Katastrophenszenarien und Gefahrenlagen bieten jenen, die sie managen müssen, immer auch Chancen, sich zu profilieren. Das aktuellste Beispiel sind die Auftritte von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Zuge der weltweiten Ausbreitung des Coronavirus. Im Hintergrund schwingt immer die zu klärende Kanzlerfrage in der Union mit.

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Jens Spahn versteht es, sich zu inszenieren: Kaum ein Tag vergeht derzeit, an dem sich der 39-jährige Gesundheitsminister von der CDU nicht vor laufender Kamera zum Coronavirus äussert.

Im Gepäck hat er dabei stets eine doppelte Botschaft: Die Lage ist ernst - aber wir haben sie im Griff.

Der umtriebige Ressortchef präsentiert sich als Mann der Tat und empfiehlt sich damit für höhere Weihen. Denn Ambitionen auf das Kanzleramt werden ihm schon lange nachgesagt, und die K-Frage ist bei der CDU offener denn je.

Spahns Betriebsamkeit ist Beleg für seine Ambitionen: Am Freitag erlässt er eine Eilverordnung, um bereits Verdachtsfälle auf Corona meldepflichtig zu machen. Tags darauf beschwichtigt er bei einem Auftritt in Bonn, dem neuen Virus sollten "alle mit der nötigen Gelassenheit" begegnen. "Wir haben für jede Entwicklung Pläne", zeigt sich Spahn dann am Montag überzeugt. "Wir haben gelernt aus den letzten Jahren."

Jens Spahn hat die Gefahrenlage im Griff

Die Botschaft: Der Krisenmanager Spahn hat alles im Griff. Mit seinen Corona-Aktivitäten setzt der ehrgeizige Minister einen Politikstil fort, den er seit seinem Amtsantritt vor gut zwei Jahren pflegt: Kaum eine Woche vergeht, in der Spahn nicht mit einer neuen Gesetzesinitiative aufwartet: Mal geht es um Fettabsaugen auf Krankenschein, mal um schnellere Arzttermine, mal um Gesundheits-Apps auf Rezept.

"Er schafft eine Menge weg", lobte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Minister. Da stört es denn auch kaum, wenn ihm Kritiker eine Nähe zur Apothekerlobby vorwerfen oder ein Projekt scheitert - wie zuletzt das Vorhaben, die doppelte Widerspruchslösung bei der Organspende einzuführen.

Und es muss Spahn auch nicht bekümmern, dass er im Rennen um den CDU-Vorsitz 2018 abgeschlagen hinter Friedrich Merz und der schliesslich siegreichen Annegret Kramp-Karrenbauer auf Platz drei landete. Niederlagen kann der Gesundheitsminister gut wegstecken, schliesslich hat er einen langen Atem - und ist noch jung.

Und lernfähig dazu: Wartete der ausgewiesene Konservative aus dem Münsterland einst mit deutlicher Kritik an der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin oder umstrittenen Wortmeldungen zu Hartz IV auf, spart er sich derzeit ressortfremde Seitenhiebe - und konzentriert sich ganz auf sein ministerielles Kerngeschäft.

Im Eiltempo nach oben auf der Karriereleiter

Spahn weiss, was er tut - schliesslich kann er trotz seines jungen Alters bereits auf eine beachtliche Karriere zurückblicken: Mit nur 22 Jahren wurde der Bankkaufmann und Politologe 2002 erstmals in den Bundestag gewählt - sieben Jahre später übernahm er den Posten des gesundheitspolitischen Sprechers der Union.

Ende 2014 schaffte der mit einem Journalisten verheiratete Politiker bei einer Kampfkandidatur den Sprung ins CDU-Präsidium, 2015 wurde er unter dem damaligen Finanzminister und jetzigen Präsidenten des Deutschen Bundestags, Wolfgang Schäuble, Parlamentarischer Staatssekretär.

In der neuen "Groko" holte Merkel dann den konservativen Partei-Rebellen ins Kabinett - wohl auch, um ihn einzubinden und zu disziplinieren.

Dort sitzt er fest im Sattel und macht nicht den Eindruck, als wolle er sich so schnell wieder vertreiben lassen. Mit Spahn wird noch zu rechnen sein. (Jürgen Petzold/AFP/hau)

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