Nach den jüngsten Ausschreitungen in Chemnitz steht die Polizei in teils starker Kritik. Jetzt wurde bekannt: Der Verfassungsschutz hat bereits im Vorfeld vor mehreren tausend Neonazis gewarnt. Trotzdem gab es beim Einsatz Personalmangel. Sachsens Ministerpräsident Kretschmer spricht dennoch von einem "super Job".

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Nach dem Aufmarsch Rechtsextremer und den Ausschreitungen in Chemnitz hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) die Polizeiführung gegen Kritik in Schutz genommen.

"Die Polizei hat einen super Job gemacht", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Die vielen Demonstranten unterschiedlicher Gruppen wurden auseinandergehalten. Straftaten wurden dokumentiert und werden jetzt rechtlich verfolgt."

Auslöser für die Geschehnisse war eine tödliche Auseinandersetzung in der Nacht zu Sonntag zwischen Deutschen und Ausländern, wobei ein 35 Jahre alter Chemnitzer starb. Gegen einen Syrer und einen Iraker wurden Haftbefehle erlassen. Die Hintergründe der Tat sind noch unklar, aber die rechte Szene schürte in sozialen Netzwerken Gerüchte und machte gegen Ausländer mobil.

"Wir werden es nicht zulassen, dass Opfer von Rechtsextremen instrumentalisiert werden", sagte Kretschmer der Zeitung.

Verfassungsschutz warnte sächsische Polizei

Unterdessen wurde bekannt, dass der Verfassungsschutz die sächsische Polizei vor einem organisierten Aufmarsch von Neonazis gewarnt und eine Zahl "im unteren bis mittleren vierstelligen Bereich" genannt hatte, so die "Bild"-Zeitung nach den Aufmärschen und Ausschreitungen am Montag.

Dabei seien Menschen, die von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch machen wollten, noch gar nicht erfasst gewesen. "Warum das in die Lageeinschätzung nicht ausreichend eingeflossen ist, entzieht sich unserer Kenntnis", sagte Verfassungsschutz-Sprecher Martin Döring.

Keine Vorkommnisse in der Nacht zu Mittwoch

Am Montagabend waren 6.000 Demonstranten aus dem eher rechten Spektrum, darunter gewaltbereite Neonazis und Hooligans, etwa 1.500 Gegendemonstranten gegenüber gestanden - dazwischen knapp 600 Polizisten.

Im Nachhinein hatte die Polizei Personalmangel eingeräumt und bestätigt, dass der Einsatz "nicht störungsfrei" verlaufen war. Mindestens 18 Demonstranten beider Lager und zwei Polizisten wurden dabei verletzt.

Nach den Ausschreitungen der vergangenen Tage ist es in der Nacht zu Mittwoch in Chemnitz ruhig geblieben. Es habe keine grösseren Vorkommnisse gegeben, sagte ein Polizeisprecher am Morgen. (dpa/kad)  © dpa

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