Für Wikileaks-Gründer Julian Assange ist er genauso ein Held wie für Filmmacher Michael Moore. Andere beschimpfen Edward Snowden, den Mann, der die ungeheuerlichen Überwachungsmethoden der britischen und amerikanischen Geheimdienste an die Öffentlichkeit gebracht hat, als Verräter. Wer ist er wirklich?
Im Interview mit der britischen Tageszeitung Guardian, die den Skandal veröffentlichte, stellt sich der 29-Jährige sehr knapp vor. "Mein Name ist Ed Snowden. Ich bin 29 Jahre alt und habe bei Booz Allen Hamilton als Infrastruktur-Analyst für die NSA in Hawaii gearbeitet."
"Er war ein stiller Junge"
Was aber ist noch bekannt von dem Computerspezialisten? Über seine Beweggründe zum Whistleblower zu werden? Laut Guardian wird er am 21. Juni 1983 in Elizabeth City, einem Ort mit heute knapp 17.000 Einwohnern im US-Bundesstaat North Carolina als Edward Joseph Snowden geboren. Er wächst auf in Wilmington, 1999 zieht seine Familie um nach Ellicott City in den Bundesstaat Maryland. Snowdens Familie ist dem US-Staat sehr verbunden, sein Vater war Beamter der US-Küstenwache, seine Mutter Angestellte beim Bezirksgericht. Seine Schwester ist leitende Angestellte des United States District Court des Bundesstaates Maryland. 2002 lassen sich die Eltern scheiden. "Er war ein stiller Junge, sehr in sich gekehrt", erinnert sich eine Nachbarin gegenüber dem Fernsehsender NBC-News. Er sei immer ordentlich gekleidet und sehr adrett gewesen. "Er erinnerte mich an eine Intelligenzbestie", fügt sie an.
Studienabbruch und Scheitern bei der Army
Doch seine Universitätskarriere ist nicht erfolgreich. In zwei Phasen (1999 bis 2001 und 2004 bis 2005) studiert er Informatik am Anne Arundel Community College in Maryland. Dies bricht er 2005 ohne Abschluss ab. "Kluge Köpfe brauchen keine Universität: Sie bekommen, was sie wollen, und hinterlassen still ihre Spuren in der Geschichte", schreibt er dazu in einem Onlineforum. Ersten Kontakt zum Militär und der NSA bekommt er 2003 und 2004. Zunächst meldet er sich für den Irak-Krieg, doch in dem 14-tägigen Trainingskurs der Spezialeinsatzkräfte bricht er sich ein Bein und wird ausgemustert. 2004 heuert er in einer NSA-Einrichtung an der Universität Maryland als Wachmann an.
"Kluge Köpfe brauchen keine Universität"
2005 wechselt er in sein Fachgebiet zum US-Geheimdienst CIA, wo er zunächst als Techniker im IT-Sicherheitsbereich eingesetzt wird. Offenbar bewährt er sich hier, denn 2007 wird er vom CIA an die US-amerikanische diplomatische Vertretung in Genf entsandt. Dort hat er nach laut eigener Aussage erstmals Zugriff auf geheime Dokumente und Informationen. Es folgt der Wechsel zur NSA, wo er als freier technischer Mitarbeiter auf einer Army-Basis in Japan arbeitet.
Systemadministrator beim Geheimdienst
Um die Schnüffeleien im Internet aufzudecken, geht er nach eigenen Worten im Jahr 2009 zu der Beratungsfirma Booz Allen Hamilton. Obwohl er dort nur externer Mitarbeiter ist, bekommt er als Systemadministrator Zugang zu geheimen Informationen in einem NSA-Büro auf Hawaii. Diese Unterlagen über die streng geheimen Programme zum Überwachen der weltweiten Internetkommunikation, namens PRISM, Boundless Informant und Tempora kopiert er und leitet sie später an die Presse weiter. Sollte ihm etwas zustossen, so versichert er gegenüber dem Guardian, gebe es noch genug Kopien des brisanten Materials über die Tätigkeiten des amerikanischen und britischen Geheimdienstes.
"Wenn sie dich kriegen wollen, werden sie auch schaffen"
Snowden gilt nicht als besonders politisch, wählte auch 2008 nicht Obama. Er habe aber sehr wohl an dessen Versprechen geglaubt, räumt er ein. Als sich diese Hoffnungen nicht verwirklichten, reift in ihm der Plan, sein Wissen zu veröffentlichen, denn: "Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich tue und sage, aufgezeichnet wird. Das ist nichts, was ich unterstützen oder wo ich leben möchte.“ Er könne es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, "dass die US-Regierung die Privatsphäre, die Freiheit des Internets und grundlegende Freiheiten weltweit mit ihrem Überwachungsapparat zerstört“.
Er ist sich sehr wohl über die Tragweite seines Tuns bewusst, gegenüber dem Guardian umreisst er seine mögliche düstere Zukunft: "Ich hätte das nicht machen können, ohne das Gefängnis in Kauf zu nehmen. Du kannst dich nicht mit dem stärksten Geheimdienst der Welt anlegen, ohne die Risiken zu akzeptieren. Wenn sie dich kriegen wollen, werden sie das im Laufe der Zeit auch schaffen."
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