Die Herzstücke des Klimapakets der Bundesregierung können in Kraft treten. Dennoch muss noch einmal geschraubt werden. Die Länder zwingen den Bundestag zu Steuerfragen nochmal an den Verhandlungstisch. So geht es jetzt weiter.
Den einen geht es ums Geld, den anderen ums Klima. Einig sind die 16 Regierungen der Bundesländer sich jedenfalls: Am Klimapaket der Grossen Koalition muss nochmal geschraubt werden. Aber nur ein bisschen.
Der grosse Aufstand, den manche sich am Freitag im Bundesrat erhofft hatten, ist ausgeblieben. Deutschland bekommt erstmals ein Klimaschutzgesetz und einen CO2-Preis, der Benzin und Diesel, Heizöl und Erdgas langsam teurer machen soll. Die Grundpfeiler bleiben also bestehen, die Bundesregierung dürfte erleichtert sein. Was beschlossen wurde:
Fliegen wird teurer
Die Steuern auf Flugtickets werden zum April 2020 steigen, da Fliegen besonders klimaschädlich ist. Die Luftverkehrsteuer für Flüge im Inland und in EU-Staaten wird um mehr als 5 Euro auf 13,03 Euro pro Ticket, für längere Flüge bis 6.000 Kilometer um knapp 10 Euro auf 33,01 Euro angehoben.
Bei noch weiteren Flügen sollen 59,43 Euro fällig werden, etwa 18 Euro mehr als bislang. Airlines schlagen diese Steuer wohl zumindest teilweise auf die Flugpreise auf, aber wie genau sie ihre Preise gestalten, ist ihre Sache.
CO2-Preis wird eingeführt
Ab 2021 müssen Unternehmen, die fossile Kraft- und Heizstoffe in den Verkehr bringen, Verschmutzungsrechte für die Treibhausgase nachweisen, die daraus entstehen.
Das soll Sprit, Heizöl und Erdgas verteuern, klimafreundliche Technologien fördern. 2021 kostet das die wohl mehr als 4.000 betroffenen Unternehmen erst mal nur 10 Euro pro Tonne CO2 - das macht etwa 3 Cent pro Liter Sprit aus.
Der Preis steigt bis 2025 nach und nach auf 35 Euro. Ab 2026 sollen ein Stück weit Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen, aber zunächst mit einer Obergrenze von 60 Euro.
Klimaschutzgesetz wird festgelegt
Das Klimaschutzgesetz wird für die einzelnen Bereiche wie Verkehr, Landwirtschaft oder Gebäude festgelegt, wie viel CO2 sie in welchem Jahr ausstossen dürfen.
Wenn ein Bereich die Vorgaben nicht einhält, muss der zuständige Minister ein Sofortprogramm vorlegen, die Bundesregierung muss nachsteuern.
Das muss nachverhandelt werden
Die Länder haben einstimmig den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag angerufen, damit er sich eine Sammlung von Steueränderungen vornimmt. Darin geht es vor allem um Entlastung der Bürger und Fördergelder - unter anderem um die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung fürs Klima, also neue Fenster, Heizungen oder Isolation.
Auch die Erhöhung der Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer gehört dazu - und die Absenkung der Mehrwertsteuer für Bahntickets im Fernverkehr, die eigentlich ab Anfang 2020 kommen soll. Das macht Tickets günstiger und soll die klimafreundlichere Bahn attraktiver machen.
Deswegen sind die Länder unzufrieden
Kurz gesagt geht es vor allem ums Geld. Die Länder finden, dass die Einnahmen aus dem Klimapaket zu einseitig beim Bund landen und Länder und Kommunen zu viele Belastungen schultern müssen.
Vor allem die Grünen, die anders als die Grosse Koalition aus Union und SPD bisher nicht mitverhandeln konnten, wollen noch viel mehr: Die Erhöhung der Pendlerpauschale finden sie unsinnig, wenn Sprit zunächst kaum teurer wird, für die Förderung der Gebäudesanierung wollen sie ehrgeizige Mindeststandards.
Wie alle Grünen wollte Baden-Württemberg mit Ministerpräsident
So geht es jetzt weiter
Die Bundesregierung will eine schnelle Einigung - dann würde der Bundestag am 19. Dezember zustimmen und die Länder einen Tag später, am Freitag vor Weihnachten. Dann könnte auch die Mehrwertsteuersenkung bei der Bahn Anfang 2020 kommen.
Ob das klappt, dürfte auch von den Grünen abhängen, die in zehn Ländern mitregieren. Wenn sie geschlossen Nein sagen, müssen ihre Koalitionen sich enthalten - damit haben sie die Macht, Gesetze zu blockieren, die die Zustimmung des Bundesrats brauchen. Und das Steuerpaket ist so ein Gesetz.
Wie die Debatten jetzt laufen könnten, wurde am Freitag schon deutlich: Bayerns Ministerpräsident
Der Grüne Kretschmann, der eigentlich schon gesprochen hatte, ging daraufhin extra noch einmal ans Rednerpult, wandte sich direkt an den "geschätzten Kollegen Söder". Er wolle einer "Mythenbildung" vorbeugen - es gehe vielmehr um die Auflösung von Blockaden. Der Kampf um die Deutungshoheit hat begonnen.
So reagieren Politiker
Schleswig-Holsteins Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) hat deutliche Nachbesserungen am Klimapaket der Bundesregierung gefordert. "Das GroKo-Klimapaket reicht nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen", sagte er am Freitag.
Deutschland verliere weitere Jahre, um das Ruder rumzureissen. "Der dringend nötige Lenkungseffekt weg von fossilen Energieträgern und hin zum Einsatz Erneuerbarer Energien in allen Sektoren bleibt aus. Das ist bitter."
Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sagte mit Blick auf den Vermittlungsausschuss: "Ich fordere die Bundesregierung auf, nun unverzüglich in konstruktive Verhandlungen einzusteigen, damit sinnvolle Massnahmen wie die steuerliche Gebäudesanierung und die Senkung der Mehrwertsteuer für Bahnfahrten schnell in Kraft treten können." Sie hoffe, dass es gelinge, das Klima-Steuergesetz ökologischer und sozial gerechter zu gestalten.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verteidigte den CO2-Preis als Handel mit Verschmutzungsrechten, er sei ein grosser Schritt. "Überall ausserhalb Deutschlands wird dieses Klimapaket begrüsst", sagte er. Beim Steuerpaket wollte aber auch er nachverhandeln.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat den vorläufigen Stopp verteidigt. Das Klimapaket der Bundesregierung sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung für mehr Klimaschutz, sagte die SPD-Politikerin. "Allerdings ist es - anders als ursprünglich zugesagt - bisher nicht gelungen, eine faire Lastenverteilung zwischen dem Bund und den Ländern und Kommunen zu erzielen."
Insofern sei die einstimmige Anrufung des Vermittlungsausschusses richtig, in dem Bundestag und Bundesrat nun nach Kompromissen suchen müssen. Gleichzeitig drückte Schwesig aufs Tempo: "Ich will als Vorsitzende im Vermittlungsausschuss alles dafür tun, dass wir möglichst schnell zu gemeinsamen Ergebnissen kommen." (ff/dpa)
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