Nach drei Tagen im Krankenhaus ist Donald Trump wieder zurück im Weissen Haus. Gleich die ersten Worte des US-Präsidenten nach der Entlassung haben bei Medizinern, Virologen und Gesundheitsexperten Empörung ausgelöst.

Mehr zu den USA unter Donald Trump hier

Er ist zurück im Weissen Haus: Donald Trump. Drei Tage lang wurde der mit dem Coronavirus infizierte US-Präsident in der Militärklinik Walter Reed im Norden von Washington D.C. behandelt. Nun regiert Trump die Vereinigten Staaten wieder vom Oval Office aus.

Sofort nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus rief der 74-Jährige die Menschen auf, trotz der Pandemie nach draussen zu gehen. Die Menschen sollten nicht zulassen, dass das Virus ihr Leben bestimme, sagte Trump in einem am Montag auf Twitter veröffentlichten Video. "Gehen Sie raus, seien Sie vorsichtig", sagte Trump.

Zudem forderte der Präsident die US-Bürger auf, sich nicht vor dem Coronavirus zu fürchten. Die USA hätten "die besten Medikamente der Welt". Ihm selbst gehe es Tage nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus gut. "Ich fühle mich besser als vor 20 Jahren!", twitterte er am Montag. "Vielleicht bin ich immun, ich weiss es nicht", fügte er hinzu.

Die verharmlosenden Worte haben bei Medizinern, Virologen und Gesundheitsexperten Empörung ausgelöst.

Mediziner zu Trumps Entlassung: "Völlig unverantwortlich"

"Ich ringe nach Worten – das ist verrückt", sagte Harald Schmidt, Assistenzprofessor für Medizinethik und Gesundheitspolitik an der University of Pennsylvania, der "New York Times". "Es ist einfach völlig unverantwortlich."

William Schaffner, Spezialist für Infektionskrankheiten von der Vanderbilt University Medical School im US-Bundesstaat Tennessee, bezeichnete Trumps Botschaft als "gefährlich". Sie könnte seine Anhänger dazu ermutigen, Massnahmen gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus zu ignorieren, bemerkte Schaffner.

Der US-Präsident dürfte noch ansteckend sein. Er müsste deshalb nach Vorgaben von Gesundheitsbehörden die Maske tragen, um Personen in seiner Nähe zu schützen. Er nahm sie aber ab, während Kameraleute des Weissen Hauses in seiner Nähe waren.

Dazu kommen mögliche Gefahren für Trump selbst: Der Bonner Virologe Hendrik Streeck hatte in einem "Bild"-Interview bereits am Sonntag empfohlen, dass es "medizinisch besser" wäre, "wenn er sich mehr auskurieren würde".

Das sieht auch Lungenfacharzt Ken Lyn-Kew so, der in der Intensivpflegeabteilung eines Denver Krankenhauses arbeitet. Angesichts des zeitlichen Krankheitsverlaufs und der verabreichten Medikamente "würden die meisten von uns nicht damit rechnen, dass Trump in diesem Umfeld entlassen wird", sagte Lyn-Kew NBC News.

William Hartman leitet mehrere klinische Studien zu COVID-19 an der University of Wisconsin Health in Madison. Er sagte NBC News, es sei ungewöhnlich, dass Patienten entlassen werden, solange sie noch Medikamente per Infusion bekommen. Eine solche Versorgung sei im Fall des Weissen Hauses aber kein Problem.

Trump laut Leibarzt "noch nicht endgültig über den Berg"

Trump hatte seinen Entschluss, aus dem Militärkrankenhaus auszuchecken, bereits lange im Voraus angekündigt. Seinem Leibarzt Sean Conley zufolge spreche nichts gegen eine Entlassung des Patienten – auch wenn dieser "noch nicht endgültig über den Berg ist".

Der US-Sender CNN zitiert informierte Quellen, wonach Trumps Ärzte ihn überreden mussten, das Krankenhaus nicht schon am Sonntag zu verlassen. Der Präsident sei besorgt gewesen, dass ihn der Aufenthalt dort "schwach aussehen lässt". Auch im Weissen Haus bekomme Trump eine erstklassige Behandlung, sagte Conley. Der Amtssitz des US-Präsidenten verfügt über eine eigene medizinische Abteilung.

Trump war in der Klinik unter anderem mit einem noch experimentellen Antikörper-Mittel behandelt worden. Nach Einschätzung des renommierten Epidemiologen Anthony Fauci könnte dies entscheidend zu einer schnellen Verbesserung von Trumps Gesundheitszustand beigetragen haben. "Ich habe einen starken Verdacht, dass ihm das geholfen hat", sagte Fauci bei CNN. Das Mittel wird für gewöhnliche Patienten noch lange nicht verfügbar sein.

Trumps Dreifachtherapie Anzeichen für "grosse Gefahr"

Skeptisch ist hingegen der Kardiologe und Medizinprofessor Jonathan S. Reiner von der George Washington University. Bekannt ist, dass Trump zwischenzeitlich hohes Fieber und zwei Mal eine zu niedrige Sauerstoffsättigung im Blut hatte. Trump, dessen Übergewicht ein zusätzlicher Risikofaktor ist, bekam oder bekommt zur Behandlung neben dem experimentellen Antikörper-Cocktail auch das entzündungshemmende Steroid Dexamethason und das antivirale Mittel Remdesivir.

"Er ist wohl der einzige Patient weltweit, der jemals diese besondere Medikamenten-Kombination erhalten hat", sagte Reiner dem TV-Sender CNN. Der Mediziner sehe nur eine Schlussfolgerung, die man aus Trumps Dreifachtherapie ziehen könne: "Die Ärzte des Präsidenten haben das Gefühl, dass er sich in grosser Gefahr befindet."

Trumps persönlicher Arzt Conley sagte am Montagnachmittag, dass er voraussichtlich erst kommende Woche Entwarnung für den Krankheitsverlauf geben könne. "Wenn wir durch das Wochenende bis zum Montag kommen und sein Zustand genauso bleibt oder sich verbessert, dann können wir alle schliesslich erleichtert aufatmen", erklärte Conley.

Trump selbst scheint derweil seiner Linie treu zu bleiben. Er spielt die Gefahr weiter herunter. Wie zu Beginn der Pandemie zieht er am Dienstag wieder Parallelen zur Grippe, wegen der die USA schliesslich auch nicht in den Lockdown gingen. "Nein, wir haben gelernt, damit zu leben", schreibt er am Dienstag auf Twitter. "So wie wir lernen, mit COVID-19 zu leben."

(afp/dpa/mf)

Donald Trump

Trump nach Corona-Infektion wieder im Weissen Haus

US-Präsident Donald Trump hat nach drei Tagen das Krankenhaus verlassen. Am Montagabend folg er vom Walter-Reed-Militärkrankenhaus zurück ins Weisse Haus. Aktuell fühle er sich besser als vor 20 Jahren, verkündet der Präsident. (Teaserbild: imago images / ZUMA Wire)
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.