Um die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten zu können, will der Bundesrat eine Ausnahmeregel anwenden: Er macht ausserordentliche Asylausgaben geltend. Kritik kommt von links wie rechts.

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Der Bundesrat könne die Zahl der Asylgesuche nicht beeinflussen, sagte Finanzminister Ueli Maurer am 29. Juni vor den Medien in Bern. Verglichen mit anderen Ländern sei Schweiz als Asylland nicht besonders attraktiv. Die Zahl der Gesuche sei aber wie in anderen Ländern stark angestiegen.

Genau dafür sei die Ausnahmeregelung vorgesehen: für aussergewöhnliche und vom Bund nicht steuerbare Entwicklungen. Bei der Einführung der Schuldenbremse sei die Kosovo-Krise als Beispiel genannt worden.

Überschuss statt Defizit

Konkret beantragt der Bundesrat dem Parlament, 400 Millionen Franken als ausserordentlichen Zahlungsbedarf zu verbuchen. Damit würde im ordentlichen Haushalt ein struktureller Überschuss von rund 100 Millionen resultieren.

Ohne diese Massnahme würde das Defizit im Voranschlag 2017 600 Millionen Franken betragen, bei Ausgaben von 69,4 Milliarden und Einnahmen von 68,8 Milliarden. Die Schuldenbremse lässt ein Defizit von nur rund 350 Millionen Franken zu. Der Höchstbetrag für die Ausgaben ist gemäss Schuldenbremse an die Einnahmen gebunden, wobei konjunkturelle Einflüsse berücksichtigt werden.

Schuldenbremse lockern

Langfristig will der Bundesrat neue Spielräume schaffen. Er hat das Finanzdepartement beauftragt, ihm Vorschläge zu Einsparungen bei den gebundenen Ausgaben vorzulegen - jenen Aufgaben also, die aus gesetzlichen Bestimmungen folgen.

Schliesslich will der Bundesrat die Regeln der Schuldenbremse überprüfen, ohne aber die in der Bundesverfassung verankerte Bestimmung grundsätzlich in Frage zu stellen. Das Finanzdepartement soll bis Ende des Jahres einen Bericht dazu vorlegen.

Kritik von allen Seiten

Rechte und bürgerliche Parteien kritisieren das Auffangen der Asylkosten durch eine Ausnahmeregel. "Der Bundesrat schlägt den Weg der Schuldenwirtschaft der EU ein", titelt die Schweizerische Volkspartei (SVP) in einer Mitteilung. Und die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP.Die Liberalen) kritisiert: "Es darf nicht sein, dass durch ausserordentliche Ausgaben die Schuldenbremse stetig aufgeweicht wird."

Mildere Worte findet die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP). Doch auch sie will die Verwendung der Überschüsse im Parlament diskutieren. Ebenso wehrt sich die Partei dagegen, dass andere Bereiche wie Armee, Bildung oder Landwirtschaft für diese ausserordentlichen Ausgaben herhalten müssen.

Aus Sicht der Sozialdemokratischen Partei (SP) ist die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat für die "unseriöse und einseitige Finanzpolitik" verantwortlich. Doch auch SVP-Finanzminister Maurer bekommt sein Fett ab: "Seit er im Amt ist, laufen die Finanzen aus dem Ruder."

SRF, swissinfo.ch und Agenturen (Tagesschau vom 29. Juni 2016)

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