Mit Gina Haspel wird erstmals eine Frau an der Spitze des US-Geheimdienstes CIA stehen. Doch die Nominierung der 61-Jährigen ist umstritten: Haspel trägt Verantwortung für die Folter von Gefangenen.

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Gina Haspel verkörpert das, was auch für die Arbeit des mächtigen US-Auslandsgeheimdienstes CIA gelten soll: Über die 61-Jährige ist, abseits ihres beruflichen Werdegangs, kaum etwas bekannt.

Es gelangen kaum Bilder oder Informationen über ihr Privatleben an die Öffentlichkeit. Sie sei "wie ein Phantom", schreibt "Spiegel Online". Das Foto, das von der CIA selbst veröffentlicht wurde, zeigt eine freundlich lächelnde Frau mit braunen Haaren.

Doch Haspel hat auch eine knallharte Seite: Ihr Name wird im Zusammenhang mit Geheimgefängnissen, Folter und der Vernichtung von Beweisen genannt. Das hielt US-Präsident Donald Trump nicht davon ab, die bisherige Vize-Chefin der Behörde am Dienstag zur ersten weiblichen CIA-Direktorin der Geschichte zu berufen. "Ein historischer Meilenstein", sagte Trump vor Reportern im Weissen Haus.

Haspel muss noch vom Senat bestätigt werden. Aber genau dort könnte es Widerstand geben, denn über Haspels Karriere liegt ein dunkler Schatten.

Verantwortung für "alternative Verhörmethoden"

Gina Cheri Haspel, so ihr vollständiger Name, kam am 1. Oktober 1956 zur Welt. Ihre Herkunft, ihre Schul- und Universitätslaufbahn sowie ihr Privatleben werden aus Sicherheitsgründen geheim gehalten.

1985 stiess sie zur CIA. Die ehrgeizige Haspel, die von Wegbegleitern als hoch analytisch, scharfsinnig und wertschätzend beschrieben wird, arbeitete sich schnell nach oben. Sie bekleidete verschiedene hochrangige Positionen des US-Geheimdienstes rund um den Globus, darunter als Leiterin der Büros in New York und London. Trump ernannte sie 2017 zur stellvertretenden CIA-Chefin.

Besondere Brisanz erhält die Nominierung Haspels durch die Aktivitäten, die sie nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 verantwortete. Die Bush-Regierung hatte damals sogenannte "alternative Verhörmethoden" genehmigt. Unter anderem wurden Beschuldigte entführt und zum Verhör in Drittstaaten transportiert. Als Leiterin des Geheimgefängnisses "Cat’s Eye" in Thailand war Haspel für die Folter von zwei mutmasslichen Mitgliedern des Terrornetzwerkes Al-Kaida verantwortlich.

So kam beim Verhör des Terrorverdächtigen Abu Zubaydah 83 Mal die Verhörmethode "Waterboarding" zum Einsatz, wie die CIA später eingeräumt hat. Bei dieser Foltermethode haben die Betroffenen das Gefühl zu ertrinken.

Laut US-Magazin "New Yorker" sei Haspel bei den Verhören vor Ort gewesen. Ob sie direkt beteiligt war, ist nicht bekannt. Später half die frisch nominierte CIA-Direktorin dabei, die Videoaufnahmen der Verhöre zu beseitigen.

Donald Trump äussert sich zur Folterdebatte widersprüchlich: In einem Tweet aus dem Jahr 2015 verteidigte er die Praktiken, später verurteilte er sie. Haspels Ernennung zeigt zumindest, dass für den US-Präsidenten die Foltervorwürfe gegen seine Kandidatin kein Karrierehindernis sind.

Kritik durch US-Senator

Der republikanische Senator John McCain, der als Kriegsgefangener in Vietnam selbst gefoltert wurde, forderte Haspel auf, den "Charakter und das Ausmass" ihrer Beteiligung an dem Verhörprogramm der CIA zu erklären. McCain schrieb auf "Twitter", die Folter von Gefangenen in US-Gewahrsam gehöre zu den "dunkelsten Kapiteln in der amerikanischen Geschichte". Bisher hat Haspel noch nie zu den Vorwürfen gegen sie Stellung bezogen.

In einem Kommentar auf CNN heisst es, Haspel habe eine Geschichte, die die "Kerngrundsätze der amerikanischen Werte" verletze. John Sifton von "Human Rights Watch" sagte dem arabischen TV-Sender "Al Jazeera": "Das ist eine Frau, die gezeigt hat, dass sie bereit ist, das Gesetz zu brechen. Das ist das Verstörendste an dieser Nominierung." Die europäische Menschenrechtsorganisation ECCHR wollte Haspel sogar schon einmal vor ein deutsches Gericht bringen – allerdings ohne Erfolg.

In Haspels Anhörung vor dem Senat zu ihrer Ernennung wird das Thema Folter auf der Tagesordnung stehen, glaubt man Aussagen von US-Politikern. "Wir wollen sicherstellen", kündigte der demokratische Senator Mark Warner an, "dass die Führungen von Militär und der Geheimdienste unsere Überzeugung teilen, dass Folter nicht mehr die Politik der US-Regierung sein wird."

Gina Haspel, die Frau mit der dunklen Vergangenheit, wird sich erstmals zu den Schattenseiten ihrer Berufsbiografie äussern müssen.

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