- Seit Tagen überschlagen sich die Ereignisse im zentralasiatischen Kasachstan.
- Anfänglicher Ärger über erhöhte Gaspreise ging in regierungskritische Proteste über, die Regierung wurde entlassen, Militär schritt ein.
- Auch im Ausland nimmt die Besorgnis zu.
Nach schweren Ausschreitungen mit Toten und Verletzten im zentralasiatischen Kasachstan wächst international die Sorge vor einer weiteren Eskalation. "Eine schnelle Beruhigung der Lage ist unabdingbar, um weiteres Blutvergiessen, eine Destabilisierung des Landes und damit auch eine Beschädigung des Wirtschafts- und Investitionsstandorts Kasachstan abzuwenden", erklärte der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft.
Kasachstan sei "mit grossem Abstand der wichtigste deutsche Handelspartner in Zentralasien".
Zugang zu Internet und Medien in Kasachstan beschränkt
Aus dem Auswärtigen Amt verlautete, man tausche sich mit engsten Partnern vor Ort über die Entwicklung in Kasachstan aus. Es gelte jetzt, eine friedliche Lösung "im Rahmen eines umfassenden Dialogs mit allen Beteiligten" zu finden. Die Gewalt, aber auch die massiven Beschränkungen des Zugangs zu Internet und sozialen Medien sehe man mit Sorge.
Zu Kasachstans Verpflichtungen im Rahmen der OSZE zur Wahrung der Grundfreiheiten gehörten auch die Wahrung des freien Zugangs zu Informationen, die Presse- und die Versammlungsfreiheit.
Die Organisation Reporter ohne Grenzen beklagte Berichte über Polizeigewalt gegen Medienvertreter in dem autoritär geführten Land, das an Russland und China grenzt. Zudem sei das Internet in der Ex-Sowjetrepublik mit ihren 18 Millionen Einwohnern immer wieder blockiert worden. "Das macht es schwierig, unabhängig über die Vorgänge zu informieren."
USA will friedliche Lösung
Auch die USA sprachen sich erneut für eine friedliche Lösung der Krise aus, die vor Tagen durch stark gestiegene Gaspreise ausgelöst worden war. Am Donnerstagabend telefonierte US-Aussenminister Antony Blinken mit seinem kasachischen Kollegen Muchtar Tleuberdi.
Blinken habe "die volle Unterstützung der Vereinigten Staaten für die verfassungsmässigen Institutionen Kasachstans und die Medienfreiheit" bekräftigt, hiess es später aus dem Aussenministerium in Washington. Auch aus der EU kamen Mahnungen, die Gewalt müsse ein Ende haben.
Russland schickt Militärbündnis nach Kasachstan
Ein von Russland geführtes Militärbündnis hat unterdessen auf Bitte des kasachischen Präsidenten Kassym-Jomart Tokajew erste Soldaten in die Ex-Sowjetrepublik entsandt. Nach Angaben der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit wurden unter anderem russische Fallschirmjäger als Teil einer "Friedenstruppe" entsandt.
Dem Bündnis gehören neben Russland und Kasachstan auch Armenien, Belarus, Kirgistan und Tadschikistan an. Auch diese Staaten hätten Streitkräfte geschickt, hiess es.
Steigende Gaspreise lösten Unruhen aus
Kasachstan erlebt seit Tagen beispiellose Proteste - vor allem in der Millionenstadt Almaty im Südosten. Offiziellen Angaben zufolge wurden dort mindestens 18 Sicherheitskräfte getötet. Befürchtet wird, dass es auch viele zivile Opfer gegeben haben könnte.
Behördenangaben zufolge wurden landesweit bislang mehr als 1.000 Menschen verletzt und rund 2.300 festgenommen. Die Generalstaatsanwaltschaft eröffnete Strafverfahren wegen der Organisation und Teilnahme an Massenunruhen und leitete vorgerichtliche Ermittlungen wegen der "Ausübung von Terrorakten" ein, wie der Staatssender Khabar 24 berichtete.
Auslöser der Unruhen in der öl- und gasreichen Ex-Sowjetrepublik war Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen. Sie schlugen aber schnell in teils gewaltsame Proteste gegen die Regierung um.
Kasachstan wurde über Jahrzehnte von dem autoritären Machthaber Nursultan Nasarbajew regiert, der sich auch nach seinem Rücktritt 2019 grossen Einfluss bewahrte. Als Reaktion auf die Proteste entliess der jetzige Präsident Tokajew die gesamte Regierung und verhängte einen landesweiten Ausnahmezustand. (dpa/ari)
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