Das Problem will einfach nicht verschwinden: Seit Jahren werden Politikern falsche Zitate in den Mund gelegt, oft sind sie frei erfunden. Wer auch immer sie erstellt, will politische Gegner damit gezielt diskreditieren.

Diese Kolumne stellt die Sicht von CORRECTIV.Faktencheck - Fakten für die Demokratie und Till Eckert dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Vergewaltigung sei kein Grund für eine Abschiebung, man solle den Menschen stattdessen akzeptieren, wie er ist – das soll die Grünen-Bundestagsabgeordnete Margarete Bause laut eines Facebook-Sharepics, das gerade häufig geteilt wird, einmal so gesagt haben. Hat sie nicht, um das gleich richtig zu stellen.

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Wir vom CORRECTIV-Faktencheck-Team haben das im vergangenen Jahr schon einmal recherchiert. Aber den Verbreitern dieses falschen Zitats ist das offenbar egal.

Eine grüne Politikerin, die sexuelle Gewalt quasi herunterspielt und für nicht strafrelevant hält. Diese Worte können explosiv wirken. Das Fake-Zitat ist ein viraler Hit. Es kursiert seit mindestens 2018 im Netz, obwohl Bause damals selbst dementierte und sogar Strafanzeige gegen einen mutmasslichen Ersteller stellte.

Sehen wir solche angeblichen Zitate, beginnen wir mit der Recherche: In der Regel bemühen wir Bilder-Rückwärtssuchen für den Ursprung des Bildes. Dann suchen wir im Wortlaut oder in Stichworten im Google-News-Archiv oder beispielsweise der Pressedatenbank Genios nach dem Zitat. Anschliessend fragen wir die betroffenen Politiker selbst, ob sie das je so gesagt haben.

Im aktuellen Beitrag sieht es aufgrund des Stils so aus, als habe das Team des AfD-Politikers Petr Bystron das falsche Zitat als Auftakt einer "Bannerserie" aufgegriffen und verarbeitet.

Steckt wirklich das Team des AfD-Abgeordneten dahinter? Eine Anfrage an sein Büro blieb laut den Faktencheckern der DPA unbeantwortet. Wer den Beitrag erstellt hat, kann demnach aktuell nicht belegt und in der Folge auch nicht angezeigt werden.

Das ist sehr häufig der Fall. Wir sehen bei unserer Arbeit immer wieder, wie Politikern falsche Aussagen zugeschrieben werden, zu denen wir keine Belege oder Hinweise auf die Quelle finden können. In den meisten der von uns beobachteten Fälle trifft das die Grünen, darunter Claudia Roth, Joschka Fischer oder Robert Habeck. Auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel ist ein beliebtes Ziel.

Nichts ist leichter, als jemandem etwas in den Mund zu legen

Über den Grund, warum Menschen Politikern falsche Zitate zuschreiben, können wir nur mutmassen. Klar ist aber: Ein Fake-Zitat ins Netz zu stellen ist womöglich die simpelste Form der politischen Desinformation.

Man greift sich eine Politikerin heraus, die für eine gegnerische Partei oder Idee steht, recherchiert (oder eben nicht) kurz zu ihren Themen und legt ihr dann einen Satz in den Mund. Das wird dann auf Spruchkarten gesetzt, anonym auf Reddit, Facebook, Instagram oder Pinterest hochgeladen, und fertig ist die potenzielle Rufschädigung.

Minimaler Aufwand, maximaler Ertrag: Nicht selten bekommt das Zitat dann ein Eigenleben, ein Schneeball-Effekt entsteht. Das Zitat zirkuliert über Jahre immer weiter, brennt sich in Köpfe. Die Aussage, obwohl an den Haaren herbeigezogen, fräst sich ins Gedächtnis und trägt zur politischen Meinungsbildung bei. In manchen Fällen sogar über Landesgrenzen hinweg.

So kursiert zum Beispiel seit 2014 ein angebliches Zitat von Christine Lagarde in verschiedenen Sprachen. Als Direktorin des Internationalen Währungsfonds soll sie gesagt haben, dass alte Menschen ein Risiko für die globale Wirtschaft darstellen würden. Belege dafür gibt es nicht – ein Blogartikel von 2019, in dem das behauptet wurde, wurde trotzdem zehntausendfach geteilt.

Falsche Zitate sollten daher nicht unterschätzt werden: sie sind und bleiben ein gefährliches und beliebtes Mittel, Politiker gezielt zu diskreditieren – und Wähler zu manipulieren.

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