Kann ein Mann mit Neonazi-Vergangenheit und szenetypischem Tattoo in einem CDU-Kreisvorstand sitzen? Diese Frage sorgt mittlerweile in Sachsen-Anhalt wie bundesweit für eine heftige Debatte. In Magdeburg kriselt es sogar in der Kenia-Koalition. Glätten sich die Wogen?
Nach dem Koalitionsstreit in Sachsen-Anhalt um ein CDU-Kreisvorstandsmitglied mit Neonazi-Vergangenheit wollen die Christdemokraten den Fall intern aufarbeiten. Derzeit werde geprüft, ob alle Kreischefs kurzfristig am Donnerstagabend zu Beratungen nach Magdeburg kommen können, sagte CDU-Generalsekretär Sven Schulze am Montag der Deutschen Presse-Agentur.
Dabei solle es zum einen darum gehen, wie andere Kreisverbände die Entscheidung aus Anhalt-Bitterfeld bewerten, das Vorstandsmitglied Robert Möritz trotz eingeräumter Neonazi-Vergangenheit einstimmig den Rücken zu stärken. Zudem solle besprochen werden, wie die Landes-CDU mit der scharfen Kritik des grünen Koalitionspartners umgehen sollte.
Aus Sicht der SPD-Bundesvorsitzenden
Der Streit um Möritz hatte sich am Samstag zu einer Koalitionskrise ausgewachsen. Zuvor war bekannt geworden, dass dieser unter anderem 2011 als Ordner an einer Neonazi-Demo beteiligt gewesen war. Ausserdem bekannte er sich lange zum umstrittenen Verein Uniter. Sein Kreischef Matthias Egert räumte ein, dass Möritz ein Tattoo einer sogenannten Schwarzen Sonne auf dem Arm trägt, ein bei Rechtsradikalen beliebtes Motiv aus übereinanderliegenden Hakenkreuzen.
"Wie viele Hakenkreuze haben Platz in der CDU?"
Möritz hatte sich Ende voriger Woche bei einer Sondersitzung der Kreis-CDU erklärt und sich den Verantwortlichen zufolge von seinen Verbindungen zur Neonazi-Szene distanziert. Der Kreisvorstand beschloss daraufhin ohne Gegenstimme, auf einen Ausschluss aus dem Gremium oder der Partei zu verzichten. Diese Entscheidung sorgte bundesweit für Kritik - auch aus der Union. "Ich verfolge das Geschehen in Sachsen-Anhalt mit einer gewissen Sprachlosigkeit", sagte etwa der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz.
Der Verein Uniter bestätigte, dass Möritz seit Sonntag nicht mehr Mitglied ist. Mit Blick auf sein öffentliches Amt habe das Präsidium dem Wunsch auf Aufhebung der Mitgliedschaft unverzüglich stattgegeben, teilte der Verein am Montag auf Anfrage mit. Laut Satzung wäre ein Austritt eigentlich nur mit drei Monaten Vorlauf zum Jahresende möglich - Möritz wäre dann bis Ende 2020 Mitglied geblieben. Kritiker sagen dem Verein Uniter Verbindungen ins rechtsextreme Milieu nach. Die Behörden prüfen laut Bundesregierung Hinweise auf extremistische Bestrebungen.
Unterdessen gingen die Parteien der schwarz-rot-grünen Koalition in Magdeburg ein Stück weit aufeinander zu. Er habe am Wochenende mit den Koalitionspartnern telefoniert, berichtete Schulze. Die Grünen bekannten sich zu dem Bündnis mit CDU und SPD. "Wir haben einen Koalitionsvertrag, den wollen wir gerne abarbeiten", sagte Landeschef Sebastian Striegel der dpa. "Am Ende muss die CDU die Frage für sich beantworten, ob jemand, der ein dreifaches Hakenkreuz-Emblem auf dem Ellbogen hat, bei ihnen als Funktionär tätig sein kann."
Die Grünen hatten am Wochenende mit Bezug auf das Tattoo in einer Mitteilung gefragt "Wie viele Hakenkreuze haben Platz in der CDU?" Die Konservativen reagierten empört, sahen 6500 Mitglieder unter Generalverdacht gestellt. Landesgeneralsekretär Schulze forderte eine umgehende Entschuldigung und drohte andernfalls mit dem Ende der Koalition. Striegel verwies darauf, dass die Mitteilung keinesfalls alle Christdemokraten unter Generalverdacht stellen sollte. (br/dpa)
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