- Politische Krise in Frankreich: Das Video eines brutalen Polizeieinsatzes hat massive Proteste ausgelöst.
- Mehr als 100.000 Menschen protestierten gegen einen Gesetzentwurf, der künftig die Veröffentlichung derartiger Videos einschränken könnte.
- Auch die aggressive Räumung eines Flüchtlingscamps heizte Proteste und die Debatte zuletzt an.
Der Protest gegen Polizeigewalt und das umstrittene Sicherheitsgesetz haben an Frankreichs Staatsspitze eine Krise ausgelöst. Präsident Emmanuel Macron empfing am Montag nach übereinstimmenden Berichten Premierminister Jean Castex, den Innen- und Justizminister sowie Parlamentsvertreter im Élyséepalast, um einen Ausweg zu finden.
Die Justiz leitete nach dem brutalen Polizeieinsatz gegen einen Musikproduzenten Ermittlungsverfahren gegen vier Sicherheitskräfte ein. Zwei von ihnen kamen in Untersuchungshaft, zwei wurden unter Justizaufsicht gestellt.
Am Wochenende gingen landesweit nach Behördenangaben mehr als 100.000 Menschen auf die Strasse - sie demonstrierten unter anderem gegen einen Gesetzentwurf, der die Veröffentlichung von Aufnahmen der Polizei bei Einsätzen einschränken kann.
Kritiker fürchten um die Pressefreiheit
Das Gesetz soll der Regierung zufolge die Polizei besser schützen. Kritiker sehen jedoch die Pressefreiheit in Gefahr. Aufnahmen einer Überwachungskamera, die zeigen, wie Polizisten brutal gegen den Musikproduzenten vorgehen, und die aggressive Räumung eines Flüchtlingscamps hatten die Debatte zuletzt weiter angeheizt und für Entrüstung gesorgt.
Bei dem nun kurzfristig anberaumten Treffen im Élyséepalast sollte Berichten zufolge vor allem der umstrittene Artikel des Sicherheitsgesetzes diskutiert werden, der das Filmen mit böser Absicht von Polizisten unter Strafe stellt.
Eine offizielle Bestätigung aus dem Präsidentenpalast gab es für die Zusammenkunft zunächst nicht. Das Unterhaus hat dem Gesetzesvorhaben bereits zugestimmt, nun ist der Senat am Zug.
Abgeordneter: "Französische Gesellschaft noch nie so gespalten"
Innenminister Gérald Darmanin hatte das Gesetz immer wieder verteidigt und war in der Debatte unter Druck geraten. Er sollte sich am Abend vor einem Parlamentsausschuss äussern. Pierre Person, Abgeordneter der Präsidentenpartei La République En Marche, forderte in der Zeitung "Le Parisien" eine Streichung des umstrittenen Artikels 24.
Dafür werde er sich einsetzen, kündigte er an. "Die französische Gesellschaft war noch nie so gespalten wie heute und Artikel 24 trägt dazu bei", sagte er.
Die Anwältin des attackierten Musikproduzenten zeigte sich im Sender Franceinfo "zufrieden" mit den nun gegen die Polizisten eingeleiteten Ermittlungsverfahren. Einige Polizeigewerkschaften hingegen bewerteten die Entscheidung der Justiz vor allem mit Blick auf die Untersuchungshaft als zu hart.
Man hoffe, dass diese nicht dem Druck der Medien geschuldet sei und dass nur die Elemente des Falles berücksichtigt worden seien, sagte Thierry Clair von der Polizeigewerkschaft Unsa dem Sender. (dpa/dh)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.