Vor einem Jahr wollte US-Präsident Donald Trump den Vereinigten Staaten Grönland einverleiben - und machte prompt ein Kaufangebot. Nun jährt sich der Tag, an dem der 74-Jährige sein Interesse bekundete. Seitdem ist die Aufmerksamkeit um Grönland gestiegen.

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Die Antworten aus Nuuk und Kopenhagen auf das Kaufangebot von Donald Trump waren unmissverständlich: Nein, Grönland stehe natürlich nicht zum Verkauf, machte die grönländische Regierung dem US-Präsidenten ebenso klar wie Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, die von einer "absurden Diskussion" sprach. Trump war beleidigt. "So spricht man nicht mit den Vereinigten Staaten - zumindest unter mir", sagte er, nachdem er am 21. August 2019 kurz zuvor - stilecht per Twitter - eine Reise nach Kopenhagen kurzfristig und mit ausdrücklichem Verweis auf Grönland abgeblasen hatte.

Aufmerksamkeit um Grönland steigt

All das ist erst ein Jahr her, im Trump-Universum erscheint das aber wie eine Ewigkeit. Die Aufmerksamkeit für das politisch zum dänischen Königreich gehörende Grönland ist seitdem rapide gestiegen. Und auch das Buhlen der US-Regierung um wachsenden Einfluss auf der grössten Insel der Erde hat nicht aufgehört: Erst schickte sie umgerechnet über elf Millionen Euro für zivile Projekte dorthin, im Juni wurde dann nach fast 70 Jahren wieder ein US-Konsulat in der grönländischen Hauptstadt Nuuk eröffnet. Und anstatt auf einer Kurzreise nach Europa in Berlin oder Paris Halt zu machen, schaute US-Aussenminister Mike Pompeo vor knapp einem Monat woanders vorbei - in Kopenhagen.

"Dänemark ist in der Tat ein starker und nobler Partner der Vereinigten Staaten", sagte Pompeo bei der Stippvisite in der dänischen Hauptstadt. Von Krise zwischen den Nato-Partnern wegen der Grönland-Sache keine Spur. Stattdessen: viele nette Worte.

Die betont gute Stimmung konnte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass hinter Trumps Kaufangebot viel mehr steckte als eine spontane, nichtssagende Offerte unter Freunden. Den USA geht es nicht nur um die wertvollen Rohstoffe Grönlands und die Schifffahrtsrouten, die mit zunehmendem Klimawandel in der Arktis immer freier passierbar werden. Vielmehr wollen Trump und seine Regierung vor allem einen fernhalten, der sich gerne als "arktisnaher Staat" bezeichnet: China.

Investitionsprogramm "polare Seidenstrasse"

China ist zwar kein Anrainerstaat, versucht aber trotzdem, seinen Einfluss in der Arktis zu stärken. In einem Positionspapier bezeichnete sich die Volksrepublik vor zwei Jahren erstmals selbst als einen "arktisnahen Staat", der in Teilen der Region das Recht auf Forschungsaktivitäten, Seefahrten, Überflüge, das Verlegen von Pipelines sowie die Ausbeutung von Rohstoffen habe. China betreibt bereits Forschungsstationen in der Region und baut für die Gewässer gerüstete Eisbrecher. Mit einem auf den Namen "polare Seidenstrasse" getauften Investitionsprogramm verspricht Peking den Arktisstaaten zudem neue Chancen für ihre wirtschaftliche Entwicklung.

Auch Russland spielt in der Region gehörig mit. Das zum Arktischen Rat zählende Land hat es vor allem auf die Rohstoffe abgesehen. Es geht um riesige Öl- und Gasreserven, die Moskau auf dem Festland der Arktis für sich beansprucht - und das auch schon bei der UN geltend gemacht hat. Das schmelzende Eis dürfte dabei gelegen kommen, weil es den Abbau von Rohstoffen erleichtert. Und Kremlchef Wladimir Putin betont immer wieder, für wie bedeutsam er die Polarregion in geopolitischer Hinsicht hält. Erst vor wenigen Monaten unterzeichnete er die "Nationale Arktis-Strategie", die bis 2035 reicht.

Eigener US-Koordinator für die Arktis

Die USA beklagen schon lange den aus ihrer Sicht wachsenden Einfluss der Russen, den diese auch mit deutlicher Militärpräsenz und Manövern untermauern. Noch misstrauischer blickt Washington aber nach Peking - auch wegen der Arktis, wie Pompeo in Kopenhagen betonte.

Pompeos Ministerium hat Ende Juli eigens einen US-Koordinator für die Arktis ernannt: Der erfahrene Diplomat Jim DeHart soll die arktischen US-Interessen voranbringen. Die US-Mission ist klar: "Die USA spielen innerhalb der internationalen Gemeinschaft eine entscheidende Führungsrolle bei arktischen Angelegenheiten", wie es vom State Department hiess. Grönland und auch die ebenfalls zum Königreich Dänemark zählenden Färöer-Inseln betonen derweil vermehrt, dass sie sich eine grössere bilaterale Zusammenarbeit mit den USA wünschen.

Wird die Arktis somit immer stärker in Streitigkeiten zwischen den Weltmächten hineingezogen? Vor diesem Risiko warnen dänische Forscher bereits seit längerem. In einem Bericht zeigten Wissenschaftler des Dänischen Instituts für Internationale Studien (DIIS) zuletzt die wachsende strategische und wirtschaftliche Bedeutung der Region für die Weltmächte auf, während das Eis schmilzt.

Grosses Konfliktpotenzial

Dabei gebe es zwei Arten von Konfliktpotenzial, sagte der Hauptautor Mikkel Runge Olesen. Zum einen konkurrierten Staaten in der Region um Teile des Meeresbodens, die Rohstoffgewinnung und den Zugang zu neuen Seerouten. Zum anderen handele es sich um grosspolitische Konflikte, in denen es zunächst nicht direkt um die Arktis gehe, bei denen diese aber zum Spielstein bei grösseren Machtspielen werden könnte. Bei letzterem sehe man das grösste Konfliktpotenzial, so Runge Olesen.

Dänemark ist sich der Lage nur allzu sehr bewusst. "Mit dem gewachsenen internationalen Fokus auf die Arktis und den Nordatlantik bekommt unsere Zusammenarbeit in der Reichsgemeinschaft eine neue Dimension", erklärte Frederiksen zu Jahresbeginn. Nicht umsonst sassen beim Pompeo-Besuch in Kopenhagen neben dem dänischen Aussenminister Jeppe Kofod noch zwei weitere mit am Tisch: die Aussenbeauftragten Grönlands und der Färöer-Inseln, Steen Lynge und Jenis av Rana.

Obwohl Trumps Kaufangebot laut Kofod nicht noch einmal zur Sprache kam, dürfte Lynge und av Rana besonders ein Satz gefallen haben: "Wir diskutieren die Arktis nur gemeinsam und koordiniert mit Grönland und den Färöer-Inseln, und das in allen Aspekten der Arktis, darunter auch die Sicherheitspolitik", sagte Kofod. Wenn Trumps Offerte also eines bewirkt hat, dann dieses: Dänemark muss sich angesichts des wachsenden Interesses der Weltmächte stärker zeigen bei seinen Brüdern im Norden. (dar/dpa)

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