Nun ist ein wichtiger Schlag gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gelungen: Ihr Anführer Abu Bakr al-Bagdadi ist bei einem US-Militäreinsatz in Syrien getötet worden. Das verkündete US-Präsident Donald Trump am Sonntag persönlich im Weissen Haus. Russland zweifelt allerdings an der US-Operation.
Der Chef der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Abu Bakr al-Bagdadi, ist nach Angaben von US-Präsident
Auch zahlreiche seiner Kämpfer seien getötet worden. US-Soldaten seien nicht zu Schaden gekommen. Al-Bagdadi sei gestorben, als er bei der Operation eine Sprengstoffweste zur Detonation gebracht habe.
Der Kommandeur der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Maslum Abdi, schrieb auf Twitter, Bagdadis Tod sei das Ergebnis einer über fünf Monate andauernden Geheimdienstzusammenarbeit gewesen. Der IS-Chef sei dann bei einer gemeinsamen Operation getötet worden.
Grossbritannien und Israel begrüssen Nachricht
Grossbritannien und Israel haben die Nachricht begrüsst. Der israelische Ministerpräsident
Der Einsatz beweise "unsere Entschlossenheit - der USA und aller freier Länder - Terrororganisationen und -staaten zu bekämpfen". Al-Bagdadis Tod sei "ein wichtiger Meilenstein, aber die Schlacht steht uns noch bevor", sagte Netanjahu demnach.
Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace erklärte: "Die Welt wird Al-Bagdadi nicht vermissen." Der IS sei eine der mörderischsten Terrororganisationen der Gegenwart.
Der britische Aussenminister Dominic Raab sagte: "In der Folge des Todes des Daesh-Anführers, dürfen wir Daesh nicht erlauben, jemanden zu glorifizieren, der solch unmenschliche, abscheuliche Straftaten begangen hat." Grossbritannien werde weiter am Sieg über den IS arbeiten. Daesh wird im anglo-aerikanischen Sprachraum häufig als Synonym für den IS verwendet.
Russland zweifelt an US-Operation
Das russische Verteidigungsministerium hat allerdings Beweise für die Operation gefordert. Es gebe von den mutmasslich beteiligten Seiten in Details widersprüchliche Angaben, die Zweifel aufkommen liessen, sagte Generalmajor Igor Konaschenkow am Sonntag in Moskau nach einer Mitteilung des Ministeriums.
Es gebe keine überzeugenden Informationen, dass die USA in der von ihnen nicht kontrollierten Zone in Syrien solch eine Operation durchgezogen hätten. Der Sprecher meinte ausserdem, dass am Samstag oder in den vergangenen Tagen keine Luftschläge in der Idlib-Zone verzeichnet worden seien.
Russland hat nicht nur eigene Truppen in Syrien. Die russische Weltraumaufklärung beobachtet das Geschehen dort auch mit Satelliten. Am Samstag hatte das Ministerium den USA massiven Ölschmuggel aus Syrien vorgeworfen und dazu Bilder veröffentlicht.
General Konaschenkow sagte auch, dass die Region von der militanten islamistischen Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) dominiert werde. Der frühere Ableger der Terrororganisation Al-Kaida habe dort bisher alle IS-Zellen kompromisslos ausgelöscht. Dass sich der IS-Anführer ausgerechnet dort in aller Ruhe aufgehalten haben soll, müsse zumindest bewiesen werden.
IS-Anführer bereits mehrfach für tot erklärt
Die von der Kurdenmiliz YPG dominierten SDF waren bisher der wichtigste Verbündete der US-Streitkräfte im Kampf gegen den IS. Zuletzt geriet dieses Bündnis allerdings unter erheblichen Druck.
Trump steht seit Wochen in der Kritik, weil er die US-Truppen aus dem nordsyrischen Grenzgebiet zur Türkei abgezogen hat. Damit ebnete er den Weg für eine türkische Offensive gegen die YPG in der Region. Trump wurde auch aus seiner eigenen republikanischen Partei vorgeworfen, die verbündete Kurdenmiliz im Stich gelassen zu haben.
Der Aufenthaltsort des bereits mehrfach für tot erklärten IS-Chefs war unbekannt. Mit dem von den USA ausgesetzten Kopfgeld von 25 Millionen Dollar (rund 22 Millionen Euro) ist Al-Bagdadi einer der meistgesuchten Terroristen der Welt gewesen. Zuletzt hatte der IS im April ein Video mit Al-Bagdadi verbreitet, in dem er dem Westen mit Angriffen drohte.
Niemand wusste, wie er aussieht
Details über die Biografie von Abu Bakr al-Bagdadi, den selbst ernannten "Kalifen Ibrahim", sind mit Vorsicht zu geniessen. Häufig lassen sie sich nicht verifizieren. Lange Zeit wusste kaum jemand, wie der Chef der Terrormiliz IS aussieht, da es nur zwei Fotos von ihm gab.
Wenige Tage nach Ausrufung des Kalifats Ende Juni 2014 tauchte er dann völlig überraschend in einer Moschee in der nordirakischen Stadt Mossul auf, wo er die Freitagspredigt hielt. Danach aber zeigte er sich lange nicht mehr.
Immer wieder gab es Gerüchte, er sei bei Angriffen verletzt oder sogar getötet worden. Erst im April - nach dem endgültigen Zerfall des vom IS ausgerufenen Kalifats - zeigte er sich noch ein zweites Mal in einem Video. Zwischendurch verbreitete der IS vereinzelt Audio-Botschaften seines Anführers.
Al-Bagdadi wurde 1971 in der irakischen Stadt Samarra geboren. An der Universität Bagdad machte er einen Abschluss in Islamischen Studien. Nach dem Sturz von Langzeitherrscher Saddam Hussein im Jahr 2003 sass er eine Zeit lang in einem US-Gefängnis im Irak.
IS-Ableger sind in zahlreichen Ländern aktiv
Im Jahr 2010 übernahm Al-Bagdadi die Führung des Al-Kaida-Ablegers im Irak, der damals noch "Islamischer Staat im Irak" hiess. Nach und nach begann die Gruppe, sich nach Syrien auszudehnen. Darüber brach Al-Bagdadi mit Al-Kaida, weil er nicht die Forderung der Führung des Terrornetzwerkes akzeptieren wollte, sich auf den Irak zu beschränken.
Mit Ausrufung des Kalifats benannte sich die Terrormiliz in Islamischer Staat um. Damit verbunden war der Anspruch, alle Muslime weltweit zu vereinen und zu führen. Nach und nach verlor der IS jedoch sein Herrschaftsgebiet im Irak und in Syrien wieder. Offiziell galt der IS mit dem Fall seines letztes Rückzugsorts im ostsyrischen Baghus als besiegt.
Noch vor wenigen Monaten ging die von den USA geführte Anti-IS-Koalition aber in einem Bericht davon aus, dass sich noch zwischen 14.000 und 18.000 IS-Angehörige im früheren Herrschaftsgebiet der Extremisten zwischen Syrien und dem Irak aufhalten sollen. Mittlerweile sind IS-Ableger in zahlreichen Ländern aktiv. (ff/dpa/afp)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.