfelder, in denen Entscheidungen getroffen wurden. Das sind die wichtigsten Beschlüsse des EU-Gipfels im Überblick.

Aufnahmelager innerhalb der EU

Die EU-Staats- und -Regierungschefs haben sich darauf geeinigt, die bisherige Dublin-Regelung ausser Kraft zu setzen.

Gerettete Bootsflüchtlinge sollen künftig in geschlossenen Aufnahmelagern in der EU untergebracht werden, die freiwillig von EU-Mitgliedsstaaten errichtet werden sollen. Wie viele solcher Lager in Europa entstehen sollen und welche Länder dazu bereit sind, ist noch offen.

Dort soll entschieden werden, wer in Europa bleiben darf und wer nicht. Schutzbedürftige sollen aus diesen Lagern dann - ebenfalls freiwillig - von Ländern übernommen werden.

Zum Thema Sekundärmigration heisst es in der EU-Gipfelerklärung, die "Mitgliedstaaten sollten alle nötigen internen gesetzgeberischen und administrativen Massnahmen ergreifen, um solchen Bewegungen entgegenzuwirken, und dabei eng zusammenarbeiten."

Ausschiffungsplattformen in Nordafrika

Ob ähnliche Aufnahmelager auch in Nordafrika errichtet werden können, soll geprüft werden. Die dafür infrage kommenden Staaten, etwa Libyen, Tunesien oder Marokko, haben dies bislang abgelehnt.

In diesen sogenannten Ausschiffungsplattformen ausserhalb der EU solle eine rasche Entscheidung darüber getroffen werden, welche Personen Schutz benötigen und welche zurückgeschickt werden.

Dabei soll eng mit dem UN-Flüchtlingswerk UNHCR zusammengearbeitet werden.

Stärkerer Schutz der EU-Aussengrenzen

In der Abschlusserklärung heisst es, die EU-Aussengrenzen müssten effektiver geschützt werden. Dafür soll die Grenzschutzagentur Frontex mehr Ressourcen sowie ein erweitertes Mandat erhalten. Bis 2020 soll es eine Aufstockung geben, sagte Merkel.

Zudem wollen die EU-Staats- und -Regierungschefs die Unterstützung für die Sahel-Region, die viele Migranten auf dem Weg nach Europa durchqueren, sowie für die libysche Küstenwache ausweiten.

Hier wurde zudem betont, dass Operationen der libyschen Küstenwache im Mittelmeer nicht behindert werden dürfen. Das betrifft vor allem Nichtregierungsorganisationen, die in der Seenotrettung aktiv sind.

Weiteres Geld für Aufnahmestaaten

Die Türkei soll weitere drei Milliarden Euro von der EU erhalten, um syrische Flüchtlinge zu versorgen. Zwei Milliarden Euro sollen aus dem Gemeinschaftshaushalt der EU fliessen, eine weitere Milliarde aus nationalen Haushalten.

Insgesamt hatte die EU der Türkei im Rahmen des 2016 geschlossenen Flüchtlingspaktes sechs Milliarden versprochen. Ein erstes Hilfspaket über drei Milliarden Euro wurde jüngst aufgebraucht.

Ausserdem soll eine halbe Milliarde Euro aus Treuhandfonds für Afrika bereitgestellt werden, um Fluchtursachen zu bekämpfen.

Der Europäische Rat betonte in seiner Abschlusserklärung, dass eine intensivere Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten notwendig sei.

Verlängerung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland

Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland sollen um weitere sechs Monate verlängert werden. Als Begründung wird angeführt, dass es keine Fortschritte beim Friedensprozess in der Ostukraine gebe.

Im Sommer 2016 war beschlossen worden, die Handels- und Investitionsbeschränkungen erst dann aufzuheben, wenn die Vereinbarungen des Minsker Friedensplanes zum Ukraine-Konflikt komplett erfüllt sind. Dies ist noch nicht der Fall.

Die EU hatte die Sanktionen trotz Milliardenverlusten für heimische Unternehmen zuletzt im vergangenen Winter bis zum 31. Juli 2018 verlängert.

Aufklärung des Abschusses von Flug MH17

Die Staats- und Regierungschefs der EU fordern von Russland zudem grössere Anstrengungen bei der Aufklärung des Abschusses von Flug MH17.

Moskau müsse "Verantwortung übernehmen und an allen Bemühungen um Wahrheit, Gerechtigkeit und Verantwortlichkeit uneingeschränkt mitwirken", heisst es in der Abschlusserklärung.

Vorgehen gegen Einsatz von Chemiewaffen

Ein neues EU-Regelwerk mit "restriktiveren Massnahmen zur gemeinsamen Abwehr von Chemiewaffen" soll schnellstmöglich verabschiedet werden. Auslöser für diese Forderung ist der Giftanschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergei Skripal und dessen Tochter.

Die EU-Kommission hatte schon zuvor angekündigt, bis Ende des Jahres neue Massnahmen gegen den Einsatz von Chemiewaffen zu erarbeiten.

Reaktion auf Desinformations-Kampagnen

Die Gipfelteilnehmer fordern die EU-Kommission auf, bis Dezember einen Aktionsplan mit konkreten Vorschlägen zu erarbeiten, wie die EU geschlossen auf Versuche politischer Einflussnahme durch gezielte Falschinformationen reagieren kann. (jwo / dpa)

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