Seehofer, Söder & Co. wollen die Personaldiskussion nach dem Wahldebakel in Bayern auf die Zeit nach der Regierungsbildung verschieben. Doch nicht alle in der Partei halten die Füsse still. Seehofer zeigte sich zuletzt offen für Diskussionen um personelle Fragen - Söder will er dann aber nicht ungeschoren davonkommen lassen.

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Der CSU-Vorsitzende und Bundesinnenminister Horst Seehofer kommt nach den herben Verlusten seiner Partei bei der Landtagswahl weiter unter Druck. Als erster der grossen CSU-Bezirksverbände forderte die CSU Schwaben einen Sonderparteitag, bei dem explizit über die "Aufstellung" für die kommenden Jahre entschieden werden müsse.

Das beschloss eine Bezirksvorstandssitzung unter Leitung des CSU-Bezirksvorsitzenden Markus Ferber am Freitagabend, wie die Deutsche Presse-Agentur von Teilnehmern erfuhr. Ähnlich war die Stimmung nach übereinstimmenden Teilnehmerangaben in einer Bezirksvorstandssitzung der Oberfranken-CSU.

Auch mehrere Kreisverbände fordern Seehofers Ablösung.

Stamm fordert Weber statt Seehofer als CSU-Chef

Die scheidende Landtagspräsidentin Barbara Stamm hat den Kurs ihrer Partei kritisiert und personelle Veränderung an der Spitze angemahnt. Die Partei habe das Thema Asyl und Flüchtlinge überhöht, sagte die CSU-Politikerin dem Bayerischen Rundfunk (BR) am Samstag.

Damit habe die CSU dazu beigetragen, dass die Ängste der Menschen nicht abgebaut worden seien. Jetzt müsse sich die Partei wieder stärker um die politische Mitte kümmern.

Als Nachfolger von Parteichef Horst Seehofer schlug Stamm im "B5-Interview der Woche" den Europapolitiker Manfred Weber vor.

Stoiber warnt CSU vor Rücktrittsforderungen

Hingegen warnte der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber seine Partei vor Rücktrittsforderungen an Seehofer.

Dem Nachrichtenmagazin "Focus" sagte der CSU-Ehrenvorsitzende, es gehe zunächst einmal darum, eine stabile Regierung zu bilden. Stoiber sagte, Seehofer sei "ein echtes CSU-Kaliber, der grosse Verdienste um die Partei hat". Die CSU brauche eine geordnete Debatte in der Partei.

Bei der Landtagswahl am vergangenen Sonntag war die CSU auf 37,2 Prozent abgestürzt und hatte damit auch ihre absolute Mehrheit verloren. Gegenwärtig verhandelt sie mit den Freien Wählern über eine Koalitionsregierung.

Ein "Weiter so" darf es nicht geben

Im Beschluss der Bezirksvorstandssitzung der CSU Schwaben, der der dpa vorliegt, heisst es, man sei der festen Überzeugung, dass es nach der Landtagswahl kein "Weiter so" geben dürfe.

Man werde das Wahlergebnis auf Orts-, Kreis- und Bezirksverbandsebene analysieren und "hält es für selbstverständlich, dass dieser Prozess bei einem Sonderparteitag seine Fortsetzung und seinen Abschluss findet". Und weiter: "Dieser Sonderparteitag muss auch über unsere Aufstellung für die kommenden Jahre entscheiden."

In der Bezirksvorstandssitzung gab es nach Teilnehmerangaben auch direkte Rücktrittsforderungen an die Adresse Seehofers. Andere hätten darauf verwiesen, dass die Regierungsbildung in Bayern Vorrang habe.

Waigel: "Konsequenzen erforderlich"

Zuletzt hatte auch Theo Waigel, früherer Bundesfinanzminister und ebenfalls CSU-Ehrenvorsitzender, personelle Konsequenzen nach dem Wahldebakel verlangt. "Verantwortung und Konsequenzen sind erforderlich: inhaltlich, strategisch und personell", schrieb er in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung" und den "Münchner Merkur".

Den unter Druck geratenen Seehofer erwähnte er nicht namentlich, schrieb aber unmissverständlich zu Seehofers Positionen: "Die Wiederbelebung der Flüchtlingsdebatte hat uns nichts genützt."

Seehofer hatte sich in den vergangenen Tagen bereits offen für einen Parteitag gezeigt. Das will er aber mit den CSU-Bezirksvorsitzenden entscheiden. Dann solle über Konsequenzen aus der Wahlpleite entschieden werden - dazu zählten auch personelle Fragen, "über die zu diskutieren ich durchaus auch bereit bin", sagte er am Dienstag.

Eigentlich läuft Seehofers Amtszeit als CSU-Chef bis Ende 2019.

Seehofer droht Söder mit Abrechnung

Allerdings will Seehofer dabei einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Spiegel" zufolge auch Ministerpräsident Markus Söder nicht ungeschoren davon kommen lassen.

Seehofer habe "in kleinem Kreis" darauf hingewiesen, dass die CSU nach dem Sturz des damaligen CSU-Vorsitzenden Stoiber 2007 bei der folgenden Landtagswahl starke Verluste erlitten hatte. Nun habe sich das wiederholt, nachdem Söder ihn, Seehofer, aus dem Amt gedrängt habe.

"Revolutionen kosten Stimmen", habe der CSU-Chef nach Angaben von Gesprächspartnern gesagt.

Seehofer, Söder und andere CSU-Spitzenpolitiker hatten allerdings zuletzt betont, dass die Regierungsbildung in Bayern Priorität haben müsse. Die Frist für die Ministerpräsidentenwahl läuft bis zum 12. November.  © dpa

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