Die Gegner der Durchsetzungsinitiative zur Ausschaffung krimineller Ausländer sind zum ersten Mal zahlreicher als die Befürworter. Laut einer Umfrage bleibt aber der Ausgang der Abstimmung vom 28. Februar unsicher.
Das Instituts gfs.bern hat am Mittwoch die letzte Umfrage im Auftrag der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) vor den Abstimmungen vom 28. Februar präsentiert. Was die "Durchsetzungsinitiative zur Ausschaffung krimineller Ausländer" der Schweizerischen Volkspartei (SVP) betrifft, zeigt sie zum ersten Mal eine umgekehrte Tendenz.
Derzeit lehnen 49% der befragten Personen die Initiative ab, während 46% zustimmen und 5% unentschlossen sind. Bei der letzten Umfrage, die Mitte Januar durchgeführt wurde, betrug das Ja-Lager noch etwas mehr als die Hälfte der Befragten, nämlich 51%.
"Es gab eine sehr starke Mobilisierung gegen die Initiative, nicht nur auf der linken Seite", sagt Claude Longchamp, Leiter des Instituts gfs.bern. Das trifft besonders für die Freisinnige Partei (FDP.Die Liberalen) zu.
67% ihrer Wählerschaft lehnen die Initiative ab. Bei der letzten Befragung vor einem Monat waren es erst 42%. Die Mitte-Rechts-Parteien und die moderate Mitte könnten also den Ausschlag geben.
Im Lauf der letzten Wochen ging die Tendenz klar in Richtung einer Ablehnung. Aber die Meinungsforscher wollen keine Voraussage für den 28. Februar riskieren.
Derzeit erlaubt das Umfrageergebnis keine eindeutige Aussage über das Mehrheitsverhältnis. Der Ausgang der Abstimmung sei noch offen, sagen sie. "Bei diesen Resultaten wird die Mobilisierung bis zum letzten Moment eine Rolle spielen", sagt Claude Longchamp.
Wie Schnee an der Sonne
Unsicher ist der Ausgang auch für die Initiative "gegen die Heiratsstrafe". Das von der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) lancierte Volksbegehren verlangt, dass verheiratete Paare gegenüber Konkubinats-Paaren bei Steuern und Sozialversicherungen nicht mehr benachteiligt werden.
Laut der jüngsten Erhebung liegen die Befürworter der Initiative vorn. 53% der Befragten befürworten sie, 38% lehnen sie ab, 9% sind unentschlossen.
Auf den ersten Blick scheint es, dass die Vorlage angenommen werden dürfte, denn selbst wenn alle Unentschlossenen noch ins Nein-Lager wechseln sollten, würde es nicht für eine Mehrheit ausreichen.
Allerdings schmilzt das Lager der Befürworter wie Schnee an der Sonne. Es hat seit der letzten Befragung 14 Punkte verloren, während die Gegner 17 Punkte zulegten.
Initiativen büssen im Lauf der Zeit häufig ein
Die Erfahrung zeigt, dass Initiativen die Tendenz haben, im Lauf der Kampagne an Unterstützung einzubüssen. Deshalb ist es noch ungewiss, ob das Lager der Befürworter den Schaden in Grenzen halten kann.
Laut den Meinungsforschern ist es nicht möglich, eine Voraussage zu machen. Deshalb bleibt auch der Ausgang dieser Abstimmung "offen".
Wahrscheinlicher Durchbruch
Klarer scheint die Ausgangslage bei der Initiative für den Bau einer zweiten Autobahn-Tunnelröhre am Gotthard. Die jüngsten Resultate zeigen, dass 56% der Befragten für die Vorlage, 39% dagegen und 5% unentschlossen sind.
Damit dürfte die zweite Röhre gebaut werden. Trotzdem ist bei der Prognose Vorsicht geboten, weil das Nein-Lager während der Kampagne die Tendenz hat zuzulegen.
Die Befürworter des Tunnelbaus haben seit der letzten Umfrage 8 Punkte verloren, während die Gegner 10 Punkte zulegten. "Das ist ungewöhnlich für eine Vorlage, die von der Regierung und einer Mehrheit des Parlaments unterstützt wird", sagt Martina Mousson, Projektverantwortliche bei gfs.bern.
Meinungsforscher sagen Ja voraus
Aber im Unterschied zu den beiden anderen Vorlagen, wagen die Meinungsforscher hier eine Prognose abzugeben: Sie sagen voraus, dass an der Urne "eher ein Ja" herauskommen wird.
Um während der Sanierungsarbeiten den Nord-Südverkehr nicht zu unterbrechen und den Kanton Tessin nicht zu isolieren, sieht die Vorlage den Bau einer zweiten Autobahn-Tunnelröhre vor.
Aber nach der Fertigstellung des Projekts soll der Verkehr in beiden Tunneln nur einspurig geführt werden. Die Lösung verspricht mehr Sicherheit, aber die Kapazität soll nicht erhöht werden, weil dies dem Ziel einer Reduktion des Alpentransitverkehrs, das in der Verfassung verankert ist, zuwiderlaufen würde.
Keine Überraschung
Über den Ausgang der Initiative "Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln" gibt es keine Zweifel. Die Vorlage der Jungsozialisten, die verlangt, dass Finanzinstitute in der Schweiz nicht mehr in Finanzinstrumente investieren dürfen, die an Nahrungsmittel gebunden sind, dürfte laut dem Institut verworfen werden.
Das Lager der Befürworter verliert klar an Unterstützung. Gegenüber der letzten Umfrage hat es 17 Punkte verloren. Derzeit lehnen 57% der Befragten die Initiative ab, 31% nehmen diese an, 15% sind noch unentschlossen.
Hinzuzufügen bleibt noch, dass die vier Vorlagen breites Interesse wecken. 84% der Befragten geben an, an den Abstimmungen vom 28. Februar teilnehmen zu wollen.
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