Zwischen Deutschland und China droht diplomatische Verstimmung, die die Züge eines Eklats tragen. Grund ist eine Stellungnahme auf der Webseite der chinesischen Botschaft, in der die deutsche Politik wegen kritischer Äusserungen zur Menschenrechtssituation in China angegangen wird. Ein Bundestagsabgeordneter berichtet gar von Einschüchterungsversuchen am Telefon.

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Nach einer Bundestagsdebatte über die Menschenrechtslage in der chinesischen Provinz Xinjiang versucht China, die Bundesregierung unter Druck zu setzen.

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Die chinesische Botschaft in Deutschland veröffentlichte auf ihrer Webseite eine Stellungnahme, in der es hiess, man sei über diese Beratung vom Donnerstag "äusserst unzufrieden" und bringe "dem deutschen Bundestag und der Bundesregierung ernsthafte Demarche (diplomatischer Protest) entgegen".

Die Vorwürfe seien willkürlich und stellten "eine eklatante Einmischung in die inneren Angelegenheiten und eine grobe Verletzung der Souveränität Chinas dar". Zuvor hatten Spiegel Online und der Bayerische Rundfunk über das Schriftstück berichtet.

Bundestagsdebatte hat ein Nachspiel

Indirekt wird darin mit negativen Folgen gedroht: Man hoffe, dass die deutsche Seite den Protest ernst nehmen werde, "um sicherzustellen, dass die deutsch-chinesischen Beziehungen sich auch weiterhin in die richtige Richtung entwickeln".

China wehre sich "entschlossen gegen die Politisierung und Instrumentalisierung der Menschenrechte und damit die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder." Dies stelle auch eine Verletzung internationaler Regeln dar.

China fordere den Bundestag auf, "das Gesamtbild der deutsch-chinesischen Beziehungen ins Auge zu fassen und die ungerechtfertigten Vorwürfe gegen China, sowie die Einmischung in Chinas innere Angelegenheiten zu unterlassen".

Der Bundestag hatte am Donnerstag über die Menschenrechtslage in der Provinz diskutiert. Zahlreiche Staaten hatten China zuvor bereits vor dem UN-Menschenrechtsrat für seinen Umgang mit der muslimischen Volksgruppe der Uiguren scharf kritisiert, von denen zehn Millionen in der Provinz leben sollen.

Nach offiziell unbestätigten Berichten sollen bis zu eine Million Angehörige des Turkvolkes in Umerziehungslagern einsitzen.

Am Sonntag reist Aussenminister Heiko Maas (SPD) mit einer Wirtschaftsdelegation zu seinem Antrittsbesuch nach Peking. Er will dort auch über die Lage der Volksgruppe sprechen. Peking wirft den Uiguren dagegen vor, für Anschläge und Unruhen verantwortlich zu sein.

Brand: "Deutsches Parlament lässt sich nicht drohen"

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Margarete Bause sagte dem Bayerischen Rundfunk, sie verwahre sich gegen derlei Einmischungen, Mahnungen oder gar Drohungen. In Bauses Büro hatte demnach auch ein Mitarbeiter der Botschaft angerufen, um den Unmut der Chinesen zu artikulieren.

Der menschenrechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Michael Brand, kritisierte Chinas Reaktion auf die Bundestagsdebatte scharf.

"Das geht gar nicht. Das deutsche Parlament lässt sich nicht drohen und schon gar nicht vorschreiben, was es zu diskutieren hat oder nicht", sagte Brand Spiegel Online.

Maas müsse das deutlich machen. Peking gehe es nicht allein um wirtschaftliche Dominanz, sondern um den Angriff des freiheitlichen Systems des Westens. (dpa/mwo)

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