In Deutschland war die Meldung verhältnismässig unaufgeregt aufgenommen worden. Doch das Geständnis von Michael Cohen, den Kongress im Rahmen der Russland-Ermittlungen belogen zu haben, könnte für Donald Trump ernsthafte Folgen haben. Schliesslich stellen die neuen Aussagen seines ehemaligen Anwalts nicht nur die Russland-Affäre um Trumps Geschäftsbeziehungen in ein neues Licht, sondern auch die E-Mail-Affäre um Hillary Clinton. Daran werden auch die wütenden Beschimpfungen des US-Präsidenten nichts ändern.

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US-Präsident Donald Trump muss sich in der Russland-Affäre einmal mehr mit schlechten Nachrichten herumschlagen.

Sein langjähriger Vertrauter und Anwalt Michael Cohen gab am Donnerstag vor einem Gericht in New York zu, den Kongress bei dessen Russland-Ermittlungen über einen geplanten Immobiliendeal Trumps in Moskau angelogen zu haben - aus Loyalität zu Trump.

Ausserdem räumte er ein, mit einem Kontakt im Kreml über das Bauprojekt gesprochen zu haben.

Trump bezeichnet Cohen als Lügner

Trump bezeichnete Cohen daraufhin als Lügner, der auf eine geringere Strafe hoffe. Wenig später sagte er ein geplantes Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin beim G20-Gipfel ab und begründete dies mit den Spannungen zwischen Russland und der Ukraine.

Cohen kooperiert in der Russland-Affäre mit Sonderermittler Robert Mueller, der untersucht, ob es bei den mutmasslichen Versuchen russischer Einflussnahme auf den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 geheime Absprachen zwischen dem Trump-Lager und Vertretern Russlands gab.

Cohen hatte 2006 bei der Trump-Organisation angefangen, zuletzt war er Vizepräsident des Unternehmens. Der 52-Jährige galt Trump gegenüber lange als loyal und wurde immer wieder als dessen "Ausputzer" bezeichnet.

Das änderte sich im Sommer, als er Trump in der Schweigegeldaffäre um den Pornostar Stormy Daniels in Bedrängnis brachte.

Am Mittwoch bekannte Cohen sich vor Gericht schuldig, gegenüber zwei Untersuchungsausschüssen im Kongress falsche Angaben gemacht zu haben.

Zeitliche Einordnung von Bedeutung

Dabei geht es um den geplanten Bau eines Trump-Towers in Moskau, der letztlich nicht zustande kam. Bisher hatte Cohen erklärt, die Pläne für das Apartmenthaus seien im Januar 2016 aufgegeben worden - also noch lange vor der ersten Abstimmung im Vorwahlkampf der Republikaner, als Trumps Präsidentschaftskandidatur noch kein ernstes Thema war.

Nun räumte er jedoch ein, noch bis ungefähr Juni 2016 versucht zu haben, eine Genehmigung der russischen Behörden für das Bauprojekt zu erhalten.

Diese neue zeitliche Einordnung ist brisant, denn seine Bemühungen liefen demnach in der kritischen Phase von Trumps Wahlkampf weiter, während der sich der Unternehmer Trump als Kandidat der Republikaner herauskristallisierte.

Cohen erklärte zudem, dass er bei mehr als drei Gelegenheiten mit Trump über den Status des Vorhabens gesprochen habe und auch Mitglieder von dessen Familie darüber informiert habe.

Treffen zu Sprecher von Putin

Um den Immobiliendeal zu arrangieren, suchte Cohen nach eigenen Angaben den Kontakt zum Sprecher von Wladimir Putin, Dmitri Peskow.

Bisher hatte er angegeben, keine Antwort erhalten zu haben. Nun erklärte er, mit Peskows Assistentin telefoniert zu haben. Er habe um Hilfe dabei gebeten, Bauland für den Trump-Tower zu bekommen und den Bau zu finanzieren.

Cohen gab zudem zu, dass er eine Reise nach Russland geplant und auch mit Trump darüber gesprochen habe, dass dieser ebenfalls einen Trip in das Land unternehmen solle. Auch soll Peskow Cohen zu einer Konferenz in St. Petersburg eingeladen haben, mit dem Angebot, dort möglicherweise Putin zu treffen.

Vor Gericht erklärte Cohen nun, er habe die falschen Angaben gemacht, damit diese zu Trumps politischen Botschaften passen - und um sich ihm gegenüber loyal zu verhalten. Er habe verfolgt, wie Trump 2017 wiederholt bestritten habe, geschäftliche oder politische Beziehungen zu Russland zu haben.

Sowohl Trumps als auch Cohens Reise kamen letztlich nicht zustande. Am 14. Juni traf Cohen sich nach eigenen Angaben mit einem Geschäftspartner in der Lobby des Trump Tower und sagte ihm, dass er nicht nach Russland reisen werde.

Auch der Deal selbst soll in diesem Zeitraum begraben worden sein. Warum? Das ist nicht ganz klar.

Trump selbst sagte vor seinem Abflug zum G20-Gipfel nach Buenos Aires, er habe entschieden, den Deal nicht einzugehen. "Der vorrangige Grund war sehr einfach: Ich habe mich darauf konzentriert, für die Präsidentschaft zu kandidieren."

Er betonte, selbst wenn er das Projekt in Moskau verwirklicht hätte, wäre das nicht verwerflich gewesen. Nichts spreche dagegen, als Kandidat vor einem Wahlsieg weiter Geschäfte zu machen.

Trumps Russland-Kontakte bleiben verdächtig

Tatsächlich ist es nicht illegal, als Kandidat mögliche Deals im Ausland auszuloten. Die Entwicklungen werfen dennoch Fragen zu Aussagen von Trump während des Wahlkampfs auf.

Er hatte wiederholt bestritten, geschäftliche Verbindungen nach Russland zu haben. So schrieb er etwa am 26. Juli auf Twitter: "Fürs Protokoll, ich habe NULL Investitionen in Russland." Einen Tag später erklärte er auf einer Pressekonferenz, er habe ein "grossartiges Unternehmen", aber nichts mit Russland zu tun.

Trumps ältester Sohn Donald Trump Jr. hatte bei einer Immobilienkonferenz im Jahr 2008 gesagt: "Russen machen einen ziemlich überproportionalen Anteil an unseren Vermögenswerten aus. Wir sehen viel Geld von Russland fliessen."

Cohens neue Aussagen erhalten auch vor dem Hintergrund der E-Mail-Affäre um Hillary Clinton und der Einflussnahme russischer Hacker auf die Präsidentschaftswahlen in den USA neue Brisanz.

Erst vor wenigen Tagen hatte US-Sonderermittler Robert Mueller dem früheren Wahlkampfmanager von Donald Trump, Paul Manafort, vorgeworfen, die Ermittler in der Russland-Untersuchung belogen zu haben.

Manafort habe das FBI und das Büro des Sonderermittlers bei einer Reihe von Themen angelogen und damit seine Vereinbarung mit der Justiz gebrochen.

Manafort hatte sich in einem Gerichtsverfahren, das mit seiner früheren Beratertätigkeit in der Ukraine zusammenhängt, schuldig bekannt und war eine Vereinbarung mit der Justiz eingegangen, um Strafminderung zu bekommen.

Pikantes Treffen mit russischer Anwältin

Im Juni 2016 hatte Manafort an einem Treffen mit einer russischen Anwältin im Trump-Tower teilgenommen, die zuvor Trumps ältestem Sohn Donald Trump Jr. kompromittierendes Material über Clinton versprochen hatte - ein zentraler Punkt der Russland-Affäre im Kontext der gehackten E-Mails der Demokratin Hillary Clinton.

Das Treffen fällt somit in einen Zeitraum, in dem der damalige Präsidentschaftskandidat Trump nach neuesten Aussagen Cohens durchaus noch Geschäftsbeziehungen nach Russland pflegte.

Auch Trumps ehemaliger Wahlkampfberater George Papadopoulos war wegen Falschaussagen über seine Russlandkontakte zu einer zweiwöchigen Haftstrafe verurteilt worden, da er den Ermittlern zufolge bereits im April 2016 gewusst hatte, dass Russland Zugriff auf Clinton-E-Mails hatte.

Am 22. Juli 2016, drei Tage vor dem Parteitag der Demokraten, bei dem die Entscheidung zwischen Hillary Clinton und ihrem innerparteilichen Rivalen Bernie Sanders fallen sollte, veröffentlichte Wikileaks plötzlich gehackte E-Mails der US-Demokraten, die Trumps damalige Gegnerin im Präsidentschaftswahlkampf in ein schlechtes Licht rückten.

Der "Guardian" berichtete Anfang dieser Woche, dass sich Paul Manafort dreimal mit WikiLeaks-Gründer Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London getroffen haben soll, zuletzt im März 2016.

Russische Hacker-Angriffe nach Trumps Aufruf

Trump selbst lobte Wikileaks im Wahlkampf, obwohl die Enthüllungsplattform für US-Sicherheitskreise als rotes Tuch gilt. Und bei einer Wahlkampfveranstaltung am 27. Juli 2016 rief Trump Moskau indirekt zu einem Hack auf ("Russland, wenn du gerade zuhörst, ich hoffe, es gelingt dir, die 35.000 verschwundenen E-Mails zu finden.").

Die Ermittlungen ergaben, dass es noch am selben Tag einen russischen Hacker-Angriff auf die Server von Clintons Büro gegeben hatte. Im Oktober 2016 veröffentlichte Wikileaks dann tatsächlich 5.000 gehackte E-Mails aus dem Postfach von Clintons Wahlkampfmanager.

Die zeitlichen Bezugspunkte zeigen mit der neuen Aussage von Michael Cohen, dass es also durchaus Interessenkonflikte zwischen Trumps Geschäftsinteressen und seiner Präsidentschaftskandidatur gegeben haben könnte.

Wie schon in der Schweigegeldaffäre um Pornodarstellerin Stormy Daniels kommen auch im Fall des Trump-Towers erst nach und nach Details ans Licht.

Cohen hatte im August eingeräumt, dass er während des Wahlkampfes im Auftrag von Trump Schweigegeld an Daniels und eine andere Frau gezahlt habe, damit diese nicht über angebliche Affären mit dem Unternehmer auspacken.

Trump und sein Umfeld hatten in den Monaten zuvor verschiedene Darstellungen zu der Zahlung an Daniels verbreitet.

Trump und sein Anwaltsteam schickten in der vergangenen Woche Antworten auf Fragen Muellers an den Sonderermittler. Unklar ist, ob und in welchem Mass es dabei auch um den geplanten Immobiliendeal in Moskau ging - und ob sich Trumps Aussage von Cohens nun öffentlich gewordener Darstellung unterscheidet.

Trumps Anwalt Rudy Giuliani sagte der "New York Times", der Präsident habe gegenüber Mueller angegeben, von dem Vorschlag für das Bauprojekt gewusst und diesen mit Cohen diskutiert zu haben, bevor der Plan in sich zusammengefallen sei.

Giuliani sagte der Zeitung, die Ermittler hätten bestimmte Details nicht angesprochen, etwa wie lange das Projekt noch vorangetrieben worden sei, und dass Trump diese Details nicht von sich aus genannt habe. (dpa/mwo)  © dpa

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