Das von US-Präsident Donald Trump verfügte Einreiseverbot, der sogenannte "Muslim Ban", ist gekippt - zumindest vorerst. Ein Bundesrichter in Seattle hat das Trump-Dekret ausgesetzt. Das gilt für die gesamten USA. Doch der Rechtsstreit wird weiter gehen - vermutlich bis zum Supreme Court. Wir erklären, worum sich der Streit dreht und wie am Ende vermutlich entschieden wird.

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Kein anderes Dekret des US-Präsidenten Donald Trump hat weltweit für so viel Aufsehen gesorgt wie das zum Einreisestopp für Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern. Von einem "Muslim Ban" - einem Verbot für die Einreise von Muslimen - war die Rede. Das Trump-Lager hingegen begründet das Einreiseverbot mit dem Kampf gegen den Terror.

Bereits kurz nach dem Erlass wurden Klagen dagegen angestrengt, nun entscheiden Gerichte, ob das Dekret zulässig ist.

Was beinhaltet das Dekret?

Dem Dekret zufolge, das am 27. Januar erlassen worden ist, dürfen Bürger aus dem Iran, Irak, Jemen, Libyen, Somalia, Sudan und Syrien für 90 Tage nicht einreisen. Zunächst galt das auch für Inhaber von Visa und Greencards sowie für Personen mit einem dieser Pässe und einem weiteren (ausser einem US-Pass). Damit konnten zunächst auch Deutsche betroffen sein.

Wohl auch nach massiver Kritik aus dem Ausland wurde das Dekret an dieser Stelle nachgebessert. Nun dürfen Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft einreisen, wenn sie einen Pass aus einem als nicht problematisch eingestuften Land besitzen. Auch Greencard-Besitzer wurden nachträglich von dem Einreiseverbot ausgenommen.

Weiterhin gilt jedoch, dass das gesamte US-Programm für Flüchtlinge für 120 Tage ausgesetzt wird. Das heisst, in dieser Zeit werden keine Flüchtlinge aufgenommen - egal woher sie kommen. Für Syrer gilt das "bis auf Weiteres", also zeitlich unbegrenzt. Ausserdem will die USA in Zukunft nur noch 50.000 statt 100.000 Flüchtlinge im Jahr aufnehmen. (Hier geht es zum Erlass)

Wie hat Donald Trump das Dekret begründet?

  • Kernstück von Trumps Anti-Terror-Kampf

Donald Trump argumentiert, dass das Einreiseverbot als Kernstück seines Anti-Terror-Kampfes die USA schützen soll. Auf Twitter erklärte er: "Unser Land braucht starke Grenzen und extreme Kontrollen, JETZT. Schaut euch an, was in Europa und der Welt passiert - ein entsetzliches Chaos!"

Einen konkreten Anlass für das Dekret - also eine akute Bedrohungslage - gibt es aber offenbar nicht. Trumps Sprecher Sean Spicer und sein Berater Stephen Miller erklärten in Interviews, es sei doch unverantwortlich, erst so lange zu warten, bis etwas passiert ist. Spicer: "Wir handeln jetzt, um die Zukunft zu schützen!"

  • Vergleich mit einem Obama-Dekret

Als Rechtfertigung hat die Regierung Trump auch immer wieder einen Erlass von Barack Obama herangezogen. Dieser stammt aus dem Jahr 2011 und soll laut Trump das Gleiche anordnen wie sein jetziger. Hintergrund damals war die Festnahme von zwei irakischen Flüchtlingen in Kentucky, denen der Bau von Bomben gegen US-Soldaten vorgeworfen wurde.

Die Sicherheitsüberprüfungen wurden massiv verschärft, Obama reagierte auf eine akute Bedrohung. Visa für Iraker wurden verzögert, aber nicht komplett eingefroren wie jetzt. Ausserdem galt die Verschärfung nicht für alle Bürger des Irak, sie nahm zum Beispiel Inhaber dauerhafter Aufenthaltsgenehmigungen aus.

Was sagen Kritiker?

  • Ist das Dekret ein "Muslim Ban"?

Einer der grössten Kritikpunkte ist, dass es sich um ein Einreiseverbot für Muslime handelt. Das stimmt so aber nicht. Zwar sind die betroffenen Länder mehrheitlich muslimisch. Doch Länder wie Indonesien, Pakistan, die Türkei, Saudi-Arabien - um nur einige Beispiele zu nennen - stehen nicht auf der Liste. Wenn es allerdings tatsächlich ausschliesslich um den Schutz der USA vor Terror geht, stellt sich die Frage, warum beispielsweise Saudi-Arabien nicht betroffen ist, obwohl aus diesem Land die meisten Attentäter vom 11. September stammten.

Dennoch steht der Kritikpunkt der religiösen Diskriminierung im Raum. Das würde dem ersten Zusatzartikel der US-Verfassung widersprechen, der die Religionsfreiheit gewährleistet.

Weil das Dekret aktuell aber nicht nur für Muslime gilt, sondern für alle Personen aus den genannten Ländern, werden nicht explizit Personen einer Glaubensrichtung diskriminiert. Auf der anderen Seite leben in allen sieben betroffenen Ländern fast ausschliesslich Muslime.

Es steht zudem die Frage im Raum, ob das Dekret den fünften Zusatzartikel aushebelt, wonach jeder ein ordentliches Verfahren verdient. Das würde aber einem pauschalen Einreiseverbot widersprechen.

Was haben die Gerichte bisher entschieden und welche Verfahren laufen aktuell noch?

  • Gericht in New York schränkt Dekret ein

Wer ein gültiges Visum, eine Green Card, den Schutzstatus des Flüchtlingsprogramms der USA oder eine andere offizielle Berechtigung besitzt, um in die USA einzureisen, darf zunächst nicht in die Heimat zurückgeschickt werden. Das entschied ein Gericht in New York landesweit nur wenige Tage nach dem Erlass.

Richterin Ann M. Donnelly begründete ihre Entscheidung unter anderem so: "Es besteht bei fehlender Begründung der Abschiebung die unmittelbare Gefahr substanzieller und irreparabler Schäden für Flüchtlinge, Visa-Inhaber und Individuen derjenigen Nationen, die vom präsidialen Erlass des 27. Januar betroffen sind."

  • Gericht in Seattle kippt den Einreisestopp

Am vergangenen Samstag wurde der Erlass dann vollständig gekippt und vorerst ausgesetzt. Ein Bundesrichter in Seattle hat ihn landesweit auf Antrag der Bundesstaaten Washington und Minnesota ausgesetzt - obwohl zuvor in Massachussetts ein Gericht entschieden hat, den Einreisestopp aufrecht zu erhalten - und damit dem Trump-Lager Recht gegeben hat.

Nach dem Urteil in Seattle zogen das US-Aussenministerium sowie das Heimatschutzministerium nach und setzten die Umsetzung des Erlasses aus. Das heisst, dass jeder, der ein gültiges Visum besitzt, wieder in die USA einreisen darf.

Der zuständige Richter in Seattle, James Robart, folgte bei seiner Entscheidung dem Antrag von Washington und Minnesota, die argumentiert hatten, dass den Einwohnern dieser Staaten wegen des Einreisestopps irreparabler Schaden entstehen könnte.

Das US-Justizministerium pocht hingegen weiter darauf, dass der US-Präsident ein "souveränes Vorrecht" hat, zu entscheiden, wer in die USA ein- und ausreisen darf.

Die Trump-Administration hat deswegen auch einen Eilantrag auf sofortige Aufhebung der Blockade des Einreiseverbots eingereicht, doch das zuständige Gericht in San Francisco lehnte diesen ab. Es will zunächst einmal ausführlichere Argumente von beiden Seiten hören, bevor es über die Berufung entscheidet. Wann diese dann kommt, ist bislang noch unklar.

Ersatzweise hat Trump daraufhin "sehr sorgfältige" Personenkontrollen an den Grenzen angeordnet.

  • Weitere Verfahren sind anhängig

Unabhängig davon laufen mehrere weitere Verfahren gegen Trumps Dekret. Der Staat New York hat sich beispielsweise einer Klage mehrerer Bürgerrechtsorganisationen angeschlossen, der Staat Maryland legte mehrere eigene Gesetzentwürfe vor, die Marylands Bürger vor dem Zugriff der Bundesregierung schützen sollen.

Auch Virginia, wo unter anderem das Pentagon beheimatet ist, kündigte juristische Massnahmen an. Zudem dürften sich bald weitere Gerichte in Kalifornien oder Hawaii mit der Sache beschäftigen.

So könnte der Rechtsstreit am Ende ausgehen

Am Ende dürfte der Rechtsstreit erst vom Supreme Court entschieden werden - egal wie die anderen Gerichte entscheiden. Im Kern geht es um die Frage, ob die Einreise in die USA ein verfassungsgemässes Recht ist oder ein Privileg - und wie weitreichend die Befugnisse des Präsidenten bei Fragen der nationalen Sicherheit sind.

Unabhängige Rechtsexperten sind sich weitgehend einig, dass die US-Verfassung dem Präsidenten dabei einen grossen Handlungsspielraum einräumt. Deswegen erwarten sie, dass am Ende Teile des Dekrets Bestand haben werden.

Das heisst, der Supreme Court dürfte Trump das Recht bescheinigen, Menschen an der Einreise zu hindern - nur eben nicht pauschal.

Mit Material der dpa
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