Ein Vorstoss von Daniel Regli im Zürcher Gemeinderat vom Samstag zieht nun weite Kreise. Die SP hat den Rücktritt des SVP-Politikers gefordert, dessen eigene Partei lehnte eine Entschuldigung ab. Doch was war passiert?
Eigentlich ging es in der Debatte des Zürcher Gemeinderats am Wochenende um die Fachstelle der Stadt Zürich für sexualpädagogische Beratung, "Lust und Frust". Regli sollte während seines Votums die offizielle Haltung seiner Partei zum Thema erläutern, verlor sich jedoch in wirren Äusserungen über Homosexuelle.
Regli beschwerte sich, dass die Informationen nicht für Kinder und Jugendliche geeignet seien. Es werde darüber informiert, was bei einem geplatzten Kondom zu tun sei, und es würden Abtreibungen empfohlen. Immer wieder versuchten die Ratsmitglieder mit Zwischenrufen, ihn zu stoppen.
Unter Bezugnahme auf die Website der Beratungsstelle erklärte der SVP-Parlamentarier: "Sie finden darin nichts, warum sich promiske Homosexuelle zwischen 30 und 40 Jahren das Leben nehmen, weil der Analmuskel nicht mehr hält, was er verspricht."
Der Rat brach daraufhin in ungläubiges Gelächter aus. Versuche von Parlamentspräsident Peter Küng (SP), die Gemeinderatsmitglieder zu beruhigen, scheiterten zunächst. Als das Gelächter abebbte, doppelte Regli nach: "Weil viele sich nicht dafürhalten, mit Windeln rumzulaufen, gibt es Selbstmorde." Das sei ein Grund für die Suizidalität.
(Hier können Sie seine Rede nachhören: Antrag 215, zweites Audiofile)
SP fordert Daniel Regli zum Rücktritt auf
Die SP Stadt Zürich forderte Regli am Dienstag in einem Communiqué zum Rücktritt auf. Regli sei für seine Verbalausrutscher bekannt, mit seinen "abstrusen und menschenverachtenden Thesen" über Sexualität und Suizidgefahr bei Homosexuellen habe er allerdings einen neuen Tiefpunkt erreicht.
Die Parteiführung der SVP solle sich umgehend von den Äusserungen distanzieren und "die nötigen personellen Konsequenzen vollziehen". Gleiches gelte für das Wahlbündnis "Top 5" für die Zürcher Stadtratswahlen, dem neben der SVP auch FDP und CVP angehören.
Man wolle zeigen, dass es so nicht gehe, sagte SP-Gemeinderat Alan Sangines der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ). "Es darf hitzig werden im Ratssaal. Die Aussagen von Daniel Regli sind aber derart primitiv, dass ein Rücktritt angebracht ist."
Zwar sei die Selbstmordrate bei Homosexuellen tatsächlich höher als bei Heterosexuellen - "aber nicht wegen Sexualpraktiken, sondern wegen fehlgeleiteter Äusserungen von Leuten wie Herrn Regli", erklärte Sangines.
SVP distanziert sich - will sich aber nicht entschuldigen
SVP-Fraktionschef Martin Götzl sagte der NZZ, der Inhalt von Reglis Votum sei nicht mit der Partei abgesprochen gewesen. Trotzdem habe Regli inhaltlich mit seiner Kritik recht: Kinder sollten "nicht auf diese proaktive Art aufgeklärt werden". Das sei Sache der Eltern.
Dass Betroffene das Votum in den falschen Hals bekommen hätten, sehe er ein, sagte Götzl. "Regli hätte seine Rede sensibler formulieren sollen – vor allem seine Aussagen zum Thema Homosexualität."
Regli selbst will von Rücktritt nichts wissen: Dem "Tages-Anzeiger" sagte er: "Das kommt nicht infrage." Ob und wie er sich für seine Aussagen entschuldige, entscheide die Franktion.
Dass sein Votum "heftig" gewesen sei, sei ihm klar. Jedoch würden Kinder durch die Weise , wie die Fachstelle "Lust und Frust" Homosexualität thematisiere, "desorientiert", sagte Regli, der sich selbst als Christ bezeichnet.
Zu den nächsten Wahlen im kommenden März tritt Daniel Regli nach eigener Aussage nicht mehr an. Der Entscheid habe allerdings nichts mit dem Vorfall vom Samstag zu tun.
Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Suizid-Gedanken betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge unter der Telefonnummer 08 00/ 11 10 - 111 (Deutschland), 142 (Österreich), 143 (Schweiz).
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