Vize-Kanzler Sigmar Gabriel geht in der BND-Affäre auf Konfrontationskurs mit Angela Merkel. Der SPD-Chef riskiert vor der Aussage der Kanzlerin vor dem NSA-Untersuchungsausschuss damit offen den Bruch in der grossen Koalition. Ein Merkel-Kenner erklärt, warum es aber nicht soweit kommen wird.
Es kracht in der Grossen Koalition: Seit der Vereidigung der aktuellen Bundesregierung unter
Das kann kaum sein, denkt sich offenbar Chef-Sozialdemokrat
Merkel-Kenner spricht über die BND-Affäre
Nein, meint Ralph Bollmann im Gespräch mit diesem Portal. Der wirtschaftspolitische Korrespondent der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gilt als Merkel-Kenner. "Zum jetzigen Zeitpunkt nicht", sagt er und nennt Gründe: Merkel verhalte sich relativ geschickt, indem sie versuche, sich nicht in den Streit hineinziehen zu lassen. "Sie weiss, wovon ihr Image abhängt. Und zwar davon, dass sie die vernünftige, ein Stück weit über dem Parteienstreit schwebende Kanzlerin ist." Deshalb antworte sie nicht direkt auf Gabriel.
Die grosse Mehrheit der Bevölkerung überblicke die Geheimdienstfragen nicht so richtig, deshalb sei das Skandalisierungspotenzial für die breite Wählerschaft im Moment nicht hoch. Ergo: Noch ist für Merkel alles im Lot. Das könne sich aber ändern, meint Bollmann, "falls Fakten ans Licht kommen, anhand derer man sagen müsste: Sie hat wirklich gelogen". Erst dann würde Merkels Ansehen leiden. Bis dahin habe sie aber noch Politiker, "die eine Art Brandmauer zwischen ihr und der Affäre darstellen. Das sind Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) oder BND-Präsident Gerhard Schindler".
Sollte sie ihren langjährigen Weggefährten De Maizière als Bauernopfer entlassen, sähe das erstmal nicht gut aus. So sei es schon gewesen, als sie vor drei Jahren den damaligen Umweltminister Norbert Röttgen entlassen habe. "Sowas wäre für ihr Image nicht förderlich, auf lange Sicht aber verkraftbar", sagt Bollmann.
Koalitionsbruch unwahrscheinlich
Bleibt festzuhalten: Sollte Merkel in der BND-Affäre als Lügnerin entlarvt werden, ist ihr Image angekratzt. Doch wie steht es um ihr Regierungsbündnis aus Christ- und Sozialdemokraten? "Ich glaube nicht, dass es zum Koalitionsbruch kommt", meint Bollmann. "Die SPD kann kein Interesse daran haben. Man muss sich nur deren Umfragewerte anschauen." Ausserdem sei die einzige Alternative, ohne Neuwahlen zu einer Regierung zu kommen, eine rot-rot-grüne Koalition. Diese Konstellation hätte zwar eine Mehrheit im Bundestag, sei aber angesichts der aktuellen Positionierung der Linkspartei kaum denkbar, sagt der FAS-Korrespondent.
Kanzlerin Merkel habe erst Recht kein Interesse an einem Koalitionsbruch, weil sie in der jetzigen Regierung trotz aller Konflikte gut regieren könne. Vergleichsweise harmonische Debatten und beide Seiten zufriedenstellende Kompromisse waren bisher Merkmale der aktuellen Regierung.
Warum aber setzt Gabriel das aufs Spiel? Der SPD-Chef steht innerhalb seiner Partei unter Druck, glaubt Bollmann. Zwar habe er in der Koalition vieles durchgesetzt, zum Beispiel den Mindestlohn oder die Rente ab 63. "Trotzdem stagniert die SPD in den Umfragen. Die bisherige Harmonie in der Koalition kam der Kanzlerin zugute. Deshalb versucht Gabriel, Merkel in einen Konflikt zu ziehen und das Bild der Konsenskanzlerin, das die Wähler so mögen, zu beschädigen." Bisher ist ihm das aber nicht gelungen.
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