Hat Trump sein Amt missbraucht, um seinem politischen Gegner Biden im Rennen um die Präsidentschaft zu schaden? Diese Frage elektrisiert Washington. Vorwürfe im Zusammenhang mit der Ukraine haben Forderungen nach einem Amtsenthebungsverfahren neuen Schwung gegeben.

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Wegen Vorwürfen des Machtmissbrauches gegen Donald Trump leiten die US-Demokraten erste konkrete Schritte für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten ein. Das kündigte die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am Dienstag in Washington an. Sie warf Trump Verfassungsbruch vor und sagte: "Niemand steht über dem Gesetz." Trump sprach auf Twitter von einer "Hexenjagd". Der Schritt der Demokraten kommt wenige Tage nach dem Bekanntwerden von Anschuldigungen gegen Trump im Zusammenhang mit der Ukraine. Das Prozedere eines solchen Amtsenthebungsverfahrens ist kompliziert, und die Erfolgsaussichten sind gering.

Was hat Trump der Ukraine versprochen?

Seit Tagen sorgen neue Vorwürfe gegen Trump für Wirbel in Washington. Demnach soll er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat im Juli mehrfach aufgefordert haben, Ermittlungen einzuleiten, die dem demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden schaden könnten. Im Gegenzug soll Trump dem Ukrainer auch ein unangemessenes "Versprechen" gegeben haben - zu dessen Inhalt ist indes nichts bekannt. US-Medien berichteten, Trump habe persönlich angeordnet, der Ukraine zugesagte Hilfen von rund 400 Millionen US-Dollar zunächst nicht auszuzahlen.

Trump spricht von "Hexenjagd"

US-Präsident Donald Trump hat die Demokraten scharf für ihre Ankündigung kritisiert, erste Schritte für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen ihn zu starten. "So ein wichtiger Tag bei den Vereinten Nationen, so viel Arbeit und so viel Erfolg und die Demokraten mussten ihn absichtlich ruinieren und herabsetzen", twitterte Trump am Dienstag und sprach von "Hexenjagd-Müll". "So schlecht für unser Land!"

Demokraten sehen in dem Vorfall einen möglichen Amtsmissbrauch und versuchte Beeinflussung der nächsten Präsidentschaftswahl, die im November 2020 ansteht. Trump hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen. Zudem erklärte er, die Veröffentlichung der Mitschrift des strittigen Telefonats genehmigt zu haben. Die Öffentlichkeit werde dann sehen, "dass es ein sehr freundliches und absolut angemessenes Gespräch war", twitterte Trump.

Rufe wurden immer lauter

In den Reihen der Demokraten gibt es schon seit langem Rufe nach einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump - vor allem wegen der Russland-Affäre. Ein Sonderermittler hatte rund zwei Jahre lang untersucht, ob Trumps Wahlkampflager geheime Absprachen mit Russland zur mutmasslichen Einmischung Moskaus in den US-Wahlkampf 2016 traf und ob Trump als Präsident später die Justizermittlungen behinderte. Das Ermittlerteam förderte einige belastende Punkte gegen Trump zu Tage, legte alles weitere aber quasi in die Hand des Kongresses.

Angesichts der neuen Vorwürfe rund um die Ukraine sprachen sich zuletzt immer mehr demokratische Abgeordnete dafür aus, nun doch ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump in Gang zu setzen. US-Medien bezifferten die Zahl der Befürworter zuletzt auf mehr als 150.

Ein sogenanntes Impeachment könnte zwar mit der Mehrheit der Demokraten im Abgeordnetenhaus angestrengt werden - nach allerlei Untersuchungen und einer Identifizierung von bestimmten Anklagepunkten. Nötig wären dafür mindestens 218 Stimmen in der Kammer. Die Demokraten haben dort eine Mehrheit von 235 der 435 Stimmen. Die Entscheidung über eine tatsächliche Amtsenthebung liegt aber im Senat, wo Trumps Republikaner die Mehrheit haben. Die Chancen, dass die Demokraten mit ihrem Vorhaben Erfolg haben, sind also gering.

Impeachment-Verfahren könnte zum Bumerang werden

Pelosi, die Frontfrau der Demokraten im US-Kongress, hatte einem Amtsenthebungsverfahren bislang sehr skeptisch gegenübergestanden. In der Vergangenheit verwies sie immer wieder auf die hohen Hürden und die damit verbundenen Risiken. Die sind für die Demokraten nicht unerheblich. Würden die Republikaner ein solches Verfahren mit ihrer Mehrheit im Senat noch vor der nächsten Wahl im kommenden Jahr scheitern lassen, würde das den Demokraten mitten im Wahlkampf eine empfindliche Pleite bescheren - während sich Trump mit einem grösstmöglichen "Freispruch" durch den Kongress brüsten könnte.

Unklar ist auch, ob ein solches kompliziertes Verfahren überhaupt bis zur Wahl abgeschlossen wäre. Bisher ist noch kein US-Präsident durch ein Impeachment-Verfahren des Amtes enthoben worden.

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