Angesichts der Probleme mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Ungarn hat die Bundesregierung "Zweifel" am EU-Ratsvorsitz des Landes im kommenden Jahr angemeldet.
Europa-Staatsministerin Anna Lührmann (Grüne) sagte am Dienstag vor einem Treffen mit ihren EU-Kollegen in Brüssel, Ungarn sei "momentan in der EU isoliert wegen Problemen bei der Rechtsstaatlichkeit, die wirklich gravierend sind". Auch die Niederlande äusserten sich besorgt.
Lührmann sagte weiter, Ungarn lasse immer wieder mangelnde Unterstützung für die Ukraine im russischen Angriffskrieg erkennen. "Deshalb habe ich Zweifel daran, inwieweit es Ungarn gelingen kann, eine erfolgreiche Ratspräsidentschaft zu führen", betonte sie.
Der niederländische Aussenminister Wopke Hoekstra sagte in Brüssel, es gebe ein "Unbehagen" in der EU über den ungarischen Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr 2024. Es gebe einen ganzen "Container grosser Bedenken", sagte er und verwies auf Probleme mit der Pressefreiheit, Minderheitenrechten und dem Umgang mit EU-Geldern durch die Regierung von Viktor Orban.
In der EU übernimmt alle sechs Monate ein anderes Land den Vorsitz im Ministerrat. Bisher ist es noch nie vorgekommen, dass ein Land übergangen wurde. Genau das aber fordert das Europaparlament: In einer für Donnerstag geplanten fraktionsübergreifenden Entschliessung will es die Mitgliedsländer zu einer Lösung ohne Ungarn aufrufen.
Die ungarische Justizministerin Judit Varga nannte die Bedenken "kompletten Blödsinn" und politisch motiviert. Ihr Land könne sehr wohl als "ehrlicher Makler" die Ministerräte vorbereiten und leiten, sagte sie in Brüssel.
Die Europäische Kommission hatte im Dezember fast 22 Milliarden Euro für Ungarn aus dem Strukturfonds für den Zeitraum von 2021 bis 2027 eingefroren. Hintergrund sind Hinweise auf Korruption und den Missbrauch von EU-Hilfen. © AFP
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