In den USA wurde der Präsidentensprecherin ein Essen im Restaurant verweigert. Der Effekt solcher Aktionen dürfte begrenzt sein: Sie schweissen Trumps Anhänger eher zusammen, glaubt ein Experte.
In einer Kleinstadt in Virginia wollte Sarah Sanders, Sprecherin von US-Präsident
Präsident Trump bezeichnete das Restaurant auf Twitter daraufhin als "dreckig" - aus dem missglückten Abendessen wurde ein politisches Streitthema.
Erzielen solche Aktionen der Trump-Gegner überhaupt den gewünschten Effekt? Tobias Endler, USA-Experte an der Universität Heidelberg, ist skeptisch. Damit begebe man sich eher auf Trumps Spielfeld, sagt er im Interview mit unserer Redaktion.
Herr Endler, Trumps Sprecherin ist in Virginia gebeten worden, ein Restaurant zu verlassen. Was sagt das über das gesellschaftliche Klima in den USA?
Tobias Endler: Diese Eskalationsspirale ist nicht zu unterschätzen, wird aber vom Trump-Lager auch permanent weitergedreht. Das ist mittlerweile ein Schlagabtausch vom Typ Auge um Auge, Zahn um Zahn - genau der Typ Konfrontation, den Trump herbeiführen will.
Wir befinden uns sozusagen auf seinem Spielfeld. Ich finde, dass er nach wie vor den Takt vorgibt. Dabei überrascht Trump doch eigentlich niemanden mehr mit seinen Taschenspielertricks und seinem Getöse.
Bringt diese Art von Widerstand also nichts? Der Politikberater David Axelrod glaubt, dass Trumps Gegner ihm damit in die Hände spielen.
Das sehe ich ähnlich. Es ist vollkommen legitim, gegen Trump zu demonstrieren. Und ich denke auch, dass man im Sinne einer wehrhaften Demokratie gegen seine Amtsführung vorgehen muss. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es den gewünschten Effekt erzielt, wenn man seiner Sprecherin ein Essen verweigert.
Ich sehe nicht, was das an Trumps Kurs ändern würde. Auch die Idee hierzulande, Trump und seiner Trump Organization über gezielte passgenaue Sanktionen nun direkt weh zu tun, wird ihn wohl kaum einlenken lassen.
Allerdings hat auch die Abgeordnete Maxine Waters gefordert: Trumps Gegner sollten den Mitgliedern seiner Administration überall im öffentlichen Leben klar machen, dass sie nicht willkommen seien.
Maxine Waters ist eine Institution. Sie repräsentiert Kalifornien schon seit Anfang der 90er im Repräsentantenhaus, hat also Jahrzehnte politischer Erfahrung. Doch der Ansatz, gegen Trump massiv mobil zu machen, hat in den USA einen besonderen Klang. In den Ohren vieler Amerikaner klingt das nach Strassenkampf - und das schweisst das Trump-Lager eher zusammen.
Wie reagiert Trump darauf?
Man sieht es an seiner Reaktion auf Twitter, wo er erstens Waters' Intelligenz beleidigt und ihr zweitens eine Aussage unterstellt hat, die sie nicht getroffen hat. Er droht ihr unverhohlen und stachelt seine eigenen Anhänger enorm an. Er kämpft mit Bandagen, die einen erschrecken lassen. Das zeigt, dass Waters einen wunden Punkt getroffen hat.
Mehr noch aber, wie er Politik auffasst. Dieser Konflikt färbt inzwischen das ganze Land ein. Es ist ganz schwierig, sich dieser Auseinandersetzung zu entziehen oder auf ein anderes Niveau zu wechseln.
Gibt es überhaupt noch Wege, Trump in die Schranken zu verweisen?
Es gibt institutionelle Wege - aber ich bin skeptisch, ob sie ihn im Zaum halten können. Im Herbst sind Zwischenwahlen, traditionell gibt es für den Präsidenten da einen Dämpfer. Allerdings haben die Demokraten einen höheren Berg zu bezwingen als Trumps Republikaner. Es stehen viele demokratische Sitze auf dem Spiel.
In North Dakota zum Beispiel muss eine Demokratin ihren Sitz verteidigen - in einem Staat also, den Trump bei den Präsidentschaftswahlen haushoch gewonnen hat. Auch die Judikative ist in seinem Sinne aufgestellt. Am Obersten Gerichtshof bekommt Trump jetzt die Chance, eine Richterstelle nachzubesetzen. Und es könnte nicht die letzte bleiben.
Wie sehr vertieft sich unter Trump die gesellschaftliche Spaltung in den USA?
Das Land war die meiste Zeit seiner Geschichte über gespalten: ethnisch, religiös, wirtschaftlich, politisch. Die USA waren stets ein Marktplatz unterschiedlicher Ideen. Werbung in den USA hiess schon immer: das eigene Produkt gut darstellen und das andere Produkt ganz ungeniert niedermachen.
Bisher gab es aber zwei Faktoren, die all diese Gegensätze irgendwie entkrampft haben. Der erste war die schiere Grösse des Landes: In den USA ist der nächste Nachbar häufig weit entfernt, jeder kann sein Ding machen. Oder man zieht in den nächsten Bundesstaat.
Mit den sozialen Medien ist man sich mittlerweile oft näher, als einem lieb ist. Man kann Trump nicht mehr entkommen, er heizt die Diskussion ungemein auf.
Und der zweite Faktor?
Früher gab es die Idee, dass die USA ein Modell für die Welt sind, ein leuchtendes Beispiel nach Aussen, das im Inneren zusammenhält, die Stadt auf dem Hügel. Ich habe das Gefühl, dass auch das weggefallen ist. Das Land schaut nur noch nach innen, konzentriert sich auf sich selbst und kocht langsam über.
Gleichzeitig hat Trump den Anspruch, dass die USA sich global für Demokratie einsetzen, komplett aufgegeben. Das ist auf Dauer nicht unbedingt eine gute Nachricht, denn andere wie China und Russland werden die Lücke zu nutzen wissen.
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