China gilt als schwieriges Pflaster für ausländische Korrespondenten, die Überwachung, Einschüchterung und Behinderung beklagen. Wird der Kanzler die Probleme bei seinem Besuch in Peking ansprechen?
Trotz Lockerungen nach der Corona-Pandemie klagen ausländische Journalisten in China einer Umfrage zufolge weiter über erschwerte Arbeitsbedingungen. Zwar sagten 81 Prozent der Mitglieder des Clubs der Auslandskorrespondenten in China (FCCC), dass sich die Bedingungen 2023 im Vergleich zur Pandemie-Zeit ein wenig verbessert hätten. Allerdings hatten Reporter durch die wiedergewonnene Mobilität auch wieder Probleme bei der unabhängigen Berichterstattung vor Ort, die schon vor Corona beklagt wurden, wie es in dem am Montag in Peking veröffentlichten Bericht hiess.
Laut der jährlichen Umfrage, an der 101 von 157 FCCC-Mitgliedern teilnahmen, sind Einschüchterung und Überwachung immer noch massgebliche Hindernisse. 81 Prozent antworteten, Schikane oder Gewalt erlebt zu haben. Wie im Vorjahr gab etwas mehr als die Hälfte an, Polizei oder Behördenvertreter hätten sie mindestens einmal bei der Arbeit behindert. Auch chinesische Mitarbeiter der Korrespondentenbüros erfuhren demnach Druck von Staatsseite. 49 Prozent und damit etwas mehr als 2022 (45 Prozent) gaben an, diese seien mindestens einmal eingeschüchtert oder unter Druck gesetzt worden.
Die Bundesregierung hatte sich in der Vergangenheit wiederholt für bessere Arbeitsbedingungen für deutsche Korrespondenten in China eingesetzt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reist nach Informationen aus Wirtschaftskreisen am kommenden Wochenende zu einem Besuch nach China. Es ist seine zweite Visite in Peking als Kanzler.
Probleme besonders in sensiblen Regionen
Besonders aus Gegenden, die aus Staatssicht politisch sensibel sind, werden Behinderungen berichtet. 85 Prozent der ausländischen Journalisten, die versucht hätten, aus der nordwestchinesischen Region Xinjiang zu berichten, hätten dabei Probleme gehabt, geht aus der Umfrage hervor. Die von der muslimischen Minderheit der Uiguren bewohnte Region gerät immer wieder im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen in die Schlagzeilen. Die Uiguren beklagen Unterdrückung. Peking weist die Vorwürfe zurück.
Dem FCCC zufolge schien sich die Liste politisch sensibler Gebiete sogar erweitert zu haben. Aus Gebieten, die an der Grenze zu Russland oder südostasiatischen Ländern liegen, sowie in Regionen mit ethnischen Minderheiten wie der Inneren Mongolei meldeten Reporter vermehrt Probleme bei ihrer Berichterstattung. Die Umfrage zeigte erstmals, dass die Behörden auch Drohnen einsetzen, um Medienvertreter zu überwachen.
Nicht nur Journalisten betroffen
Der Druck der Behörden richtete sich allerdings auch gegen die Quellen von Journalisten. 82 Prozent der befragten Korrespondenten gaben an, dass Interviewpartner das Gespräch abgesagt hätten - unter Verweis darauf, dass sie nicht mit ausländischen Medien reden dürften oder dafür eine Genehmigung einholen müssten.
Manche Journalisten schaffen es gar nicht erst nach China: Medien, vor allem aus den USA, hatten laut der Umfrage weiter Probleme, überhaupt Visa für ihre Reporter zu erhalten. Zudem gaben mit 99 Prozent fast alle an, dass die Bedingungen in China kaum oder nie internationalen Standards für Berichterstattung entsprächen.
Die von der Kommunistischen Partei regierte Volksrepublik, die neben Indien mit 1,4 Milliarden Einwohnern eines der bevölkerungsreichsten Länder und die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt ist, gilt seit vielen Jahren als schwieriges Berichtsgebiet. Die Organisation Reporter ohne Grenzen führte China 2023 auf der Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 179 von 180. Schlimmer war die Lage demnach nur in Nordkorea. Der FCCC hat nach eigenen Angaben 157 Mitglieder aus Asien, Europa, Latein- und Nordamerika. (dpa/szu)
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