Für US-Präsident Donald Trump wäre sein Wahlsieg ein "Desaster", für seine Partei ist er der grösste Hoffnungsträger seit Barack Obama: Wer ist dieser Beto O'Rourke, der Senator von Texas werden will?
Er ist mit schon dem Gesetz in Konflikt geraten, will keine Grossspenden annehmen – und dann will er auch noch mit einem linken Programm in einem erzkonservativen Bundesstaat die Wähler von sich überzeugen. Eigentlich müsste
Doch der 46-jährige Kandidat der demokratischen Partei, der im US-Bundesstaat Texas bei den Senatswahlen am 6. November gegen den republikanischen Amtsinhaber Ted Cruz antritt, könnte das Undenkbare schaffen: O'Rourke könnte der erste demokratische Senator von Texas seit 1993 werden. Umfragen sehen ihn derzeit nur ein paar Prozentpunkte hinter Cruz.
Mit Video bekanntgeworden
Der Mann, der derzeit noch Mitglied des Repräsentantenhauses ist und von dem Amerikas Demokraten inzwischen fast so begeistert schwärmen wie vor zehn Jahren von
Massgeblich dazu beigetragen hat ein Video, das zum Internethit wurde: Bei einer Diskussion mit Bürgern hatte ein junger Mann gefragt, ob O'Rourke es nicht respektlos finde, wenn schwarze Football-Spieler aus Protest gegen Diskriminierung und Rassismus während der Nationalhymne niederknien, statt stehend mitzusingen.
O'Rourkes vielumjubelte Antwort: "Ich kann mir nichts Amerikanischeres vorstellen, als friedlich für seine Rechte aufzustehen oder niederzuknien." Das Video wurde so etwas wie sein Markenzeichen, ein Baustein seiner Kampagne.
Der zweitgrösste Bundesstaat gilt als Republikaner-Hochburg, allerdings steht das Cowboy-Image nur für einen Teil der texanischen Gesellschaft: Vor allem entlang der amerikanisch-mexikanischen Grenze und in den Metropolen Houston und Dallas leben viele Menschen mit latein- oder afroamerikanischen Wurzeln.
O'Rourke ist selbst zwar Nachfahre irischer Einwanderer, kommt aber aus der Grenzstadt El Paso, in der "Hispanics" rund 70 Prozent der Bevölkerung ausmachen.
Der 46-Jährige spricht seit seiner Jugend fliessend Spanisch, selbst seinen Namen hat er seiner Heimatstadt angepasst – was politische Gegner ihm gerne als Anbiederung auslegen: Eigentlich heisst er nämlich Robert, Beto ist die spanische Version.
Donald Trump: Wahlsieg wäre ein "Desaster"
Der Höhenflug des Demokraten hat sogar den Präsidenten auf den Plan gerufen.
Wie die "El Paso Times" berichtet, hat Donald Trump einen möglichen Sieg von O'Rourke bei den Senatswahlen als "Desaster für Texas" bezeichnet.
Um diesen Sieg auf jeden Fall zu verhindern, versuchen die Republikaner auch, ihn in ein zweifelhaftes Licht zu rücken: Sie gruben unter anderem ein altes Foto aus, das O'Rourke in jungen Jahren mit seiner damaligen Punkband Foss und in einem Frauenkleid zeigt.
Doch anstatt ihm zu schaden, trug das Foto eher zum Image eines lässigen, unangepassten Politikers bei. Genau wie seine Art, Wahlkampf zu führen. O'Rourke erzählte dem Journalisten Peter Hamby von der Zeitschrift "Vanity Fair", er führe ihn so, wie er früher mit Foss durchs Land tourte: So wie es ihm Spass mache – ohne ständig auf Berater zu hören. Er habe alle 254 texanischen Landkreise mit seinem eigenen Toyota besucht, schreibt Hamby weiter.
Und auch ein Video aus dem September, auf dem er auf einem Skateboard über den Parkplatz eines Burger-Restaurants rollt, trug massgeblich zu seiner Beliebtheit bei.
Schwerer wiegt eine andere Geschichte: 1998 hat O'Rourke betrunken einen Autounfall verursacht. "Müssen Ihre Wähler besorgt sein wegen dieses Vorfalls?", fragte ein Moderator bei einem Rededuell zwischen O'Rourke und Cruz.
Der Angesprochene drehte die Rechtfertigung in ein politisches Statement um. Der Fehler sei nicht zu verzeihen, sagte O'Rourke. Aber er habe eine zweite Chance bekommen, eine Familie gegründet, ein Unternehmen auf die Beine gestellt.
Das seien Privilegien, die viele dunkelhäutige Mitbürger nach vergleichbaren Fehltritten nicht hätten.
Siegchancen ungewiss
Politisch steht Beto O'Rourke klar links: Er ist gegen einen Grenzzaun zu Mexiko, für einen Ausbau der staatlichen Krankenversicherung, für die Legalisierung von Cannabis-Konsum und für schärfere Waffengesetze.
Am vergangenen Wochenende kamen zu einem Auftritt in der texanischen Hauptstadt und Demokraten-Hochburg Austin rund 55.000 Menschen – es war laut Kommentatoren die grösste politische Kundgebung seit dem Präsidentschaftswahlkampf 2016.
Andererseits liegt Cruz in Umfragen durchgehend knapp vorne. Der erzkonservative TV-Sender Fox News klammert sich an die Einschätzung des Politikwissenschaftlers David Branham: Die Demokraten würden in Texas zwar immer mehr Zulauf bekommen. Aber noch sei es für einen Wechsel zu früh.
Verwendete Quellen:
- "El Paso Times": President Trump calls Beto O'Rourke a 'disaster,' plans to campaign for Ted Cruz in Texas
- Fox News: Texas Sen. Ted Cruz faces challenger raising staggering amount of money
- "Vanity Fair": "It seems like Iowa in 2017": Is Beto O'Rourke the left's Obama-like answer to Trump in 2020?
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