Der stille politische Protest von Colin Kaepernick schlägt in den USA immer höhere Wellen. Präsident Donald Trump hat sich längst eingemischt - vielleicht hätte er dies aber besser nicht tun sollen.

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Was war der Auslöser?

Colin Kaepernick hat den Stein vor rund einem Jahr ins Rollen gebracht. Der Quarterback der San Francisco 49ers, Sohn eines weissen Vaters und einer schwarzen Mutter, blieb vor einem Testspiel seines Teams während der Nationalhymne einfach sitzen.

"Ich stehe nicht auf, um Stolz auf die Flagge eines Land zu zeigen, das schwarze und farbige Menschen unterdrückt", sagte Kaepernick damals.

Aus Solidarität mit den Opfern und Wut über die Vorkommnisse des Herbst 2016 habe der Starspieler der 49ers so gehandelt. Damals war es in den USA zu schweren Unruhen gekommen, nachdem Schwarze in mehreren Städten von weissen Polizisten erschossen worden waren. Im Zuge der "Black Lives Matter"-Bewegung war dies Kaepernicks stiller Protest.

Die Reaktionen waren zweigeteilt: Die einen sahen in Kaepernick einen Vaterlandsverräter, die anderen einen mündigen Profi, der gegen die Missstände der amerikanischen Gesellschaft boykottiert.

Ihm gleich taten es kurz danach Jelani Jenkins, Arian Foster, Michael Thomas und Kenny von den Miami Dolphins. Auch Brandon Marshall von den Denver Broncos und Michael Bennett von den Seattle Seahawks blieben während der Hymne sitzen, auch Superstar Marshawn Lynch von den Oakland Raiders kniete wie Kaepernick später zur Hymne.

Mit Catcher Bruce Maxwell vom MLB-Team Oakland Athletics ist inzwischen auch der erste Baseballspieler während der Hymne aufs Knie gesunken.

Warum ist dieses Thema so brisant?

Schon die ersten Reaktionen zeigten, in welch offene Wunde Kaepernick gestochen hatte. Selbst die eigenen Fans beschimpften ihn in den Tagen und Wochen danach, Kaepernick wurde für Teile der Football-Fans zur Persona non grata.

In San Francisco wurde er zum Bankspieler, er wolle damit nur von seinen schlechten Leistungen ablenken, hiess es.

Polizisten drohten der Liga sogar, Spiele der 49ers nicht mehr beschützen zu wollen, sofern Kaepernick sich nicht entschuldige. Donald Trump, damals noch Präsidentschaftskandidat mitten im Wahlkampf, legte dem Spieler nahe, sich "ein anderes Land" zu suchen.

Brisant ist das Thema auch deshalb, weil das "Star Spangled Banner" für die stolze Militärnation USA eine Art Heiligtum ist. Und weil, gerade nach den Rassenkonflikten in Charlottesville, die Gemengelage im Land ungeheuer explosiv ist.

Wie hat Trump reagiert?

Ungehalten, obszön und respektlos wie fast immer. Vor Anhängern im Bundesstaat Alabama sagte er neulich bei einer Rede, das Hinknien bei der Hymne sei eine "riesige Respektlosigkeit" gegenüber amerikanischen Traditionen und setzte seiner Tirade die Krone auf: "Würdet ihr es nicht gerne sehen, dass ein NFL-Teambesitzer sagen würde: ‚Nehmt den Hurensohn vom Feld. Weg mit ihm, er ist gefeuert‘, wenn jemand die Hymne nicht mitsingt und die Flagge nicht respektiert?"

Danach forderte er die Fans der NFL auf, sofort das Stadion zu verlassen, wenn sich auch nur ein Spieler aus Protest hinknien sollte.

Erst vor dem jüngsten Spieltag in der NFL erneuerte Trump seine Kritik und behauptete, der Hymnenstreit würde die Attraktivität der Liga negativ beeinflussen. "Die Spiele sind schon länger langweilig, aber nun bleiben viele Fans weg, weil sie unser Land lieben."

NFL-Commissioner Roger Goodell rüffelte den Präsidenten daraufhin scharf. "Kontroverse Kommentare wie diese zeigen mangelnden Respekt gegenüber der NFL, unserem grossartigen Sport und all unseren Spielern." Trump reagierte mit einer neuerlichen Aufforderung: "Sag ihnen, sie sollen stehen!"

Trump geht ein hohes Risiko mit seinen Attacken: Football ist ein Heiligtum in den Staaten, selbst Trump-Anhänger könnten auf eine offene Konfrontation zwischen der Liga, einzelnen Klubs und dem Weissen Haus negativ reagieren.

Wie reagieren Sportler und Medien auf Trump?

LeSean McCoy fand die bislang deutlichsten Worte. "Unser Präsident ist ein Arschloch", schrieb der Runningback der Buffalo Bills auf Twitter. LeBron James bezeichnete Trump als "Penner", nachdem der Präsident sich bemüssigt sah, Stephen Currys Ablehnung einer Einladung ins Weissen Haus zu rüffeln.

"Ins Weisse Haus zu kommen, war eine grosse Ehre - bis du aufgetaucht bist", twitterte James zu Currys Verteidigung.

Am Wochenende solidarisierten sich gleich mehrere Teams und ihre Franchises mit Kaepernick. Die Pittsburgh Steelers blieben fast geschlossen während der Hymne in der Kabine, einzig Alejandro Villanueva, ein Veteran und ehemaliger Soldat im Afghanistan-Einsatz, kam aus Respekt vor der Army aufs Feld.

Auch die Seattle Seahawks und die Tennessee Titans blieben während der Nationalhymne im Kabinentrakt. In Minneapolis solidarisierten sich sogar Fans mit den Spielern. Vor der Partie der Vikings gegen die Tampa Bay Buccaneers knieten Dutzende von ihnen schon draussen vor dem Stadion.

Drohen den Sportlern und den Klubs Strafen?

Im Normalfall bestraft die NFL jedwedes regelwidriges Verhalten. Nur gibt es für diese Situation keinen Präzedenzfall. "Die Spieler werden zwar ermutigt, aber nicht verpflichtet, während der Hymne zu stehen", sagt Pressesprecher Brian McCarthy.

Zumal das Spalier zur Hymne noch eine relativ neue "Erfindung" der NFL ist - und zwar aus Promotionzwecken. Erst seit acht Jahren stehen die Mannschaften und Betreuerteams bei der Hymne - zuvor verweilten die Teams obligatorisch in den Kabinen.

Die NFL sollte als eine Art Werbeplattform für das US-Militär dienen, die Spieler als nationale Identifikationsfiguren. Bezahlt wird der Patriotismus nach Plan vom US-Verteidigungsministerium - und somit von Trumps Regierung.

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