Seit Wochen dominiert das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Trump die Schlagzeilen in Amerika. Am Freitag dürfte eine zentrale Frage entschieden werden. Davon hängt ab, ob das Verfahren schnell zu Ende geht - oder sich noch zieht.

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Das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump im US-Senat steuert auf eine wichtige Entscheidung zu: An diesem Freitag dürften die Senatoren über die zentrale Streitfrage abstimmen, ob in dem Verfahren neue Zeugen und Beweise zugelassen werden. Die Demokraten sehen sich durch neue Vorwürfe in der Ukraine-Affäre gegen Trump in ihrer Forderung nach neuen Zeugen bestärkt und wollen unter anderem Trumps geschassten Nationalen Sicherheitsberater John Bolton befragen.

Demokraten hoffen auf republikanische Überläufer

Das Weisse Haus und die Führung der Republikaner im Senat wollen die Anhörung von Zeugen verhindern und das Verfahren rasch zu Ende bringen. Die Republikaner haben 53 der 100 Sitze in der Kammer und damit eine Mehrheit. Um Zeugenaussagen zuzulassen, müssten vier republikanische Senatoren mit den Demokraten stimmen. Das erscheint möglich, aber keinesfalls gesichert.

Sollten keine Zeugen zugelassen werden, könnte die republikanische Mehrheit Trump freisprechen oder das Verfahren abweisen - womöglich sogar schon am Freitag. Sollten neue Zeugen gehört werden, könnte sich das Impeachment-Verfahren dagegen noch über Wochen hinziehen. In beiden Fällen ist eine Amtsenthebung Trumps so gut wie ausgeschlossen. Dafür müssten 67 Senatoren für mindestens einen der beiden Anklagepunkte des Repräsentantenhauses stimmen. 20 Republikaner müssten auf die Seite der Demokraten wechseln.

Anklage wegen Machtmissbrauch

Das Repräsentantenhaus hat Trump mit der Mehrheit der Demokraten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Kongress angeklagt: Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen Biden gedrängt haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Die Demokraten sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen unter anderem die Freigabe der Militärhilfe abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Parlaments zu blockieren.

Der Senat nimmt bei dem Amtsenthebungsverfahren die Rolle eines Gerichts ein und entscheidet über die Anklagepunkte. Am Donnerstag setzten die Senatoren die Befragungen der Anklagevertreter des Repräsentantenhauses und der Verteidiger Trumps fort.

Dershowitz sorgt für Empörung

Bei den demokratischen Anklagevertretern sorgte eine Aussage des emeritierten Harvard-Professors Alan Dershowitz, der dem Trump-Team angehört, für Empörung. Dershowitz hatte am Mittwoch argumentiert, wenn ein Politiker davon ausgehe, dass seine Wiederwahl im nationalen Interesse sei, dann könnten Massnahmen, die er dafür ergreife, nicht zu einem Amtsenthebungsverfahren führen.

Der Leiter des Anklageteams, Adam Schiff, sagte am Donnerstag, mit diesem Argument könne ein Präsident tun, was er wolle. "Das ist die Normalisierung der Gesetzlosigkeit." Der einzige Grund für eine solche Argumentation sei, dass die Verteidiger wüssten, dass Trump schuldig sei. "Das ist ein Argument aus Verzweiflung." Schiff sprach von "einem Abstieg in den Verfassungswahnsinn".

Bolton bestärkt Demokraten

Die Anklagevertreter forderten am Donnerstag erneut die Zulassung neuer Zeugen. "Ein faires Verfahren erfordert Zeugen", sagte Schiff vor Beginn der Sitzung. Die Demokraten sehen sich in ihrer Forderung durch einen Bericht über ein noch unveröffentlichtes Buch von Ex-Sicherheitsberater Bolton bestärkt.

Die "New York Times" hatte unter Berufung auf das Manuskript berichtet, Trump solle Bolton im August gesagt haben, er wolle Militärhilfe für die Ukraine so lange zurückhalten, bis Kiew Ermittlungen gegen seinen Rivalen Biden einleite. Das widerspricht einem Kernpunkt von Trumps Verteidigung im Impeachment-Verfahren.

Bolton-Buch wird zensiert

Das Weisse Haus will die Veröffentlichung des Buchs verhindern. Der Nationale Sicherheitsrat erklärte, Boltons Manuskript scheine "bedeutende Mengen geheimer Informationen" zu enthalten. Nach geltendem Recht und einer von Bolton unterzeichneten Vertraulichkeitsvereinbarung dürfe das Manuskript nicht veröffentlicht werden, bevor diese Informationen gelöscht seien, hiess es in einem auf Donnerstag vergangener Woche datierten Brief an Boltons Anwalt Charles Cooper weiter.

Cooper veröffentlichte am Mittwochabend (Ortszeit) seine Antwort, in der er betonte, dass die Informationen in Boltons Manuskript zum Thema Ukraine nach "vernünftigem" Massstab nicht als geheim eingestuft werden könnten. Bolton sei bereit, im Senat auszusagen, erklärte Cooper. Bislang habe das Weisse Haus ihm aber noch keine Antwort gegeben, welche Passagen im Kapitel zur Ukraine beanstandet würden. (dpa/mss)

Bolton

Ukraine-Affäre: Ex-Sicherheitsberater Bolton soll Trump schwer belasten

Nach Berichten der NY Times bestätigt Ex- Sicherheitsberater John Bolton in einem noch unveröffentlichten Buch, dass US-Präsident Trump Militärhilfe für die Ukraine an Ermittlungen gegen Konkurrent Biden geknüpft hat.
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