Jeden Tag meldet China einen weiteren Rekordanstieg bei Infektionen mit dem Coronavirus. Auch die Aktienmärkte in der Volksrepublik bekommen die Auswirkungen der Epidemie zu spüren und sacken zum Wochenbeginn deutlich ab. In Deutschland ist der neuartige Erreger inzwischen bei zehn Patienten nachgewiesen worden.

Mehr aktuelle News finden Sie hier

In China sind schon jetzt mehr Menschen durch das neuartige Coronavirus ums Leben gekommen als bei der Sars-Pandemie vor 17 Jahren.

Die Gesundheitskommission in Peking meldete am Montag den bisher stärksten Anstieg der Infektionen und Todesfälle innerhalb eines Tages. An der Lungenkrankheit starben demnach erneut 57 Menschen. Damit stieg die Gesamtzahl auf 361 Tote - mehr als es 2002/2003 in der Volksrepublik durch das Schwere Akute Atemwegssyndrom (Sars) gegeben hatte. Weltweit waren damals allerdings 774 Tote zu beklagen gewesen.

Die Zahl der bestätigten Infektionen mit dem Coronavirus in China kletterte den Angaben zufolge erneut sprunghaft um 2.829 auf 17.205 Fälle. Die Behörden sprachen zudem von mehr als 20.000 Verdachtsfällen.

Coronavirus lässt Chinas Aktienmärkte absacken

Die rasante Verbreitung des Virus liess zum Wochenbeginn Chinas Aktienmärkte um rund neun Prozent absacken. Die Börsen öffneten am Montag erstmals wieder nach den - wegen des massenhaften Ausbruchs der Lungenkrankheit verlängerten - Ferien zum chinesischen Neujahrsfest.

Chinas Regierung versuchte das Finanzsystem zu stärken und die Auswirkungen der Epidemie abzufedern - unter anderem mit einer ungewöhnlich hohen Geldspritze von 1,2 Billionen Yuan (rund 156 Milliarden Euro) für Geschäftsbanken, um den chinesischen Geldmarkt und das Bankensystems zu stabilisieren.

Das Geld fliesst im Rahmen sogenannter Repo-Geschäfte. Dabei hinterlegen Banken Wertpapiere als Sicherheiten. Laut dem Finanzdienst Bloomberg ist die Geldspritze die grösste seit 2004. Weltweit hat die Ausbreitung des Virus den Börsen in den vergangenen Tagen gehörig zugesetzt.

Immer mehr Länder evakuieren Staatsbürger aus Wuhan

Weltweit sind rund 180 Erkrankungen in zwei Dutzend anderen Ländern bestätigt. Auf den Philippinen starb am Wochenende ein Chinese aus der besonders schwer betroffenen zentralchinesischen Metropole Wuhan - der erste Todesfall ausserhalb Chinas.

In Deutschland ist das Virus bei zehn Menschen nachgewiesen. Unter ihnen sind zwei am Samstag mit einer Bundeswehrmaschine aus Wuhan ausgeflogene Deutsche.

Auch immer mehr andere Länder holen ihre Staatsbürger heim. In Frankreich traf am Sonntag ein zweiter Flieger mit 250 Rückkehrern aus Wuhan ein. Etwa 20 Passagiere zeigten allerdings Symptome einer Infektion, wie Gesundheitsministerin Agnès Buzyn mitteilte. Testergebnisse lagen zunächst nicht vor. Ausser eigenen Staatsbürgern hat Frankreich auch Belgier, Niederländer, Österreicher und Dänen ausgeflogen. Alle kamen in Quarantäne in einem Feriendorf bei Marseille. In Frankreich sind bisher sechs Virus-Fälle bestätigt.

Auch Brasilien will jetzt doch Staatsbürger ausfliegen. Verzweifelte Brasilianer, die in Wuhan festsitzen, hatten ein Video auf YouTube veröffentlicht, in dem sie sich direkt an den Präsidenten Jair Bolsonaro wenden.

Dieser hatte zuvor rechtliche Hindernisse als Hürde für Hilfsflüge geltend gemacht: Es fehle dem Land an Gesetzen, um Menschen in Quarantäne zu nehmen. Jetzt heisst es, dass Rückkehrer entsprechend internationaler Verfahren behandelt werden sollten.

Infizierten China-Rückkehrern in Deutschland "medizinisch wohlauf"

Den beiden infizierten deutschen Heimkehrern geht es nach Einschätzung der Ärzte gut. "Sie werden gegenwärtig isoliert stationär betreut und sind medizinisch wohlauf", sagte der Ärztliche Direktor des Uniklinikums Frankfurt, Jürgen Graf.

Sie waren mit 122 weiteren Deutschen und deren Angehörigen mit einem Bundeswehrflugzeug aus Wuhan nach Frankfurt am Main ausgeflogen worden.

Nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatten die beiden zunächst keine Symptome gezeigt. So wurden sie nach medizinischen Untersuchungen mit anderen Passagieren zu der Kaserne nach Germersheim gebracht. Da die Erkrankung bis zu zwei Wochen nach der Infektion ausbrechen kann, ist die zweiwöchige Quarantäne nötig.

Der Leiter des Frankfurter Gesundheitsamts, René Gottschalk, warnte derweil vor Panikmache: "Ich habe vor der Grippe deutlich mehr Angst - aus Sicht der Gesundheitsbehörden - als vor diesem Virus. Nach allem, was wir wissen, ist der Verlauf in Europa sehr mild."

Infizierte Webasto-Mitarbeiter "in guter Verfassung"

Die anderen acht Infizierten in Deutschland haben sich allesamt hierzulande mit dem Erreger angesteckt. Ihre Fälle stehen im Zusammenhang mit der Firma Webasto in Bayern, die chinesische Mitarbeiter zu Besuch hatte. Angesteckt haben sich sieben Angestellte des Autozulieferers und das Kind eines Infizierten.

Alle acht sind nach Auskunft des bayerischen Gesundheitsministeriums in guter Verfassung. Ein weiterer infizierter Deutscher wurde auf der Kanareninsel La Gomera registriert. Er soll Kontakt zu einem in Deutschland infizierten Patienten gehabt haben.

Mehrere Länder haben Einreiseverbote oder -beschränkungen für Menschen aus China verfügt, nach den USA zuletzt auch Neuseeland, Australien und Israel. China hat seinen Staatsbürgern vergangene Woche von Reisen ins Ausland abgeraten und bekämpft die Ausbreitung im Land mit radikalen Massnahmen. In der Krisenregion in Zentralchina sind 45 Millionen Menschen in mehreren Städten von der Aussenwelt abgeschnitten, indem die Verkehrsverbindungen gekappt wurden.

Auch andere Städte in der Volksrepublik haben Überlandverbindungen mit Bussen ausgesetzt sowie Flüge und Züge reduziert. Die Metropole Wenzhou - mehr als 800 Kilometer östlich von Wuhan - hat praktisch eine Ausgangssperre für die neun Millionen Einwohner verhängt. Jede Familie dürfe lediglich ein Mitglied auswählen, das alle zwei Tage zum Einkaufen rausgehen könne, teilte die Stadtregierung mit. (jwo/dpa)  © dpa

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.