Plakate mit Bibelsprüchen auf Bussen der öffentlichen Verkehrsbetriebe in der Stadt Biel: Sie lösten eine Polemik aus. Ein linker Lokalpolitiker hat die Kampagne in sozialen Medien kritisiert. Das hat ihm gehässige Reaktionen eingetragen – auch wegen seiner Herkunft aus dem muslimischen Algerien.

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Mohamed Hamdaoui, Journalist, sozialdemokratisches Parlamentsmitglied der Stadt Biel und des Kantons Bern, hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. In der französischsprachigen Westschweiz wurde er namentlich bekannt durch seine kompromisslose Kritik islamistischer Bewegungen in der Schweiz und anderswo.

Und in säkularer Überzeugung hinterfragte er die christliche Plakatkampagne in seiner Stadt und wies darauf hin, dass diese auf einem durch die Steuerzahler finanzierten öffentlichen Gut durchgeführt wird.

Die Angriffe, denen er sich seither ausgesetzt sieht, beschränken sich allerdings meist auf seine Zugehörigkeit zur muslimischen Welt.

Aufstachelung zum Rassenhass?

Besonders stimuliert wurden diese Angriffe durch einen Post des Egerkinger Komitees (das hinter dem Minarettverbot steht, das 2009 durch das Stimmvolk angenommen wurde) auf Social Media. Auf rot-schwarzem Grund war dort zu lesen: "Muslimischer SP-Stadtrat will christliche Werbung ('Der Herr segne dich') in Biel aus dem öffentlichen Raum verbannen. Erkennt die Signale! So beginnt die Unterwanderung!"

In der Folge zog das Egerkinger Komitee den Post zurück und entschuldigte sich bei Hamdaoui. Gegenüber swissinfo.ch bestätigte dieser, er wolle trotzdem rechtlich gegen die Gruppe vorgehen und sie wegen Verleumdung und Aufstachelung zum Rassenhass verklagen.

Agentur C, die Initiatorin der Plakatkampagne auf den Bieler Bussen, nahm gegenüber swissinfo.ch schriftlich Stellung: "Wir verurteilen Hasskommentare gegen jegliche Personen, die unsere Kampagnen kritisieren. Hingegen verstehen wir auch, dass die politischen Erklärungen dieses Abgeordneten viele Einwohner unseres Landes traurig machten, wegen ihrer Verbundenheit mit der Bibel und der Hoffnung, die sie bietet."

Religion ist Kantonssache

Hamdaoui unterstreicht, dass er lediglich die Plakatkampagne mit Bibelsprüchen und den Platz, den das Missionieren im öffentlichen Raum einnehme, hinterfragt habe.

Eine Frage, die nicht auf nationaler Ebene entschieden wird. Denn die Schweiz kennt keine generelle Regelung zur Trennung von Kirche und Staat. Auf nationaler Ebene hält die Eidgenossenschaft in der Bundesverfassung in Artikel 72 fest, dass für die Regelung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat die Kantone zuständig sind.

Allerdings sollen, wenn der Religionsfriede gefährdet ist, "Bund und Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeit Massnahmen zur Wahrung des öffentlichen Friedens zwischen den Angehörigen der verschiedenen Religionsgemeinschaften treffen können".

Religionsfriede gefährdet?

Für Mohamed Hamdaoui bedrohen die biblischen Verse auf den Bussen seiner Stadt den konfessionellen Frieden, den sich die Gründer der modernen Schweiz 1848 - nach einem kurzen Religionskrieg - gewünscht hatten. Diese hatten das Missionieren im öffentlichen Raum eingeschränkt, ohne es allerdings zu verbieten.

Agentur C, die seit über 20 Jahren in der ganzen Schweiz Kampagnen dieser Art organisiert und finanziert, will allerdings nichts von Missionieren wissen: "Die Agentur C hat die Mission, den Reichtum der Bibel bekannt zu machen. Keine unsere Kampagnen will irgendjemand für eine religiöse Bewegung oder Gemeinschaft rekrutieren", schreibt Präsident Peter Stucki.

"Verstecktes Missionieren"

Doch ist diese Kampagne wirklich so harmlos? Keineswegs, sagt Philippe Borgeaud, Religionshistoriker an der Universität Genf: "Indem 'Der Herr segne dich' auf Plakate gedruckt wird, regt das nicht zum Nachdenken an, sondern spricht das Publikum direkt an. Ich persönlich finde das unerträglich. Es ist, wie wenn eine Hexe mich verhexen würde."

Auch für Claudio Zamagni, der an der Universität Genf Geschichte des Christentums lehrt, sind die Kampagnen von Agentur C typische missionarische Aktionen der evangelischen Strömungen.

Keine grosse Sache findet es hingegen Roland Campiche, Religionssoziologe und Gründer des Observatoriums der Religionen an der Universität Lausanne: "Diese Plakate sind überhaupt kein Problem", sagt der ehemalige Pfarrer. "Diese Affäre wurde von auflagehungrigen Medien und einem Muslim hochgekocht."

Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub

  © swissinfo.ch

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