- Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat erneut wegen der Ausbreitung des Coronavirus Alarm geschlagen. Es führe kein Weg an Kontaktreduzierungen vorbei.
- RKI-Präsident Lothar Wieler sagte bei der Corona-Pressekonferenz: "Wenn die Infektionen nicht endlich massiv gebremst werden, dann wird die Versorgung in ganz Deutschland massiv eingeschränkt sein."
- Die neue Virus-Variante aus Südafrika wurde bisher nicht in Deutschland festgestellt. Ziel muss es laut Spahn sein, einen Eintrag noch zu verhindern.
Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister
Zu viele auch in politischer Verantwortung dächten, es werde schon gut gehen. Die Welle werde von den bisher stark betroffenen Regionen im Süden und Osten Deutschlands aber weiter gen Westen und Norden ziehen.
Spahn: Forderung nach Absage von Feiern und Grossveranstaltungen
Ganz kurzfristig mache jetzt nur eines den entscheidenden Unterschied, sagte Spahn: "Die Zahl der Kontakte muss runter, deutlich runter. Es nützt alles nichts." Konkret nannte er konsequente Zugangsregeln nur für Geimpfte und Genesene zusätzlich mit Test (2G plus), Absagen von Feiern und Grossveranstaltungen.
Das Beste wäre eine Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Bund schon in den nächsten Tagen, sagte Spahn. Der Minister beklagte, dass man sich gerade auf zu vielen Nebenschauplätzen wie neuen Impfpflichten oder neuen Corona-Gremien verkämpfe.
Notwendig sei jetzt auch, planbare Operationen in Kliniken zu verschieben. Innerhalb Deutschlands müssten nun bis zu 100 Intensivpatienten mit grossem Aufwand in andere Krankenhäuser verlegt werden.
Lothar Wieler: "Was muss denn noch geschehen?"
"Ich erwarte jetzt von den Entscheidern, dass sie alle Massnahmen einleiten, um gemeinsam die Fallzahlen herunterzubringen", sagte auch Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts, in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Spahn. "Der kommende Winter hängt von unserem Verhalten ab und von der Entscheidung der Verantwortungsträger, kontaktreduzierende Massnahmen zu entlassen."
Wieler sagte: "Wir stehen an einer Kreuzung, wir haben eine Wahl. Wir können den Weg wählen, der ins Chaos führt und zu einem schlechten Ende." Der Tanker fahre dann gegen die Kaimauer. "Oder den, der das Gesundheitssystem entlastet und vielleicht ein friedliches Weihnachtsfest ermöglicht und auch noch viel mehr Menschen am Weihnachtstisch sitzen lässt."
Angesichts von mehr als 100.000 Toten insgesamt und derzeit täglich mehr als 70.000 Neuinfektionen fragte Wieler: "Was muss denn noch geschehen, damit wir davon überzeugt sind, dass wir alle verfügbaren Massnahmen einleiten müssen, um diese vierte Welle zu brechen?"
Derzeit würden die noch freien Intensivbetten in den Kliniken dadurch erkauft, dass planbare Operationen verschoben oder ausgesetzt werden. "Wenn die Infektionen nicht endlich massiv gebremst werden, dann wird die Versorgung in ganz Deutschland massiv eingeschränkt sein."
Südafrika gilt als Virusvariantengebiet
Zuvor hatte der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister mitgeteilt, Deutschland werde Südafrika wegen der neu auftretenden Coronavirus-Variante B.1.1.529 zum Virusvariantengebiet erklären. Die Regelung trete in der Nacht zum Samstag in Kraft, Fluggesellschaften dürften dann nur noch deutsche Staatsbürger nach Deutschland befördern. Gegebenenfalls seien auch Nachbarländer Südafrikas betroffen.
B.1.1.529 ist nach Angaben des RKI bisher noch nicht in Deutschland entdeckt worden. "Bis halb 10 ist mir nicht bekannt, dass in Europa oder in Deutschland diese Variante bislang gefunden wurde", sagte Lothar Wieler. Zugleich betonte er: "Wir sind tatsächlich in sehr grosser Sorge."
Spahn betonte, Ziel müsse es sein, den Eintrag dieser Variante so weit wie möglich zu vermeiden. "Das ist das Letzte, was wir jetzt in unserer momentanen Lage noch brauchen können, dass in die Welle hinein noch eine zusätzliche Variante kommt." Spahn rief alle Menschen, die in den vergangenen Tagen aus Südafrika nach Deutschland gekommen sind, dazu auf, sich mit einem PCR-Test auf das Virus testen zu lassen.
Schon zwei Millionen Auffrischimpfungen
Laut Spahn gibt es aber eine gute Nachricht: "Die Impfkampagne zieht wieder an." In den vergangenen drei Tagen habe es mehr als 300.000 Impfungen gegeben. In dieser Woche seien schon zwei Millionen Auffrischimpfungen erfolgt. "Jede Impfung gibt Hoffnung, dass dieser Winter doch nicht so dunkel wird, wie es aktuell aussieht."(dpa/fab)
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