Nach dem grossen Corona-Ausbruch in Nordrhein-Westfalen stehen Menschen aus den Hotspots Gütersloh und Warendorf am öffentlichen Pranger und werden beleidigt. Mancherorts wird der Lack ihrer Autos zerkratzt. Die Bundesregierung verurteilt die Übergriffe scharf.

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Vermehrte Infektionen mit dem Coronavirus rücken bestimmte deutsche Städte und Regionen in die Schlagzeilen und somit den öffentlichen Fokus. Betroffen davon sind beispielsweise Gütersloh und Warendorf im Bundesland Nordrhein-Westfalen.

Dies führt inzwischen zu irrationalen Reaktionen. Menschen aus diesen Städten und Kreisen werden beleidigt, Autos mit entsprechenden Kennzeichen zerkratzt.

Seibert: "Inakzeptables und widerwärtiges Verhalten"

"Dass Menschen aus Gütersloh und Warendorf zum Teil beleidigt werden, dass Autos zerkratzt werden, das ist natürlich völlig inakzeptables und widerwärtiges Verhalten", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag. "Wir müssen einander gerade in schwierigen Situationen mit Respekt und Sympathie behandeln."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dankte in einem Telefonat mit Landrat Sven-Georg Adenauer "der Bevölkerung und allen, die für die Bewältigung dieser Krise arbeiten", wie Adenauer mitteilte.

Die betroffenen Bürger seien unverschuldet in die aktuelle Situation gekommen, betonte Merkel demnach in dem Telefonat. Durch den Lockdown und die damit verbundenen Beschränkungen leisteten die Bürger einen sehr wichtigen Beitrag, damit sich das Virus nicht in Deutschland ausbreiten könne, wurde Merkel weiter zitiert.

"Lockdown light" für 640.000 Einwohner

Nach dem massiven Virusausbruch beim Fleischbetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück gelten seit Mittwoch für die insgesamt rund 640.000 Menschen in den Kreisen Gütersloh und Warendorf wieder verschärfe Corona-Auflagen.

Bei Tönnies waren mehr als 1.400 Beschäftigte sowie weitere Menschen aus ihrem Umfeld positiv auf das Coronavirus getestet worden. Erste Ergebnisse grossangelegter Corona-Tests in der Bevölkerung erbrachten bisher keine Hinweise, dass das Virus in grossem Umfang auf Bereiche ausserhalb des Fleischbetriebs übergriff.

In den Urlaub nur nach negativem Corona-Test

Für die Bürger der beiden NRW-Kreise bringt der teilweise Lockdown dennoch zu Beginn der Sommerferien erhebliche Belastungen mit sich: In einer Vielzahl von Bundesländern gelten mittlerweile Beherbergungsverbote oder Quarantäne-Anordnungen für Urlauber aus den betroffenen Kreisen.

Ausnahmen sind nur möglich, wenn die Reisenden negativ auf das Coronavirus getestet wurden und einen entsprechenden aktuellen Nachweis vorlegen können.

Seibert wollte sich nicht zu entsprechenden Massnahmen mehrerer Bundesländer äussern. Solche Entscheidungen seien Ländersache. Er gab allerdings den Rat, "sich testen zu lassen und mit einem negativen Test die Möglichkeit haben zu reisen".

Nordrhein-Westfalens SPD-Chef Sebastian Hartmann forderte unterdessen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf, die Kreise Gütersloh und Warendorf zu besuchen. Hartmann sagte der "Saarbrücker Zeitung" vom Samstag, Spahn müsse "sich endlich in Gütersloh und Warendorf sehen lassen - er muss dort Präsenz zeigen".

Tönnies-Arbeiter entfernen sich unerlaubt aus Deutschland

Nach "Spiegel"-Informationen sollen sich manche Arbeiter den Quarantäne-Bestimmungen entzogen haben, die infolge des Corona-Ausbruchs bei Tönnies angeordnet worden waren. Fleischarbeiter aus dem Tönnies-Betrieb wurden in den vergangenen Tagen an der ungarisch-rumänischen Grenze gestoppt, wie das Magazin berichtete.

Demnach fingen Beamte dort zwischen Sonntag und Dienstag 15 Menschen ab, die aus ihren Quarantäne-Quartieren in Deutschland mit privaten Autos abgereist waren. (AFP/hau)

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