Rund zwei Monate vor der wichtigen Bürgermeisterwahl in Istanbul hat die pro-kurdische türkische Oppositionspartei DEM zwei Kandidaten aufgestellt.
Meral Danis Bestas und ihr Parteikollege Murat Cepni seien am Freitag zum Spitzenduo für die Istanbuler Kommunalwahl am 31. März ernannt worden, erklärte die früher als HDP bekannte Partei der Völker für Gleichberechtigung und Demokratie (DEM). Falls das Kandidaten-Duo die Wahl gewinnen sollte, müsste die Partei entscheiden, wer von beiden ins Istanbuler Rathaus einzieht.
Die Namen der beiden relativ unbekannten Politiker wurden weniger als eine Woche nach dem unerwarteten Ausscheiden von Basak Demirtas bekannt gegeben, der Ehefrau des inhaftierten ehemaligen Co-Parteivorsitzenden der HDP, Selahattin Demirtas. Nach Einschätzung von Experten galt sie als chancenreichste Herausforderin des Amtsinhabers und Erdogan-Rivalen Ekrem Imamoglu von der Oppositionspartei CHP.
Beobachter vermuten, die Entscheidung der Partei für zwei weniger prominente Kandidaten könnte am ehesten eine Wiederwahl Imamoglus ermöglichen - und somit die Chancen von Präsident Recep Tayyip Erdogan schmälern, die Kontrolle über die grösste Stadt der Türkei zurückzuerobern.
Der Sieg des CHP-Kandidaten Imamoglu 2019 war durch die direkte Unterstützung der rechtsgerichteten Iyi-Partei und indirekt durch die HDP ermöglicht worden, die auf einen eigenen Kandidaten verzichtet hatte. Indem sich die Opposition gesammelt hinter Imamoglu stellte, konnte Erdogans islamisch-konservativer Kandidat Binali Yildirum besiegt werden. Dies beendete die 15-jährige AKP-Herrschaft im Rathaus Istanbuls.
Hoffnungen auf eine Wiederwahl Imamoglus hatten sich bereits getrübt, nachdem die Iyi-Partei im Dezember aus dem Oppositionsbündnis ausgestiegen war. Zudem ist Imamoglu wegen Beleidigung eines Amtsträgers zu fast drei Jahren Haft verurteilt und könnte zum Rücktritt gezwungen werden, sollte das Urteil aufrechterhalten werden.
Einigen türkischen Medien zufolge könnte Imamoglus Umfeld die DEM unter Druck gesetzt haben, im Gegenzug zu verschiedenen politischen Zugeständnissen einen weniger beliebten Kandidaten aufzustellen. Die türkischsprachige Ausgabe der BBC zitierte diese Woche einen hochrangigen Vertreter aus Imamoglus Umfeld mit den Worten, es sei "für den Bürgermeister selbstverständlich", Verhandlungen zu führen, die ihm im kommenden Monat zum Sieg verhelfen könnten.
Der inhaftierte Ex-HDP-Chef Demirtas erklärte in einem von seiner Frau veröffentlichten Statement: "Für uns sind der 1. April und seine Nachwirkungen wichtiger als die Wahlen am 31. März." Die Kurden sollten demnach mit Blick auf Zugeständnisse hinsichtlich umfassender politischer und kultureller Rechte mit allen grossen Parteien sprechen.
Erdogan hatte kürzlich seinen ehemaligen Umweltminister Murat Kurum als Kandidaten für die Bürgermeisterwahl in Istanbul präsentiert. Seit seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl im Mai ist es Erdogans erklärtes Ziel, die wichtige Wirtschaftsmetropole Istanbul zurückzugewinnen. © AFP
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