"Kein Schütteln, kein Rühren." Mit James-Bond-Anleihen und bislang einmaliger Offenheit will der Bundesnachrichtendienst sichtbarer werden. Es geht um die Zukunft der Agenten.
Ein kryptisches Logo, viel Bass, etwas Bond: Mit mehr Offenheit und einem moderneren Auftritt will der Bundesnachrichtendienst sein Image aufpolieren. Am Freitag hat der deutsche Auslandsgeheimdienst eine Aktion gestartet, mit der er aus dem Schatten des Geheimen treten will - seit Jahrzehnten sein Markenzeichen. Der Grund für den beispiellosen Spagat der BND-Spione zwischen traditioneller Geheimhaltung und neuer Sichtbarkeit: Der Dienst ringt mit Arbeitgebern auf dem freien Markt und anderen Sicherheitsbehörden um Fachkräfte. Dafür ändert der BND nun sein komplettes äusseres Erscheinungsbild.
"Vom Mysterium zur Marke" lautet ein Schlagwort beim BND, aus dem sich das Ziel der Mission ablesen lässt, mit der die Spione seit eineinhalb Jahren im Verborgenen am neuen Erscheinungsbild gefeilt haben. An diesem Wochenende beginnt auch eine Plakataktion, erst in Bonn und Berlin, dann im Grossraum München und anderen Städten. Doch dazu später.
Fachkräftemangel und Demografieprobleme auch beim BND
"Wir haben mehr Altersabgänger, als wir junge Leute finden können", erläutert Bruno Kahl, Präsident des BND, den Hintergrund für die ungewöhnliche Öffnung. "Unser Job ist nicht wie jeder andere." Es gibt langwierige und harte Sicherheitsüberprüfungen, Handys am Arbeitsplatz sind verboten, Homeoffice in der Regel auch - ganz zu schweigen davon, dass auf dem freien Markt auch besser verdient werden kann. Und selbst wenn sie stolz auf ihre Arbeit sind: BND-Spione dürfen Zuhause oder im Freundeskreis nichts über ihre Arbeit erzählen.
Auffälligstes neues BND-Merkmal: Die Bildmarke mit dem für das Digitale optimierten Adler-Signet. Mit dem neuen Erscheinungsbild (Corporate Design) weicht der BND von den Vorgaben der Bundesregierung ab, die etwa fürs Kanzleramt oder die Ministerien gelten: Links der Bundesadler, in einem schmalen Streifen die Farben Schwarz-Rot-Gold der Bundesflagge, rechts der Behördenname. Beim BND sieht das jetzt ganz anders aus: Adler, daneben das Kürzel BND. Und neue Farben. Als nachgeordnete Behörde darf er das.
Von der "Fetten Henne" zum Krypto-Adler
Mehr Prägnanz, mehr Alleinstellung, mehr Aufmerksamkeit - das ist die Gleichung, an deren Ende mehr Mitarbeiter stehen sollen. Liebevoll wurde der Bundesadler im damaligen Bonner Bundestag "Fette Henne" genannt. Beim BND hat sich das Wappentier zum "Adler mit BND-Typik" gewandelt, wie das Signet intern heisst. Der Adler ist deutlich erkennbar. Doch seine Darstellung soll nach der Vorstellung jener, die ihn entworfen haben, eine Menge moderne und digitale Verbindungslinien zum Auftrag und zur Arbeit des Geheimdienstes ziehen.
Globus - Funkwellen - Fingerabdruck
So deute die runde Adler-Form einen Globus an - das soll Weltoffenheit und Auslandsbezug symbolisieren. Wer will, kann auch ein Funkwellensymbol erkennen - steht für Vernetzung, Aufklärung und Informationsbeschaffung. Oder einen Fingerabdruck - Zeichen für das Geheime. Mit der Gestaltung des BND-Adlers in durchbrochenen und konzentrischen Kreisen wollen dessen Schöpfer an die Sitzordnung im Bundestag erinnern - und an die demokratische Legitimation der Arbeit der Auslandsspione.
Das Logo solle "zum einen unseren Staat zeigen, es soll zum anderen die Partizipation zeigen", erklärt BND-Präsident Bruno Kahl, der in der Geheimdienstzentrale in Berlin den Ausstellungsstand zeigt, mit dem man auf Computer- und Jobmessen oder an Universitäten um Nachwuchs werben will.
Auch mit knalligen Farben - lila, petrol, gelb - und basslastigen Rhythmen im Stil von Spionagethrillern wirbt der BND um mehr Aufmerksamkeit. Man wolle "attraktiv sein und Assoziationen wecken, die auch die positiven Seiten unseres Berufes darstellen", sagt Chef-Spion Kahl. "Wir müssen natürlich dahin gehen, wo die jungen Leute sind. Und wir müssen auch die Sprache sprechen, die junge Leute sprechen", begründet er die neue Offenheit.
BND wirbt mit doppeldeutigem Slogan
Mit einer externen Agentur hat die BND-Spitze Workshops organisiert und Marktforschung betrieben. Eine Summe im sechsstelligen Bereich habe der neue Markenauftritt gekostet - konkreter will man beim BND nicht werden.
Herausgekommen ist der doppeldeutige Slogan "Komm dahinter", mit dem der BND aus der Nachwuchs-Misere herauskommen will. Man wolle Talente neugierig machen, hinter die Kulissen zu blicken, heisst es. Laut Kahl will der BND vom Schulabgänger bis zum Hochschulabsolventen Menschen im Alter zwischen 15 und etwa 35 ansprechen. "Man kann bei uns lernen, Spion zu werden", sagt der BND-Präsident. Mit gut 450 Berufen gebe es Einstiegsmöglichkeiten für alle Bildungskategorien - vom Handwerker bis zum Akademiker.
Geteiltes Echo im parlamentarischen Bereich
Der Vorsitzende des Parlamentarischen Gremiums zur Kontrolle der Geheimdienste, Konstantin von Notz (Grüne), sagt der dpa, der BND versuche in einer schwieriger werdenden Welt Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu schützen. "Die neue Arbeitgebermarke kann ein Baustein dafür sein, für diese wichtigen Aufgaben junge und engagierte Mitarbeiter zu finden und zu binden." Sein Stellvertreter, der CDU-Aussenexperte Roderich Kiesewetter, kritisiert dagegen, er halte Kampagne und Symbolik nicht für zielführend. "Weder das neue Logo noch die Botschaften machen deutlich, um was es in der aktuellen Bedrohungslage gehen muss und warum der BND so wichtig ist."
"Stell dir vor, DU wirst vom BND gesucht"
Doppeldeutigkeit und Spionage-Motive: BND-Präsident Kahl gefällt eines der neuen Plakatmotive besonders, mit denen sein Dienst für mehr Aufmerksamkeit sorgen will. "Stell dir vor, DU wirst vom BND gesucht" steht gross darauf. Und klein darunter: "Als Teil des Teams." Das sei sein Lieblingsplakat, "weil es erstens das Anliegen sehr gut auf den Punkt bringt und weil das zweitens natürlich mit einem gewissen Klischee gegenüber dem BND spielt". Ein anderes Motiv dürfte auch für Aufsehen sorgen: "Wir suchen Terroristen (m/w/d) Finde sie mit uns", heisst der Text. Und dann gibt es da noch das Plakat mit der Aufschrift: "Kein Schütteln, kein Rühren. Einfach bewerben." Da ist er wieder, der ewige Bond. (dpa/jos)
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