Als Donald Trump seine Anhänger zu Protesten aufruft, werden bei vielen Erinnerungen an den 6. Januar 2021 wach. Vor der immer wahrscheinlicheren Anklage gegen den ehemaligen US-Präsidenten scheinen auch Ausschreitungen möglich. Die Stadt New York schmiedet Notfallpläne.
Vor einer möglichen Anklageerhebung gegen den früheren US-Präsidenten
"Wir beobachten die Kommentare in den sozialen Medien", sagte der New Yorker Bürgermeister Eric Adams. Die New Yorker Polizei sorge dafür, dass es keine "unangemessenen Handlungen" in der Stadt gebe, sagte Adams. Er sei "zuversichtlich", dass diese dazu in der Lage sei.
An einer Protestaktion in Manhattan nahmen am Montagabend 30 junge Anhänger des Ex-Präsidenten teil. Trump hatte seine Anhänger wegen seiner angeblich am Dienstag bevorstehenden Festnahme aufgrund einer Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin am Wochenende zu Protesten aufgerufen. "Protestiert, holt Euch unsere Nation zurück!", schrieb Trump am Samstag auf der Onlineplattform Truth Social.
Polizei und Stadt New York arbeiten Notfallpläne aus
Der "New York Times" zufolge trafen sich am Sonntag mehr als ein Dutzend ranghohe Polizeivertreter mit Vertretern der Stadt, um über Sicherheit und Notfallpläne im Falle von Protesten zu beraten. NBC News berichtete, Polizei und andere Sicherheitsbehörden hätten die Sicherheitslage erörtert und einen Sicherheitsbereich rund um das Gericht in Manhattan errichtet, in dem Trump möglicherweise vor einem Richter erscheinen könnte.
Führende Demokraten warnten davor, dass Trumps Aufrufe erneut zu Gewaltausbrüchen seiner Anhänger führen könnten - wie beim Sturm auf das US-Kapitol im Januar 2021. In Online-Netzwerken, vor allem in einer Gruppe mit dem Namen "The Donald", riefen einige Unterstützer zu einem "landesweiten Streik" und einem "Bürgerkrieg 2.0" auf, um Trump zu beschützen und gegen eine Festnahme zu protestieren.
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Trump ruft zu Protesten auf: Bisher keine Hinweise auf grössere Aktionen
Es gab allerdings keine Hinweise auf eine grössere Protestbewegung. Weder Trumps Söhne noch prominente Kommentatoren riefen offen zu Aktionen auf, wie sie es nach der Wahlniederlage Trumps gegen Joe Biden bei der Präsidentenwahl 2020 getan hatten. Eine kleine Protestveranstaltung des New Yorker Ortsvereins der Jungen Republikaner in Manhattan verlief friedlich.
Trump setzte unterdessen seine Attacken gegen den verantwortlichen Staatsanwalt fort. Sein Wahlkampfteam bezeichnete Manhattans Staatsanwalt Alvin Bragg am Montag als "woken Tyrannen, der das Justizsystem politisiert hat". Bragg sei ausserdem ein linker "Aktivist", habe "unschuldige Opfer" verfolgt, sei "weich gegenüber Berufsverbrechern" und habe es schon "seit Jahren" auf Trump abgesehen.
Anklage gegen Trump wegen Schweigegeldzahlung rückt näher
Eine Anklage gegen Trump scheint immer näher zu rücken. Unklar ist allerdings, warum genau Trump von Dienstag sprach. US-Medien zufolge dürfte eine Anklageerhebung am Dienstag eher unwahrscheinlich sein. Unter anderem der Sender CNN berichtete gestern Abend (Ortszeit), dass damit nun frühestens in der kommenden Woche gerechnet werde.
Der Staatsanwalt von New York ermittelt gegen den abgewählten Ex-Präsidenten wegen Schweigegeldzahlungen an die unter dem Namen Stormy Daniels bekannte Pornodarstellerin Stephanie Clifford und das Model Karen McDougal.
Am Montag sollte Medienberichten zufolge noch ein Entlastungszeuge vor der sogenannten Grand Jury aussagen, die über eine mögliche Anklageerhebung gegen Trump entscheiden wird. Demnach könnte die Grand Jury am Mittwoch über eine mögliche Anklage abstimmen. Die New Yorker Staatsanwaltschaft hüllte sich in den vergangenen Tagen in Schweigen.
Die von Staatsanwalt Bragg, einem Demokraten, geleiteten Ermittlungen drehen sich um die Frage, ob Trump 2016 durch die Zahlung womöglich gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstossen hat. Mit der Zahlung sollte offenbar verhindert werden, dass Clifford an die Öffentlichkeit geht, was Trump im Wahlkampf hätte schaden können.
Schweigegeld ist in den USA nicht illegal, aber die Anklage könnte die 130.000 Dollar für Daniels und 150.000 Dollar für McDougal als im Bundesstaat New York unzulässige Wahlkampfspende darstellen. Trump, der sich erneut um eine Präsidentschaftskandidatur der Republikaner bewirbt, wertet das Vorgehen - wie viele andere Rechtsstreitigkeiten - als politisch motivierte "Hexenjagd".
Trump droht erste Anklage gegen einen Ex-US-Präsidenten der Historie
Trumps Umfeld hatte vorab versichert, dass sich der Ex-Präsident ans übliche Verfahren halten werde, sollte es zu einer Anklage kommen - und auch freiwillig vor Gericht erscheinen werde, um Details möglicher Anklagepunkte zu erfahren. Damit wäre eine aufsehenerregende Festnahme nicht nötig. Es gilt auch als wahrscheinlich, dass Trump nach solchem förmlichen Prozedere wieder nach Hause gehen könnte.
Die für den Fall zuständige Grand Jury hörte gestern ausserdem den Zeugen Robert Costello, ein Anwalt. Das Geschworenen-Gremium entscheidet in den USA nach Vorlage von Beweismitteln durch die Staatsanwaltschaft, ob in einem Fall Anklage erhoben werden soll. "Ich kann keine Gedanken lesen", sagte Costello nach seiner Aussage auf die Frage eines Reporters, ob gegen Trump Anklage erhoben werde.
Costello hatte sich mit dem Hauptzeugen der Staatsanwaltschaft, Trumps ehemaligem Anwalt Michael Cohen, überworfen. Er stellt nun Cohens Glaubwürdigkeit infrage. "Wenn sie gegen Donald Trump vorgehen wollen und handfeste Beweise haben, dann soll es so sein", sagte Costello weiter. Aber Cohen sei weit davon entfernt, ein "handfester Beweis" zu sein.
Sollte Trump tatsächlich angeklagt werden, wäre es die erste Anklage gegen einen früheren Präsidenten in der US-Geschichte. Der Republikaner, der bei der Präsidentschaftswahl 2024 das Weisse Haus zurückerobern will, hat die Justizermittlungen als politisch motivierte "Hexenjagd" bezeichnet und seine Anhänger zu Protesten aufgerufen.
Ron DeSantis spricht von "politischem Spektakel"
Unterdessen kritisierte der prominente US-Republikaner Ron DeSantis die New Yorker Staatsanwaltschaft wegen ihrer Ermittlungen gegen Trump. Der Gouverneur des Bundesstaats Florida warf Staatsanwalt Alvin Bragg vor, ein "politisches Spektakel" zu betreiben. Wenn ein Staatsanwalt alltägliche Verbrechen ignoriere und sich stattdessen mit einem Fall befasse, der Jahre zurückliege und sich um Schweigegeldzahlungen an Pornostars drehe, verfolge er eine "politische Agenda" und nutze sein Amt als Waffe. "Das ist grundsätzlich falsch."
DeSantis gilt momentan als grösster innerparteilicher Konkurrent Trumps. Es wird erwartet, dass auch er als Präsidentschaftsbewerber für die Wahl im November 2024 antreten wird. Während DeSantis nun gegen den Staatsanwalt in Manhattan austeilte, liess er sich bei seinem Auftritt auch einen Seitenhieb auf Trump nicht nehmen. Wie es dazu komme, einem Pornostar Schweigegeld zu zahlen, um Schweigen über eine irgendwie geartete angebliche Affäre sicherzustellen, dazu könne er nichts sagen. Damit erntete DeSantis Gelächter im Publikum.
Trump stichelte umgehend zurück und machte mehrdeutige Anspielungen. DeSantis werde vielleicht irgendwann in der Zukunft von "falschen Vorwürfen und falschen Geschichten" erfahren, "wenn er unfair und illegal von einer Frau angegriffen wird, sogar von Klassenkameraden, die "minderjährig" sind (oder möglicherweise einem Mann!)", schrieb er auf dem von ihm mitgegründeten Netzwerk Truth Social. Er warf seinem Parteikollegen ausserdem vor, Sozialleistungen kürzen zu wollen. (AFP/dpa/ank)
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