Donald Trump fordert ein Einreiseverbot für Muslime und beleidigt eifrig Mexikaner. Das bringt Parteifreunde und Prominente wie Muhammad Ali gegen ihn auf. Ist Trump in seinem Wahlkampf nun zu weit gegangen?
Ein USA-Experte erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion, ob der Multi-Milliardär tatsächlich Chancen hat, Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu werden.
Polarisieren und empören
Für diese will er nach den Präsidentschaftswahlen nächstes Jahr ins Weisse Haus einziehen. Dazu muss er sich aber in den sogenannten Vorwahlen erstmal gegen Mitbewerber der eigenen Partei durchsetzen.
Die Aufmerksamkeit ist ihm gewiss. Nicht zuletzt durch seine extreme Forderung, keine Muslime mehr in die USA zu lassen.
Politiker, Parteikollegen und Prominente distanzierten sich deutlich von Trump, unter anderem Boxlegende
Einreiseverbot nach Grossbritannien?
In Grossbritannien fordern Hunderttausende ein Einreiseverbot für den Milliardär, mehr als 375.000 Menschen unterschrieben eine entsprechende Petition.
Doch wie steht es um sein Prestige in der Heimat. Hat sich Trump ins Aus polarisiert?
"Wenn man die Massstäbe des gutbürgerlichen Benehmens ansetzt, gab es schon früher Beleidigungen. Er hat die Mexikaner als Vergewaltiger und Verbrecher beleidigt, er hat John McCain als Feigling bezeichnet, weil dieser sich einst vom Vietkong schnappen liess", sagt Dr. Martin Thunert vom Heidelberg Center for American Studies im Gespräch mit unserer Redaktion.
"Er versucht mit Sprüchen zu punkten, mit denen er sich wie ein Polit-Hooligan und Anti-Establishment-Kandidat gibt."
Thunert erforscht und analysiert an der Heidelberger Einrichtung politische und gesellschaftliche Entwicklungen in den USA. Einer wie Trump ist ihm noch nicht untergekommen.
Seine Antwort auf die Frage, ob Trump den Bogen überspannt habe: Nein! Zumindest nicht bei den Anhängern, "die er wach halten will. Sie braucht er, damit er, wenn die Vorwahlen Anfang Februar beginnen, möglichst gut abschneidet".
Trumps Verhalten ist sehr kalkuliert
Innerhalb der Republikaner gilt er als höchst umstritten. Seine Basis kann sich aber sehen lassen. Laut Thunert stünden Umfragen zufolge 20 bis 25 Prozent der Republikaner hinter ihm.
"Das sind oft Menschen, die auf schlichte Botschaften ansprechen. Er weiss aber auch, dass er die Medienaufmerksamkeit mit diesen überzogenen Aussagen bekommt", schildert er. "Die würde er mit ausgewogeneren Äusserungen zu Muslimen nicht bekommen."
Trumps Verhalten sei sehr kalkuliert, er wolle im Gespräch bleiben. "Wenn es dann wirklich an die Wahlen geht, werden dennoch viele Wähler zögern", meint er. "Die Mehrheit der Amerikaner ist der Auffassung, dass dieser Mann die USA besser nicht repräsentieren sollte."
Trumps Strategie gehe noch weiter: Wenn er im Frühjahr gegen Jeb Bush und andere Mitbewerber noch gut im Rennen liege, werde er sicher versuchen, präsidentieller und seriöser zu wirken, meint Thunert.
Seine Popularität sei sein grosses Plus. "Er ist im amerikanischen Fernsehen so ein bisschen der Stinkstiefel. Er hatte eine Sendung namens "The Apprentice", der Auszubildende. In dieser muss der Boss Lehrlinge beurteilen und feuern. Das macht er mit seinem bekannten "You’re fired!", erzählt Thunert. "Das kommt bei den Leuten an. So ist er bekannt geworden, nicht als Politiker, sondern als erfolgreicher Geschäftsmann und als Showstar."
Trump umsorgt besorgte Bürger
Das Unbehagen innerhalb der Republikaner sei entsprechend gross. Er spiegle nicht das republikanische Mainstream-Establishment wider, weswegen einige sehr besorgt seien, dass er den Ruf der Partei ruinieren könnte, schildert Amerika-Experte Thunert.
Zur Erklärung: Die Republikaner decken ein Spektrum ab, das in Deutschland von gemässigten Christdemokraten bis weit in die AfD hineinginge. Trump bediene in diesem das Schutzbedürfnis vieler einfacher Wähler, erklärt Thunert.
"Er deckt vor allem das Potenzial der Unzufriedenen ab." Sein Reichtum sei für viele Anhänger eine Garantie dafür, dass er nicht käuflich sei. Trump stelle diesen Reichtum geradezu zur Schau. "Dadurch hat er bei schlichteren Wählern Kultstatus."
Es ist ein markanter Unterschied zu vielen Politikern in Europa. Diese würden Trump wahrnehmen wie früher den einstigen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi.
"Berlusconi ist zwar Medienunternehmer, Trump macht sein Geld in Casinos und Immobilien. Aber wie er seine sexuelle Potenz gegenüber jungen Frauen hervorhebt, ähnelt dem Italiener", sagt Thunert.
"Seine aktuelle Frau - seine Partnerinnen werden ja immer jünger - hat mehrmals öffentlich gesagt, dass er der beste Liebhaber sei, den sie je gehabt habe." Dabei habe sie es mit viel jüngeren Männern zu tun gehabt. Die Eliten empfänden dies als unseriös.
"Wir müssen uns jetzt nicht darauf einstellen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Francoise Hollande und der britische Premier David Cameron ihn auf einem G7-Gipfel treffen müssen", meint Thunert.
"Die Wahrscheinlichkeit, dass er Präsident wird, ist sehr gering. Aber er mischt den Wahlkampf auf." Daran würden auch polarisierende Aussagen nichts ändern.
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