Seine Reise zum G7-Gipfel im französischen Biarritz verbindet US-Präsident Donald Trump mit Besuchen in mehreren europäischen Ländern. Um Deutschland macht er allerdings einen Bogen. Das ist bezeichnend, denn ein bilaterales Treffen mit Angela Merkel ist eigentlich längst überfällig.
In der kommenden Woche wird die Air Force One für ihren nächsten Transatlantikflug bereitgemacht, US-Präsident
Seit mehr als zweieinhalb Jahren ist Trump nun im Amt, und weder hat es bislang einen bilateralen Deutschland-Besuch gegeben, noch ist ein solcher geplant. Das sagt viel über das Verhältnis zwischen Berlin und Washington aus.
Bislang war Trump lediglich beim G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg, damals kam er von seinem ersten Polen-Besuch. Auf der Rückreise vom Irak im Dezember legte Trump ausserdem einen kurzen Zwischenstopp auf der US-Basis Ramstein in Rheinland-Pfalz ein, um Soldaten zu treffen.
Kein US-Präsident blieb Deutschland so lang fern
Bilaterale Besuche - also Visiten, die nicht mit einem Gipfeltreffen verknüpft sind - in anderen europäischen Ländern gab es dagegen schon einige: Der US-Präsident war neben Polen bereits jeweils zwei Mal in Frankreich und Grossbritannien, den beiden mächtigsten europäischen Staaten neben Deutschland. Auch Italien hat er bereits besucht.
Damit war er schon in allen G7-Staaten - ausser Deutschland. Zudem war er in Irland, wobei dabei sein dortiges Golf-Resort eine Rolle gespielt haben könnte.
Gemessen an Trumps Vorgängern ist sein Fernbleiben ungewöhnlich.
Knapp 18 Monate dauerte es, bis Bill Clinton im Juli 1994 mit Kanzler Helmut Kohl in Bonn zusammenkam und in Berlin eine Ansprache am Brandenburger Tor hielt. Trump sitzt inzwischen seit fast 31 Monaten im Weissen Haus.
Liste der Differenzen ist lang
Viel Erfreuliches gäbe es bei einem Empfang Trumps durch Merkel in der Bundesrepublik derzeit allerdings auch nicht zu bereden. Kein Verbündeter steht stärker im Zentrum von Trumps Kritik als Deutschland. Trump ist ein erbitterter Gegner der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, die Gas von Russland nach Deutschland bringen soll. Er wirft Deutschland vor, Russland Abermilliarden Euro für Gaslieferungen zu bezahlen und sich zugleich auf den Schutz der USA zu verlassen.
Immer wieder kritisiert der US-Präsident die aus seiner Sicht zu geringen Verteidigungsausgaben Deutschlands. Unverhohlen drohen die USA mit einem Teilabzug ihrer Truppen aus Deutschland. "Es ist wirklich beleidigend zu erwarten, dass der US-Steuerzahler weiter mehr als 50.000 Amerikaner in Deutschland bezahlt, aber die Deutschen ihren Handelsüberschuss für heimische Zwecke verwenden", sagte US-Botschafter Richard Grenell kürzlich der Deutschen Presse-Agentur.
Umgekehrt hat die Bundesregierung der US-Militärmission zum Schutz von Handelsschiffen im Persischen Golf eine schroffe Absage erteilt - als erster und in dieser Klarheit bisher einziger Nato-Partner. Inwieweit sich Deutschland künftig noch an der ebenfalls von den USA geführten Allianz gegen die Terrororganisation Islamischer Staat beteiligen wird, ist noch unklar.
Auch beim Klimaschutz und beim Atomabkommen mit dem Iran liegen Berlin und Washington über Kreuz. Weiterhin im Raum steht zudem Trumps Drohung, Autoimporte aus der EU in die USA mit Strafzöllen zu belegen, was besonders Deutschland treffen würde. Unter dem Strich ist die Liste der deutsch-amerikanischen Differenzen so lang wie wohl noch nie in der Nachkriegszeit.
Trump: "Merkel ruiniert Deutschland"
Es ist also eigentlich kein Wunder, dass Trump Deutschland links liegen lässt. Damit aber nicht genug: Mit Polen und Dänemark besucht er nun ausgerechnet zwei Länder, die in zentralen Konflikten mit Deutschland auf seiner Seite stehen. Polen erfüllt das Zwei-Prozent-Ziel der Nato, gilt als treuester Freund Trumps in der EU und ist gegen Nord Stream 2 - genauso wie Dänemark.
Dass Merkel und Trump keine Freunde geworden sind, ist kein Geheimnis. Immer wieder hat Trump die Kanzlerin wegen deren Flüchtlingspolitik angegriffen. Ende 2015 - also noch vor seinem Wahlsieg in darauf folgenden Jahr - bezeichnete Trump Merkel als jene Person, "die Deutschland ruiniert".
Als Merkel Ende Mai in die USA reiste, hatte Trump keine Zeit für die Kanzlerin. Merkel hielt damals eine umjubelte Rede vor Absolventen an der Elite-Universität Harvard, die als eine Art Abrechnung mit Trumps Politik verstanden wurde - obwohl Merkel dessen Namen kein einziges Mal nannte.
Die offizielle Uni-Zeitung "Harvard Gazette" feierte die Besucherin - die ein enges Verhältnis zu Obama pflegte - als "Kanzlerin der freien Welt". Als Anführer der freien Welt sehen die Amerikaner traditionell eigentlich ihren Präsidenten.
Auch Verhältnis zu Steinmeier belastet
Trump lässt sich gerne feiern, bei seiner Ansprache in Warschau wurde er im Juli 2017 begeistert begrüsst. "Manche Menschen haben gesagt, es war die beste Rede, die jemals ein Präsident in Europa gehalten hat", meinte Trump noch kürzlich in der ihm üblichen Unbescheidenheit.
In Deutschland dürfte Trump dagegen eher auf Proteste treffen. Nach einer im vergangenen Oktober vom Meinungsforschungsinstitut Pew veröffentlichten Umfrage vertrauten nur zehn Prozent der befragten Deutschen dem US-Präsidenten, bei Obama waren es zuletzt 88 Prozent. In Polen äusserten immerhin 35 Prozent, dass sie Vertrauen in Trump hätten.
Jenseits der Politik gäbe es für Trump aber eigentlich noch einen anderen Grund, nach Deutschland zu kommen: Seine Vorfahren stammen aus Kallstadt, einem kleinen Winzerort in Rheinland-Pfalz. Der US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, hatte Ende vergangenen Jahres verkündet, dass Trump fest vorhabe, Kallstadt zu besuchen: "Ich weiss nicht wann, aber er hat mir gesagt, dass er kommen und den Heimatort seiner Familie sehen will", sagte er. Seitdem ist davon aber keine Rede mehr.
Das nächste Treffen mit Merkel findet nun also auf "neutralem Boden" statt: Beim G7-Gipfel in Biarritz. Und in Warschau wird Trump am 1. September gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Weltkriegsgedenken teilnehmen.
Auch dieses Verhältnis ist nicht unbelastet. Noch als Aussenminister hatte sich Steinmeier im US-Wahlkampf 2016 wenig diplomatisch über den Kandidaten Trump geäussert: Er hatte ihn einen "Hassprediger" genannt. (dpa/mcf)
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